In einem Schreiben nennt Professor Manfred Neuffer zehn Punkte, die seiner Ansicht nach geändert werden sollten. Neue Details zu Yayas Martyrium.

Hamburg. Professor Manfred Neuffer von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) fordert Konsequenzen aus dem tragischen Tod der dreijährigen Yagmur Y. (Yaya) für die Hamburger Jugendhilfe. In einem Schreiben an die Sozialbehörde, die Bezirksjugendämter und die Familienexperten der Bürgerschaftsfraktionen, das dem Abendblatt vorliegt, nennt Neuffer zehn Punkte, die seiner Ansicht nach geändert werden sollten. „Die Rechte von Kindern müssen gegenüber den Elternrechten verstärkt werden“, fordert der Jugendhilfeexperte. „Familiengerichte und Jugendämter folgen immer noch dem Grundsatz, dass Kinder in ihren Herkunftsfamilien die beste Unterstützung erhalten.“ Welche fatalen Folgen das habe, zeige der Todesfall von Yagmur.

Der Vater von Yaya steht unter dringendem Tatverdacht, seine Tochter misshandelt zu haben – ihm wird Totschlag vorgeworfen. Der Mutter wird Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen vorgeworfen.

Neuffer, der sich seit Jahren mit der Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg beschäftigt, plädiert dafür, dass ASD-Mitarbeiter mehr Zeit für ihre Klienten erhalten und jeweils nicht mehr als 28 Fälle betreuen. Zudem müsse ihre Arbeit entbürokratisiert und der Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand auf maximal 20 Prozent der Tätigkeit reduziert werden. „Das Dokumentationssystem Jus IT muss radikal vereinfacht werden“, sagt er. „Es ist überdeutlich, dass gerade in den hoch risikobehafteten Fallsituationen über IT-gestützte Verfahren, Steuerungs- und Kontrollelemente die eigentlichen Probleme aus dem Blick geraten.“

Die Jugendhilfeinspektion, die nach dem Methadon-Tod des Pflegekindes Chantal eingerichtet worden war, gehöre laut Neuffer abgeschafft. Sie sei mit Behördenmitarbeitern besetzt und gewährleiste keine unabhängige Beurteilung. Zudem sollte es bei der Übergabe eines Falls von Bezirk zu Bezirk „verbindliche Vorgehensweisen“ geben.

Unterdessen wurde bekannt, dass Yayas Mutter, Melek Y., zur Tatzeit in der Badewanne gelegen haben soll. Nach Informationen der „Hamburger Morgenpost“ gab sie bei der Mordkommission zu Protokoll, dass sie ihre Tochter weinen gehört habe. Obwohl sie wusste, dass ihr Mann Hüseyin Y. die Kleine regelmäßig verprügelte, sei sie liegen geblieben. Sie selbst sei auch von ihm geschlagen worden. Zudem zweifelte Hüseyin Y. offenbar seine Vaterschaft an, da Yaya – anders als er – blaue Augen und dunkelblonde Haare hatte. Es heißt weiter, dass er die Scheidung gewollt habe, weil seine Frau ihn betrogen habe. Melek Y. habe angegeben, einen anderen Mann zu lieben.

Aus dem Protokoll der Ermittler gehe weiterhin hervor, dass die Wohnung der Familie Y. schmutzig, der Kühlschrank aber gut gefüllt gewesen sei. Hinter Yayas Bett hätten die Polizeibeamten Kühlteile entdeckt, mit denen Melek Y. offenbar die Verletzungen und blauen Flecke ihrer Tochter gekühlt habe. Unterm Bett des Kindes hätten Taschentücher mit Make-up-Resten gelegen. Yayas blauen Flecken sollen von ihrer Mutter regelmäßig übergeschminkt worden sein. Zudem habe es an der Heizung im Kinderzimmer Blutspuren gegeben – womöglich stammten sie von Yaya.