Hamburg. Oberfeuer nördlich des Yachthafens wird mehr als 62 Meter hoch. Wahrzeichen am Strandweg werden wegen Elbvertiefung ersetzt.

Die Hamburger und Gäste der Hansestadt können sich auf ein neues Erscheinungsbild am Elbufer einstellen. Die beiden Leuchttürme in Blankenese, seit 1984 in Betrieb, haben als überragende Markierungspunkte ausgedient. Sie werden komplett abgewrackt. Dafür entstehen zwei neue Anlagen an veränderten Positionen im Stadtteil. Einer dieser beiden Stahltürme wird mit 62,25 Metern der vierthöchste seiner Art in Deutschland sein.

Grundlage der millionenschweren Baumaßnahmen ist die politisch beschlossene und nunmehr juristisch abgesegnete „Fahrrinnenanpassung“ von Unter- und Außenelbe. Der Strom wird nicht nur vertieft, sondern zwischen dem Mühlenberger Loch und der Lühekurve mit einer acht Kilometer langen „Begegnungsbox“ ausgestattet.

Erstmals können sich dann zwei entgegenkommende Großschiffe mit mehr als 16.000 Containern auf Hamburger Stadtgebiet begegnen – und aneinander vorbeifahren. Diese Premiere eröffnet nicht nur Spaziergängern und Fotografen in den Elbvororten eine vollkommen neue Perspektive. Auch der Betrieb im Hafen gewinnt an Tempo. Bisher mussten zum Beispiel riesige Containerfrachter in einer Fahrtrichtung warten, bis der Weg auf der Elbe frei war. Und das konnte dauern.

Die Fahrrinne wird erheblich breiter

Die Fahrrinne bei Blankenese wird vertieft und statt bisher 200 bis 250 Meter rund 385 Meter breit. Da sich die Richtfeuerlinie Blankenese für einlaufende Schiffe um 125 Meter Richtung Süden verschiebt, müssen die nautischen Einrichtungen angepasst werden. „Ohne neue Leuchttürme ist das nicht machbar“, sagt Marc Kindermann aus dem Bereich Entwicklungsvorhaben des Hafenbetreibers HPA. Der Diplom-Geograf kümmert sich seit vielen Jahren um Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren.

Bei einem Termin mit den HPA-Projektleitern vor Ort in Blankenese wird die Dimension der Planung deutlich. Die beiden Leuchttürme direkt am Strandweg vis-à-vis des beliebten Ausflugslokals Kajüte SB 12 sowie auf einem Hügel in Bauers Park ein Stück elbaufwärts werden verschwinden. Neue rot-weiß gestreifte Zwillinge sollen der Schifffahrt den Weg von versetzten Stellen aus weisen.

Das künftige Unterfeuer mit einer Höhe von 32,70 wird etwa 90 Meter östlich des Anlegers Blankenese im Wasser errichtet, in der Verlängerung der Strandwegtreppe im Böschungsbereich der Elbe. Der Zugang vom Ufer zur Gründungsplatte erfolgt über eine 22 Meter lange Zugangsbrücke in Stahlbauweise.

Neues Wahrzeichen

Das bisher auf dem Hügel positionierte Oberfeuer wird durch einen Leuchtturmriesen nördlich des Yachthafens Mühlenberg neben dem Elbuferweg gebaut – an Land. Tief im Erdreich versenkte Bohrpfähle sollen dem neuen Wahrzeichen Blankeneses Stabilität verleihen. Zwar weist das Leuchtfeuer in Campen an der Ems mit 65 Metern als Spitzenreiter knapp drei Meter mehr auf als das geplante Hamburger Bauwerk, doch nimmt Letzterer einen vorderen Platz in der Rangliste der rund 200 Leuchttürme hierzulande ein. Im Hamburger Hafen gibt es 13 Richtfeuerstrecken mit 26 Türmen in unterschiedlicher Bauform. Hinzu kommen 125 Leuchtfeuer.

„Wir legen jetzt los“, sagt Kai Gerullis im Namen der HPA. Der Fahrplan des Projekts steht. Die Ausschreibung der umfangreichen Arbeiten erfolgt rasch. Spätestens im Frühjahr 2019 soll der Auftrag vergeben sein. Da es sich um ein Bieterverfahren dreht, mit dem ein passendes und vergleichsweise günstiges Unternehmen gesucht wird, sind die genauen Kosten noch nicht klar. Für beide Bauwerke zusammen wird sich ein zweistelliger Millionenbetrag ergeben.

Der Baustart wird für Sommer 2019 angepeilt. Etwa ein Jahr später sind die Leuchtfeuer einsatzbereit. Dann soll umgehend mit dem Abriss der jeweils mehr als 100 Tonnen schweren, 35 Jahre alten Kolosse aus Stahlbeton begonnen werden. Dieser Rückbau, wie das Abwracken offiziell heißt, wird nur vier Wochen dauern.

Die Hoffnung manches Anwohners und Touristen, dass die maritimen Wegweiser als unübersehbare Erinnerungsstücke stehen bleiben, war von Anfang an chancenlos. „Ein Kapitän auf der Brücke muss die Feuerlinie zweifelsfrei erkennen“, sagt die Bauingenieurin Stefanie Basener als Projektleiterin der HPA. Zwei zusätzliche Türme würden Verwirrung stiften. Dies sei nicht zu verantworten.

Auch andere Pläne werden nicht verwirklicht. Der Architekt Helge Kühnel aus Ottensen hatte den Plan eines „Gezeiten-Kunstwerks“ vorgelegt. Im unteren Bereich des bisherigen Leuchtturms am Strandweg sollte beispielsweise ein Atelier untergebracht werden. An der Aussichtsplattform wollte er 16 Flügel montieren lassen. Dazu wird es nicht kommen. Kühnel trägt diese Entwicklung mit Fassung.

Neubauten sind pragmatische Lösung

Ebenso wie Frank Toussaint, Chef der Interessengemeinschaft Seezeichen, eines eingetragenen Vereins mit 200 Mitgliedern in ganz Deutschland. „Aus Denkmalschutzgründen sind die gegenwärtigen Leuchttürme nicht interessant“, meint Toussaint. „Die jetzige Entscheidung ist nachvollziehbar und eine pragmatische Lösung.“ Der SPD-Politiker ist Vorsitzender der Bezirksversammlung Altona. Sein CDU-Kollege Sven Hielscher sagt: „Gut, dass der Sockel des alten Leuchtturms im Wasser als begehbare Plattform erhalten bleibt, um einen 180-Grad-Blick über den Fluss zu behalten.“ Sein Fazit: „Mehr Elbe geht nicht.“

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Anwohner Klaus Schade aus Blankenese, früher Elblotse und in siebter Generation seiner Familie Seemann, ein Hanseat mit Herzblut, wertet die Sachlage ähnlich. „Die Neubauten sind eine navigatorische Notwendigkeit“, sagt er. Er halte das Projekt für sinnvoll. Ähnlich äußern sich weitere befragte Bürger aus den Elbvororten.

Läuft alles nach Plan, präsentiert sich das Blankeneser Elbufer von Sommer 2020 an ganz anders. Alte Postkartenmotive haben dann für immer ausgedient. Dafür sind erstmals Riesenschiffe Seite an Seite zu sehen – mit zwei neuen, Orientierung gebenden Leuchttürmen im Hintergrund.