Rissen. Parklandschaft, Außenpool und Pförtnerhaus: Die prachtvolle Villa in den Elbvororten gehört einer schillernden Persönlichkeit – noch.

Ausgerechnet für den 1. April wurde eine Zwangsversteigerung anberaumt, die gleich in mehrfacher Hinsicht sehr ungewöhnlich ist. Allein die Summe, um die es geht, ist im Vergleich zu anderen Vollstreckungen in Hamburg herausragend. Auf sieben Millionen Euro schätzt der vom Amtsgericht Blankenese bestellte Gutachter den Wert der Immobilie.

Dabei geht es um ein großzügiges Anwesen in Rissen, das mit einer hochwertig ausgestatteten Villa unter Reet samt Parklandschaft, Außenpool und Pförtnerhaus aufwartet. Derzeit erfreut sich an dem prächtigen Haus mit den sorgfältig gestutzten Buchsbaumhecken und dem Marmorboden der Eigentümer Siegfried Kludt. Zumindest noch.

Probleme mit Insolvenzverwalter

Denn der Hamburger Unternehmer hat Probleme. „Ich habe eine Sicherheit für eine Bürgschaft über fünf Millionen Euro gegeben, um einem Unternehmen so das Geschäft zu ermöglichen,“ erklärt Kludt auf Abendblatt-Nachfrage.

Das Unternehmen sei pleite gegangen, und nun wolle der Insolvenzverwalter die fünf Millionen von Kludt. Doch der sieht sich nicht in der Pflicht zu zahlen. Er will bei der Zwangsversteigerung mitbieten lassen. Aber keine sieben Millionen Euro. Wenn jemandem die Villa mehr wert sei, dann sei das eben so.

Schlachter, Bordellbesitzer, Gefängniseigentümer

Henning Rathjen (l.) und Siegfried Kludt
Henning Rathjen (l.) und Siegfried Kludt © Brinckmann, Martin

Den Grundstock für sein Vermögen legte der 76-Jährige früh. Der gelernte Schlachter verdiente mit dem Handel von Schweinefleisch aus der DDR sein Geld und legte es geschickt in Immobilien und Unternehmen an. So war er einer der Ersten, die nach dem Fall der Mauer als Investoren in den neuen Bundesländern auftraten, und er baute für den Staat ein Gefängnis bei Rostock.

Exposé: Zwangsversteigerung der Villa in Hamburg-Rissen

In den 80er-Jahren gehörten ihm auch ein Bordell in Hannover und Immobilien an der Herbertstraße. Aus seinen Investitionen ins Rotlichtgeschäft machte er keinen Hehl, was für Missfallen in den gehobenen Hamburger Kreisen sorgte. In die hatte er durch eine Ehe mit einer Milliardenerbin einer Unternehmerdynastie eingeheiratet. Die Liaison hielt nicht allzu lange. Das Geld blieb ihm, was Kludt gern zeigte.

Der Hamburger war immer großzügig, ob bei der Ausstattung der Bordelle – was ihm ein Strafverfahren wegen Förderung der Prostitution einbrachte – oder als Mäzen in der Reitsportszene. So war er Besitzer des erfolgreichen Springpferdes Clausen, das er vor acht Jahren an den Reiter und seine Tochter verschenkte.

Vielleicht hätte er es verkaufen sollen. Die Millionen könnte er derzeit gut gebrauchen. Zum Beispiel für seine Anwaltskosten. Kludts Name taucht im Zusammenhang mit zahlreichen Gerichtsverfahren auf. So erhob die Staatsanwaltschaft Stendal gegen ihn und einen Geschäftspartner Anklage. Sie sollen den Landrat des Landkreises Jerichower Land bestochen und das Genehmigungsverfahren für die Firma Sporkenbach Ziegelei GmbH und die HRH Recycling GmbH in ihrem Sinne beeinflusst haben.

Das Verfahren am Landgericht Magdeburg gegen den Landrat läuft. Gegen Kludt wurde es laut Christian Löffler, Sprecher des Landgerichts, kürzlich eingestellt. Und zwar weil Kludt zuvor in einem anderen Verfahren wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden war. Kludt bestätigt das Urteil. Er sagt: „Durch falsche Freunde und schlechte Berater bin ich in Schieflage geraten.“

Weitere Forderungen vom Finanzamt

Klar ist, dass die Sporkenbach Ziegelei GmbH über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus Schlagzeilen machte. Laut der ermittelnden Staatsanwaltschaft wurden mehr als 900.000 Tonnen Abfall illegal in Tongruben durch das Unternehmen verfüllt. Das Material wurde von der Gefahrenabwehr­behörde für 4,5 Millionen Euro entsorgt. Genau für dieses Unternehmen hat Kludt die Bürgschaft über fünf Millionen Euro übernommen, die ihm jetzt laut eigener Aussage die Zwangsvollstreckung beschert.

Beantragt wurde die Zwangsversteigerung aber von der Commerzbank, der es um vier Millionen Euro geht, mit denen der Eigentümer seinen Besitz belieh. Laut Kludt hängt der Antrag mit dem Fall Sporkenbach zusammen und ist ihm auch ganz recht. Denn bei einem Verkauf der Villa etwa zum halben Immobilienwert wäre er die nachrangigen Forderungen des Insolvenzverwalters vom Fall Sporkenbach los. Zudem gibt es noch weitere Forderungen, unter anderem vom Finanzamt. Kludt erklärt, er habe ein bewegtes Leben geführt, mit dem er Bücher füllen könnte. Grundbücher auf jeden Fall.

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