Hamburg. Neu gegründete Gesellschaft “Billebogen“ soll sich unter anderem um den rund elf Hektar großen ehemaligen Huckepackbahnhof kümmern.
Die Umgestaltung und Aufwertung des Hamburger Ostens, die unter dem Motto „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ läuft, nimmt langsam Gestalt an. Am Dienstag hat der Senat die Gründung der Billebogen Entwicklungsgesellschaft mbH und Co KG (BBEG) beschlossen, die den Auftrag hat, ein rund 70 Hektar großes Areal zwischen der östlichen HafenCity und dem Billebecken zu entwickeln. Eine noch unbekannte Anzahl neuer Wohnungen, bis zu 10.000 Arbeitsplätze – teilweise in übereinander „gestapelten“ Produktionen – sowie der neue Opernfundus sollen dort entstehen.
Wenn die Bürgerschaft zustimmt, werden der neuen Gesellschaft zunächst 33 städtische Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 18,6 Hektar übertragen. Die überwiegend im Stadtteil Rothenburgsort liegenden Areale werden bislang vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen verwaltet, der der Finanzbehörde untersteht. Zudem wird die BBEG mit zwei Millionen Euro und einer Bürgschaft der Stadt ausgestattet, um bei Bedarf weitere Grundstücke erwerben zu können. Als Bauherr selbst soll sie nicht tätig werden, könnte es aber.
Das Stadtentwicklungsgebiet „Hamburger Osten“ erstreckt sich von Hammerbrook, Borgfelde, Hamm und Rothenburgsort über Horn bis Billbrook und Billstedt und hat bislang etwa 85.000 Wohnungen und 165.000 Einwohner. Hier sollen bis zum Jahr 2030 bis zu 20.000 zusätzliche Wohnungen und Tausende neuer Arbeitsplätze entstehen. Der Senat hat das Gebiet in elf „Fokusräume“ aufgeteilt, von denen der Billebogen einer ist.
Auf dem ehemaligen Huckepackbahnhof soll Gewerbe „gestapelt“ werden
Die prominenteste und mit elf Hektar auch größte Fläche dieses Gebiets ist der ehemalige Huckepackbahnhof. Allein auf dem mittlerweile brachliegenden Areal sollen 2500 bis 3000 Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen entstehen. Weil Industrieproduktion dort nicht in flächenmäßig riesigen Hallen, sondern „gestapelt“ in bis zu sechsgeschossigen Gebäuden möglich sein soll, spricht der Senat gern von „vertikaler Produktion“ oder auch von einer „Speicherstadt des 21. Jahrunderts“. Außerdem entstehen auf der Fläche bis 2018 der Opernfundus und die Opernwerkstätten, für die die Stadt jahrelang nach einem geeigneten Areal gesucht hatte.
Insgesamt könnten im Billebogen in den kommenden 20 Jahren bis zu 10.000 Arbeitsplätze angesiedelt werden, sagte Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity GmbH. Die städtische Gesellschaft wird die Billebogen-Gesellschaft quasi als Tochterunternehmen führen – ohne zusätzliches Personal, wie Bruns-Berentelg sagte.
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) betonte die Notwendigkeit, angesichts des Bevölkerungswachstums durch Zuzug und die Flüchtlinge ein „ökonomisches Fundament“ zu schaffen. „Anders ausgedrückt: Wir brauchen Wirtschaftswachstum“, so Horch. Der Billebogen sei hierfür ideal, um „Arbeitswelten der Zukunft“ zu entwickeln. Dabei gehe es ihm sowohl um die Sicherung bestehender als auch um die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Wie viele neue Wohnungen am Billebogen gebaut werden sollen, konnte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) noch nicht sagen. Die neue Entwicklungsgesellschaft werde aber einen „entscheidenden Impuls“ für den Hamburger Osten geben: „Hier gibt es große Potenziale für neuen und bezahlbaren Wohnraum, moderne Industrie- und Gewerbestrukturen, für zukunftsfähige und wohnortnahe Arbeitsplätze, für die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur sowie für die Entwicklung attraktiver Wasserlagen und Freiräume.“ SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf lenkte den Blick auf die Neugestaltung der Bereiche an den Elbbrücken: „Hier kann eine städtebauliche Verbindung zwischen dem neuen Elbbrückenquartier der HafenCity und Rothenburgsort und damit ein neues Eingangstor für ganz Hamburg entstehen.“
Die Linkspartei beklagte dagegen, dass die Entwicklung des Billebogens einer „privatrechtlich organisierten GmbH“ übertragen werde und diese auch noch zwei Millionen Euro Anschubfinanzierung erhalte. „Noch schlimmer ist aber, dass 19 Hektar städtische Grundstücke aufgehübscht und teuer verscherbelt werden sollen“, kritisierte Stadtentwicklungsexpertin Heike Sudmann. „Mit so einer Politik wird der Grundstock für Verdrängung sowohl von kleinen Gewerbetreibenden als auch von Wohnen gelegt. Das hat Rothenburgsort nicht verdient.“
Wirtschaftssenator Frank Horch sagte hingegen, dass die Stadt „niemanden verdrängen“ wolle. „Auch bei einem Schrottplatz werden wir nicht gleich sagen: Der muss weg.“