Hamburg. In der Elbphilharmonie begeisterte das Zusammenspiel deutscher und syrischer Musiker und zeigt wieder: Musik kennt keine Grenzen.
Ist Musik eine Weltsprache, die jeder versteht? Die Grenzen überwinden und fremde Menschen verbinden kann? Ein schöner Traum. Beim Festival „Salam Syria“ wurde er wahr. Auch am zweiten Abend, der mit dem Auftritt eines eigens für das Festival gegründeten Projektchors seinen ersten Höhepunkt hatte.
Klänge fürs Herz
60 junge Erwachsene – je zur Hälfte aus Hamburg und aus Syrien – standen da auf der Bühne der Elbphilharmonie hinter dem Orchester und sangen arabische Lieder. Sechs Monate lang hatte Chorleiter Jörg Mall diese heterogene Truppe auf das Konzert vorbereitet, hat den deutschen Sängern und sich selbst die fremdartigen Tonfärbungen und den Syrern das europäische Klangideal vermittelt. Im Konzert verschmolzen sie zu einer gemeinsamen Stimme, die mit süßen Melodien von den Hoffnungen der Liebe erzählt. Das war Musik fürs Herz. Kein Wunder, dass da so manches Augenpaar im Publikum rührungsfeucht glänzte.
Musik kennt keine Grenzen
Nicht der einzige Gänsehautmoment des Programms, das die Idee der Begegnung ins Zentrum rückte. Auch das Orchester, Hauptakteur des Konzerts, war multikulturell besetzt: mit Mitgliedern des Syrian Expat Philharmonic Orchestra – 2015 von in Europa lebenden Profimusikern ins Leben gerufen – und Studenten der Hamburger Hochschule. Unter Leitung von Michael Boder deutete der Klangkörper die Vielfalt der syrischen Komponistenszene an.
Sie umfasst den spätromantischen Ton des „Love Poem“ von Solhi al-Wadi (1934–2007), dem Gründervater der syrischen Klassik, ebenso wie die Tanzrhythmen in Kareem Roustoms „Dabke“ oder die Melancholie von Dima Orshos „Those Forgotten on the Banks of the Euphrat“. Ein Trauergesang, der Orshos eigene Sopranstimme und den Altus von Kai Wessel zusammenführt, in einem ergreifenden Duett mit orientalisch gefärbten Linien und barocken Schmerzensharmonien.
Nein, Musik kennt keine Grenzen. Diese Botschaft hat sich auch Kinan Azmeh auf die Friedensfahne geschrieben, der Residenzkünstler des Festivals. In seiner Suite für Orchester und Solisten begeisterte der Klarinettist mit klanglichem Feinsinn und einer Virtuosität, die die Trennlinien zwischen komponierter und improvisierter Musik verwischt.
Im dritten Satz, „Wedding“, feierten Azmeh und seine Kollegen den quietschbunten Sound einer syrischen Hochzeitsparty – als mitreißendes Finale eines Abends, der weit mehr war als eine spannende Entdeckungsreise.