Hamburg. Mieterverein warnt vor Scheinangeboten im Internet, mit denen Interessenten die Maklercourtage aufgedrängt wird.

Dass Max Mahnkopf die Wohnung nicht bekommen hat, ist gar nicht das Schlimmste. Vor dem Hintergrund, dass sie womöglich sowieso nie wirklich auf dem Markt war, ist es vielleicht sogar egal. Schlimmer ist der Verdacht, dass man versucht hat, ihn reinzulegen.

Wenige Tage ist es her, dass er bei einem Wohnungsportal auf diese Anzeige gestoßen ist: Fünf-Zimmer-Wohnung in Eimsbüttel, mit Garten, knapp 2000 Euro Kaltmiete. Genau das, was er für sich und seine Familie gesucht hat. Sofort schreibt er eine E-Mail an das Maklerbüro, bekundet Interesse und erfragt die genaue Adresse. Die Antwort folgt prompt: Ob er gesehen habe, dass die Wohnung aufgrund von Eigenbedarf nur mit einer Festlaufzeit für vier Jahre vermietet wird? Ohne Kündigungsrecht der Mieter und Vermieter über vier Jahre? Das komme für die meisten Interessenten ja nicht infrage. „Darum erlauben wir uns, sofort eine schöne Alternative zu suchen“, heißt es in der Mail, „und möchten Sie höflich bitten, uns vorher den oben genannten Suchauftrag (...) signiert zurückzusenden.“

Gesetzesänderung ruft Trickser auf den Plan

Max Mahnkopf ist irritiert. Aber dass die Wohnung nur vier Jahre vermietet werden kann, ist für ihn eigentlich kein Problem. Das teilt er dem Maklerbüro mit und bittet erneut um die Adresse. Doch wieder wird er abgewimmelt, Kleinkinder würden für den Vermieter nicht infrage kommen. Mahnkopfs Bauchgefühl: Hier stimmt was nicht. Er bittet zwei Bekannte, bei dem Maklerbüro nachzufragen. Sie bekommen dieselbe Antwort.

Mahnkopfs Verdacht: „Es geht dem Maklerbüro offenbar nur darum, an Aufträge von Mietsuchenden zu kommen, um dann die Provision zu kassieren.“ Und er glaubt, dass das ein klarer Verstoß gegen das geltende Recht ist.

Hintergrund ist das seit dem 1. Juni geltende Bestellerprinzip. Seitdem bezahlt derjenige den Makler, der ihn beauftragt hat. Stellt ein Makler eine Wohnung ins Netz, dann zeigt er damit, dass er diese bereits im Portfolio hat. Sprich: Er hat den Auftrag zur Vermittlung bereits vom Eigentümer bekommen, der folglich auch den Makler bezahlen muss.

Verstöße sind schwer zu beweisen

Dem Mieterverein ist das Phänomen mit den Lockwohnungen bekannt. Aktuell prüfe man laut Angaben von Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, vier derartige Fälle. „Eine Lockwohnung zu benutzen, um über Eck doch noch an den Suchauftrag zu gelangen, ist ein krasser Verstoß gegen das Bestellerprinzip“, so Chychla. Dies zu beweisen, sei jedoch schwer und die Vielfalt an Ausreden groß.

So sieht es auch bei der Eimsbütteler Wohnung aus. Auf das Angebot angesprochen, folgen von dem Inhaber des Maklerbüros viele Worte, aber keine konkrete Erklärung. Stattdessen wird der Makler wütend: „Das Bestellerprinzip hat ein Riesendurcheinander angerichtet.“ Dass die Vermieter die Courtage zahlen würden, sei ein Kopfkonstrukt. „Die haben schon genug andere Kosten.“

Siegmund Chychla vom Mieterverein
Siegmund Chychla vom Mieterverein © Michael Rauhe | system

Siegmund Chychla vom Mieterverein spricht von einem „Zwei-Schubladen-System“. Mit der ersten Schublade suggeriere der Makler, nur das eine Angebot zu haben, das der Interessent im Netz gefunden hat – das es in Wahrheit aber nicht gibt. So versucht er, einen Suchauftrag zu bekommen – und zieht Schublade zwei. Und in der befinden sich plötzlich Angebote, die für den potenziellen Mieter interessant sein könnten. Dabei handelt es sich in Wahrheit aber um Angebote, die der Makler längst im Portfolio hatte. Angebote also, für deren Vermittlung er bereits von Eigentümern beauftragt wurde und die demnach auch für die Courtage aufkommen müssten. Jetzt bleiben sie aber am Mieter hängen.

Chychla rät dringend davon ab, Suchaufträge, die auf dieser Basis zustande kommen, zu unterschreiben. Man müsse davon ausgehen, dass in solchen Fällen Makler und Vermieter unter einer Decke stecken. „Das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter wäre also von Anfang an massiv gestört.“ Außerdem würde der Mieter für eine Leistung zahlen, für die er per Gesetz nicht mehr aufkommen muss.

Der Immobilienverband Nord distanziert sich deutlich von einer solchen Praxis. „Das ist absolut unüblich“, sagt Sprecher Peter-Georg Wagner. Die große Mehrheit der Makler habe sich längst auf die neue Marktsituation eingestellt. „Viele Makler haben sich mit den Wohnungseigentümern auf eine Zusammenarbeit geeinigt. “

Nur seriöse Makler beauftragen

Grundsätzlich führe das Besteller-Prinzip, so wie es jetzt gilt, in der Praxis zu teils erheblichen Problemen. Wagner nennt ein Beispiel: „Wenn ein Makler einen Suchauftrag bekommt und dem Interessenten eine bestimmte Zahl von Mietwohnungen vorstellt, diese jedoch nicht seinen Wünschen entsprechen, darf er diese Objekte nicht noch mal provisionspflichtig einem anderen Interessenten anbieten. In diesem Fall ist der neue Interessent nämlich nicht mehr der Auftraggeber und daher nicht provisionspflichtig. Das führt dazu, dass ein Makler eine Wohnung, die er in seinem Portfolio hat, nicht anbieten kann. Das ist so nicht praxistauglich.“

Mietervereine beraten

Wer sich beraten lassen möchte, kann sich an einen der Mietervereine in Hamburg wenden.

Mieterverein zu Hamburg Mieterverein zu Hamburg: Beim Strohhause 20, Telefon: 040-8 79 79 0 oder E-Mail: info@mieterverein-hamburg.de

Mieter helfen Mietern: Mieter helfen Mietern Bartelsstraße 30, Telefon 040-431 39 40 oder E-Mail: info@mhmhamburg.de

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Auch wenn es sich bei den Lockwohnungen offenbar um Einzelfälle handelt, rät der Mieterverein dazu, nur mit seriösen Maklern zusammenzuarbeiten. Diese erkenne man zum Beispiel daran, dass sie in anerkannten Verbänden, etwa dem Immobilienverband IVD, Mitglied sind.

Bei der Beispiel-Wohnung aus Eimsbüttel besteht übrigens keine Sorge mehr. Seitdem der Makler mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, liegt ein großer „Reserviert“-Banner über dem Online-Angebot.