Hamburg. Uralte Bäume von Unbekannten verunstaltet. Park-Freunde berichten von Abi-Orgien. Amt untersucht Schäden, Politik fordert Strafen.
Wie kann man Bäume vor Idioten schützen? Im Jenischpark sind jetzt mindestens zehn uralte Baumriesen durch Graffiti beschmiert worden. Wer den Weg vom Eingang beim Eduard-Bargheer–Museum in Richtung Ernst-Barlach-Haus geht, stößt schon bald auf die Schmierereien: Strichmännchen, Herzchen, undefinierbares Gekritzel – mal in Gelb, mal in Blau. An einen Baum wurde mit schwarzer Farbe die Zahl 63 gesprüht, an einem anderen steht „EKA“.
Besonders schlimm hat es eine alte Eiche im Herzen des Parks erwischt, die wegen ihres schrägen Wuchses umgangssprachlich auch als „Kletterbaum“ bezeichnet wird. Er ist ein beliebter Treffpunkt, oft werden in seinem Schatten Kindergeburtstage gefeiert. An seinem schönen Stamm haben sich unter anderem in den Farben Blau und Schwarz „Louis“ und „Emma“ verewigt, eine andere Schmiererei scheint „Theo“ zu bedeuten.
Waren es Schüler?
Anwohner vermuten, dass es Schüler waren, die hier durchzogen und ihre Handschriften hinterließen, möglicherweise im Zusammenhang mit bestandenen Abi-Prüfungen und unter Einfluss von Alkohol. Gerade an sonnigen Abenden werden die Grünzonen im Hamburger Westen, darunter auch Goßler- und Westerpark, zurzeit von großen Schülergruppen besucht, die dort bis tief in die Nacht feiern.
Hans-Peter Strenge, erster Vorsitzender des Vereins Freunde des Jenischparks, ist entsetzt: „Es ist eine Schande, dass manche Menschen die Natur nicht achten“, so Strenge, „das ist ein schlimmer Fall von Baumfrevel.“ Strenge verweist darauf, dass der Jenischpark starkem „Besucherdruck“ ausgesetzt sei und nicht selten als „Partyzone“ genutzt werde. Erst im vergangenen Jahr sei das denkmalgeschützte Jenischhaus besprüht und aufwendig gereinigt worden. „Bäume sollten unantastbar bleiben“, so Strenge. Die zweite Vorsitzende des Vereins, Elke Beckmann, spricht von „Vandalismus“. Die Abizeit sei immer eine kritische Phase für den Park, zeitweise würden dort regelrechte Orgien gefeiert.
Ein Baum kann nicht gereinigt werden
Das Schlimme an der ganzen Sache: Ein Baum kann nicht (wie zum Beispiel eine Hauswand) gereinigt werden. Das bestätigt Martin Roehl, Sprecher des Bezirksamts. Mitarbeiter des bezirklichen Grünamts werden die Schäden in den kommenden Tagen begutachten, sagt Roehl. Eine Reinigung mit chemischen Methoden sei aber ausgeschlossen.
„Man wundert sich, dass diese Jugendlichen ihre Freizeit nicht sinnvoller nutzen“, kritisiert Roehl. „Da wird auf der einen Seite immer wieder für die Umwelt demonstriert, auf der anderen Seite gibt es dann diese üblen, egozentrischen Streiche.“
Für Buchen könnte es kritisch werden
Immerhin: Wie Uwe Thomsen von der gleichnamigen Firma für Baumpflege sagt, schadet die Farbe den alten Bäumen höchstwahrscheinlich nicht. Kritisch könne es allerdings bei Bäumen sein, die statt dicker Borke einen eher glatten Stamm haben, zum Beispiel Buchen. Das müsse man sich dann in jedem Fall genauer ansehen.
„Das ändert aber nichts daran, dass die Bäume auf längere Zeit verunstaltet werden“, so Thomsen, „und dass alle Spaziergänger in dem Naturdenkmal Jenischpark sich diese Schmierereien jetzt angucken müssen.“ Thomsen verwiest darauf, dass ein alter Bergahorn im Hirschpark auch schon Opfer von Spray-Attacken geworden sei. Dort habe man beobachten können, dass die Farbe mit der Zeit ausgewaschen wurde.
Bezirkspolitikerin fordert Strafverfolgung
Auch die Bezirkspolitiker sind empört über das Ausmaß der Schmierereien. „Man muss es klar sagen, das hier der Natur Gewalt angetan wurde“, sagt Eva Botzenhart (Grüne), die sich die Schäden bereits angesehen hat. Botzenhart, die auch Sprecherin des bezirklichen Grünausschusses ist, vermutet „jugendlichen Vandalismus“. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Umweltexpertin Anne Krischok sagt: „Das Ganze ist nicht nur eine Ignoranz gegenüber historischen Parkanlagen, sondern eine Sachbeschädigung. Die Verursacher müssen konsequent verfolgt und bestraft werden.“
Der Jenischpark gehört zu den bekanntesten Grünanlagen Hamburgs. Seine Gesamtfläche beträgt rund 42 Hektar, von denen acht Hektar Naturschutzgebiet sind. Viele seiner Bäume sind Naturdenkmäler, darunter alte Eichen, aber auch Zypressen, Zedern und Mammutbäume.