Hamburg. Rund um die S-Bahnhöfe stehen immer mehr Autos. Politiker fordern jetzt Bewohnerparken wie auf dem Kiez.
Es ist ein Problem, das den Anwohnern seit Jahren zu schaffen macht – und das immer prekärer wird: Die Seitenstraßen rund um die S-Bahnhöfe Blankenese und Othmarschen werden so massiv von Pendlern zugeparkt, dass an einigen Stellen kaum noch ein Durchkommen ist. An etlichen Stellen, zum Beispiel an den Straßen Falckweg (Othmarschen) und Witts Park (Blankenese) kommen die Fußgänger nur noch mühsam an den Autos vorbei – oft können sie, wenn überhaupt, gerade mal hintereinander gehen.
Und: Die aufs Auto angewiesenen Anwohner selbst, darunter etliche betagte oder gehbehinderte Menschen, finden bis abends für ihre Autos keine Parkplätze mehr – genau wie ihre Besucher. Die Ursachen liegen auf der Hand: Seit Jahren steigt die Zahl der Einwohner in den Elbvororten deutlich an. Die meisten davon fahren Auto – mindestens eins. Von 1999 bis 2017 stieg die Zahl der privat genutzten Autos in den Elbvororten um 16 Prozent, und Firmen- beziehungsweise Dienstwagen, die von Unternehmen mit Sitz in der Innenstadt gestellt werden, sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
Gute S-Bahnverbindung
Allerdings wird das eigene Fahrzeug für die Fahrt in die Hamburger Innenstadt eher selten genutzt. Die S-Bahnverbindung in die City ist gut, während die Autofahrt ins Zentrum wegen unzähliger Baustellen und den damit verbundenen Staus Zeit und Neven kostet. Statt ganz aufs Auto zu verzichten, fahren etliche Pendler zu den nächstgelegenen S-Bahnhöfen, wo sie ihre Autos dann bis zum frühen Abend stehen lassen. Seit das Parken in der Waitzstraße und am Erik-Blumenfeld-Platz kostenpflichtig geworden ist („Parkraum-Bewirtschaftung“), hat sich das Problem weiter potenziert.
„Die Autofahrer parken rigoros die Seitenstraßen zu, weil sie Geld sparen wollen“, ärgert sich Jutte Wendler aus der Straße Witts Park, die nur rund 100 Meter von der S-Bahnstation entfernt liegt. „Was in Blankenese fehlt, ist ein kostengünstiges Park-and-Ride-Angebot beim Bahnhof.
„Immer schlimmer geworden“
Ein Blick in ihre Straße zeigt: Etliche Autos mit Kennzeichen aus dem Hamburger Umland stehen dort, einige verdecken fast bis zur Hälfte die Zufahrten der angrenzenden Grundstücke. Hinzu kommt, nach Meinung einer anderen Anwohnerin, dass die Wege durch das ständige An- und Abfahren über Gebühr abgenutzt würden, was besonders nach Regenfällen deutlich zu sehen sei.
„Innerhalb der vergangenen Jahre ist es immer schlimmer geworden“, sagt Anwohner Jens Nielsen aus Othmarschen, der morgens täglich von der Jungmannstraße zum Bahnhofszugang am Ende der Hammerichstraße geht. „Es kommt in der Woche mehrmals vor, dass ich auf die Straße ausweichen muss – und das auf einer Achse, die auch noch den morgendlichen Schulweg vieler Kinder bildet.“ Was Nielsen wundert: „In etlichen der breiten Karossen, die da im Weg stehen, sehe ich auch Kindersitze. Die Leute bringen ihren Nachwuchs offenbar zur Kita oder zur Schule und parken dann die Fußwege zu, um in die Stadt zu fahren. Ich finde das wahnsinnig egoistisch.“
Auch beim Bürgerverein Flottbek-Othmarschen ist das Thema ein Dauerbrenner. „Wir werden von unseren Mitgliedern ständig darauf angesprochen“, berichtet die Vorsitzende Ute Frank. Sie hält es für einen großen Fehler, dass die Park-and-Ride-Plätze am Bahnhof Klein Flottbek/Botanischer Garten nicht mehr kostenlos zu benutzen sind. „Ich bin sicher, dass auch die Umgebung des S-Bahnhofs Othmarschen nicht mehr so zugeparkt sein würde, wenn das Parkhaus am Flottbeker Bahnhof wieder für alle kostenfrei wäre.“
Das sieht auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in der Altonaer Bezirksversammlung, Tim Schmuckall, so. „Es war ein Riesenfehler, die Park-and-Ride-Häuser gebührenpflichtig zu machen“, sagt Schmuckall. Er fordert,, dass angesichts steigender Einwohner- und Autonutzerzahlen Quartiersgaragen in den einzelnen Stadtteilen bei der städtebaulichen Planung automatisch mit berücksichtigt werden sollten. Für die Bauherren fehlten dafür aktuell aber sämtliche Anreize, so Schmuckall. Im Übrigen unterstützt der Politiker die Forderung vieler Anwohner, vor Ort Bewohnerparken einzuführen – so wie es vor Kurzem auch auf St. Pauli geschah. Dann müssten die Anwohner der Straßen zwar auch Geld fürs Parken berappen, aber deutlich weniger als Ortsfremde.
Bewohnerparken muss erst geprüft werden
Das könnte sich auch die SPD-Verkehrsexpertin Ute Naujokat vorstellen, die allerdings zur Geduld mahnt. „Wir sollten erst abwarten, wie das Bewohnerparken auf St. Pauli ankommt und bei möglichen Unwägbarkeiten umsteuern. Wir sollten das auf jeden Fall abwarten“, so Naujokat.
Unklar sei auch, wie groß ein solches Gebiet letztlich überhaupt sein müsse. „Es darf ja nicht so weit kommen, dass plötzlich die Straßen neben einer ausgewiesen Zone mit Bewohnerparken total zugeparkt werden, nur weil es dort nichts kostet.“