Hunderte Demonstranten zogen am Nachmittag durch die Hamburger Innenstadt. Innensenator Neumann sagt den Lampedusa-Flüchtlingen unterdessen „faire Einzelfallprüfungen“ zu.

Hamburg. Eklat in der Bürgerschaft: Die Mitglieder der Linksfraktion haben in der Debatte zu der Lage der Flüchtlinge in Hamburg Schilder mit der Aufschrift „Humanität heißt Bleiberecht“ hochgehalten. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit hat die Sitzung darauf für kurze Zeit unterbrochen, um mit den Fraktionsvorsitzenden zu sprechen. Nach wenigen Minuten wurde die Sitzung der Bürgerschaft wieder fortgeführt. Die Aktion der Linksfraktion kommentierte sie dabei nicht.

Schon während der Sitzung der Bürgerschaft demonstrierten etwa 40 bis 50 Menschen aus dem linken Spektrum vor dem Rathaus auf dem Rathausmarkt. Sie hatten Transparente mit der Aufschrift „Kein Mensch ist illegal“ dabei. Nach dem Bannmeilengesetz sind Demonstrationen auf dem Rathausmarkt verboten. Deshalb räumte die Polizei den Platz.

Im Anschluss zogen am Nachmittag rund 700 Teilnehmer von der Mönckebergstraße aus zum Jungfernstieg, der wegen der Proteste gesperrt wurde. Später wollen die Demonstranten wieder zurück in die Mönckebergstraße ziehen. Die Polizei rechnet nicht mit Vorfällen im Laufe des Protestzugs.

Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) hat unterdessen im Konflikt um die rund 300 Lampedusa-Flüchtlinge in der Stadt „faire Einzelfallprüfungen“ zugesagt. Dafür müssten sich die Betroffenen bei den Behörden melden. „Ohne Kenntnis des Sachverhaltes kann es keine Entscheidung geben, das wäre Willkür“, sagte der Senator. Eine entsprechende Erklärung von Bischöfin Kirsten Fehrs bezeichnete er als „richtig und sehr hilfreich“.

Die Bischöfin hatte den afrikanischen Flüchtlingen am Dienstag empfohlen, ihre Fälle von den Hamburger Behörden einzeln prüfen zu lassen. „Es gibt aus meiner Sicht keinen anderen Weg“, sagte sie. Die Kirche bemühe sich weiterhin mit allen Kräften, zwischen Flüchtlingen und Senat zu vermitteln. Von den rund 300 Lampedusa-Flüchtlingen, die aus Libyen nach Italien geflohen waren und von dort nach Hamburg geschickt wurden, leben seit Anfang Juni rund 80 in der St. Pauli-Kirche.

Erst am Dienstagabend hatten unter anderem drei Aktivistinnen der Frauenrechtsgruppe Femen mit entblößten Oberkörpern eine Bürgersprechstunde von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestört. Auf ihrer Haut standen die Slogans „Lampedusa is everywhere“ und „Stop racism“. Femen fordere ein Bleiberecht für die Flüchtlinge, sagte die Aktivistin Hellen Langhorst „Spiegel Online“. Zudem blockierten nach Polizeiangaben 400 bis 500 Unterstützer der Flüchtlinge eine Kreuzung vor dem Veranstaltungsort.

Die Flüchtlinge waren im März nach eigenen Angaben über die italienische Insel Lampedusa nach Hamburg gekommen. Zu Ausschreitungen auf den Hamburger Straßen kam es, nachdem die Polizei begonnen hatte, gezielt Afrikaner zu überprüfen, ob sie illegal in Deutschland leben.

Knapp 300 Flüchtlinge waren nach Angaben der evangelischen Kirche in Hamburg gestrandet. Ihre Papiere erlaubten ihnen einen Aufenthalt von maximal drei Monaten in den europäischen Schengen-Staaten. 80 Flüchtlinge fanden Unterschlupf in der Hamburger St.-Pauli-Kirche. Sie fordern ein Daueraufenthaltsrecht als Gruppe und weigerten sich bisher, ihre Identität preiszugeben. Der Senat pocht hingegen darauf, dass jeder Flüchtling seinen Namen und Herkunftsort nennt, um die Fälle einzeln prüfen zu können.