Hamburg. Der Intendant im Interview über geschwänzte Konzerte, Treppenstürze und bisherige Höhepunkte in der Elbphilharmonie.
Intendant, sogar: Generalintendant, ist Christoph Lieben-Seutter in Hamburg schon seit 2007. Aber erst seit dem 11. Januar 2017 hat er (neben der Laeiszhalle) das dazu passende Haus an der Elbe: Am heutigen Donnerstag ist es 100 Tage her, seit die Elbphilharmonie mit großem Pomp eröffnete. Seither ist Musik im Gebäude, und der Ausnahmezustand ist Alltag für Lieben-Seutter.
100 Tage Elbphilharmonie-Euphorie – gewöhnt man sich eigentlich an alles?
Christoph Lieben-Seutter: Man gewöhnt sich vor allem daran, dass die Elbphilharmonie ein ganz außergewöhnliches Gebäude ist, das Künstler wie Publikum gleichermaßen begeistert. Hier arbeiten zu können ist jeden Tag aufs Neue eine Freude.
Was war in den ersten 100 Tagen Ihr Highlight? Die Eröffnung und …
Lieben-Seutter:... Chicago Symphony, Wiener Philharmoniker, „Moses und Aron“, Esa-Pekka Salonen, „La Cenerentola“, „Curlew River“, Chris Thiele, John Zorn, Bassekou Kouyaté, und, und, und ...
Elbphilharmonie-Podcast Elphidelity:
Und der größte Schock?
Lieben-Seutter: Wie viele Menschen im Konzert mit dem Smartphone Fotos machen und dabei nicht einmal den Blitz und vor allem den Ton abstellen.
Welche Konzerte haben Sie guten Gewissens geschwänzt?
Lieben-Seutter: So gut wie keines.
Welche hätten viel länger gehen dürfen?
Lieben-Seutter: Der John-Zorn-Marathon! Fünf Stunden waren die Untergrenze dessen, was man braucht, um diesen einzigartigen musikalischen Kosmos ansatzweise auszuleuchten.
Sitzen Sie eigentlich immer auf demselben Platz?
Lieben-Seutter: Ich habe einen fixen Dienstplatz. Aber wenn woanders im Saal ein Platz frei bleibt, wechsle ich manchmal in der Pause, um den Saal von allen Seiten zu erleben.
Was fällt Ihnen ein zu … … Ausverkauft?
Lieben-Seutter: Musik in den Ohren jedes Veranstalters und Künstlers! Der Run auf die Elbphilharmonie hat allerdings auch seine Schattenseiten, wenn engagierte Musikfreunde nur eine geringe Chance haben, für die Konzerte ihrer Wahl auch Eintrittskarten zu bekommen.
… Akustik?
Lieben-Seutter: Wunderbar, dass ein so komplexes Thema seit dem 11. Januar zum Hamburger Stadtgesprächsstoff gehört.
… Treppensturz?
Lieben-Seutter: Jeder Sturz ist einer zu viel, aber gemessen an der Zahl der Besucher waren es viel weniger, als kolportiert wird. Wir hatten acht sturzbedingte Sanitätereinsätze bei über einer Viertelmillion Konzertgästen.
… Klatsch-Knigge?
Lieben-Seutter: Ist überbewertet. Es sollte nicht um Regeln und Gewohnheiten gehen, sondern um die spontane Reaktion auf das Erlebte. Ich würde mir allerdings wünschen, dass noch mehr Besucher von den oft gratis angebotenen Abendprogrammen Gebrauch und sich so mit dem Konzertprogramm vertraut machen.
… „Selfie in der Elphi“?
Lieben-Seutter: Gerne Selfies, aber an „Elphi“ als Spitzname für die Elbphilharmonie kann ich mich nicht gewöhnen.
100 Tage Elbphilharmonie:
100 Tage Elbphilharmonie