Politik und Mieterverein sehen rasanten Wandel der Stadtteile Borgfelde und Hamm mit Sorge - und ziehen Parallelen zu Stadtteilen wie St. Pauli und Ottensen. Das Bezirksamt prüft eine soziale Erhaltensverordnung für beide Stadtteile.

Mitte. Die rasante Verdrängung von alteingesessenen Bewohnern in den Stadtteilen Hamm und Borgfelde alarmiert Politiker und Verbände. Angesichts steigender Mieten und neuen Eigentumswohnungen zieht der Mieterverein zu Hamburg bereits Parallelen zu der Entwicklung in Stadtteilen wie St. Pauli oder dem Schanzenviertel - und warnt vor einer unkontrollierten Gentrifizierung. Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) lässt eine soziale Erhaltungsverordnung zum Schutz der Bestandsmieter prüfen.

Der Bezirk werde ein Unternehmen mit der Analyse der Wohnsituation in beiden Stadtteilen beauftragen, sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Spätestens im März sollen Ergebnisse vorliegen. Ein sogenanntes Monitoring ist die formale Voraussetzung, um Maßnahmen zum Schutz der Bestandsmieter erlassen zu können. 2008 war im Bezirk Mitte in einem ähnlichen Verfahren bereits eine Erhaltensverordnung für St. Georg erlassen worden.

Nach Ansicht des Mietervereins zu Hamburg hat sich der Verdrängungsprozess längst auf die Nachbarstadtteile ausgeweitet. „Wir beobachten die üblichen Anzeichen für eine voranschreitende Gentrifizierung, etwa eine Vielzahl von Gebäudesanierungen mit anschließender Mieterhöhung“, sagt der stellvertretende Vorsitzende, Siegmund Chychla. „Es sind die gleichen Entwicklungen und Prozesse, die bereits vor Jahren etwa im Schanzenviertel oder in St. Georg eingesetzt haben und zum Teil fortdauern.“

In beiden Quartieren sorgten zuletzt große Neubauvorhaben für Aufsehen. Am Elisabethgehölz in Hamm-Nord soll die Wohnanlage „Elisa“ durch einen Neubau ersetzt werden. Im Zuge der Neuerrichtung plante die verantwortliche Wohnungsbaugenossenschaft, die Durchschnittsmiete für die 122 Wohnungen im Anschluss von 4,50 Euro auf 11,50 Euro zu erhöhen. Nach massiven Protesten verständigte sich der Vermieter mit Mietervertretern auf eine Steigerung von maximal 50 Prozent. In Borgfelde wurden vor allem in der Klaus-Groth-Straße hochpreisige Eigentumswohnungen errichtet.

Die Grünen im Bezirk Mitte hatte angesichts der Entwicklungen bereits Anfang 2012 mit einem Antrag eine Schutzverordnung für beide Stadtteile gefordert. „Die Politik darf nicht dieselben Fehler begehen, die in anderen Stadtteilen zu einer Aufwertung auf dem Rücken der Anwohner geführt hat“, sagt der Fraktionsvorsitzende Michael Osterburg. Am Ende des Prüfungsprozesses müsse eine Schutzverordnung stehen, die eine Mischung von je einem Drittel städtisch gefördertem Wohnraum, freien Mietwohnungen und Eigentumsobjekten festschreibt. „Die Politik muss die gesellschaftliche Struktur der Stadtteile im Blick behalten.“

Im Zuge der Prüfung könnten auch die Ergebnisse des neuen Mietenspiegels berücksichtigt werden. Das Monitoring für den Stadtteil Wilhelmsburg hatte ergeben, dass dort keine Notwendigkeit für eine Erhaltungsverordnung besteht.