Hamburg. Arbeitskampf beim Norddeutschen Rundfunk wirkt sich weiter auf das TV-Programm aus. Moderatorin der „NDR Talk Show“ äußert sich.
- Warnstreik beim NDR bis Sonnabend (12. Oktober) verlängert
- Mehrere Ausgaben der „Tagesschau“ am Donnerstag ausgefallen
- Auch „NDR Talk Show“ muss am 11. Oktober ausfallen
- NDR bietet jetzt 5,2 Prozent mehr
Es ist erst wenige Wochen her, dass die Gewerkschaft Ver.di die Beschäftigten des NDR zum großen Warnstreik aufrief. Schon Ende September hatte der Arbeitskampf zu Einschränkungen im Programm geführt.
Die erhofften Auswirkungen auf die Tarifforderungen blieben aber offensichtlich aus, denn erneut wurde die Belegschaft des Norddeutschen Rundfunks dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Gestreikt werden sollte ursprünglich bis Donnerstag, 10. Oktober, 1.30 Uhr. Doch inzwischen hatte Ver.di den Warnstreik nach eigenen Angaben bis in die Nacht auf Sonnabend verlängert. Ein neuer Verhandlungstermin mit dem NDR sei bereits für Dienstag (15. Oktober) anberaumt, so die Gewerkschaft.
„Man merkt, der NDR will uns schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückdrängen. Doch das wird nur gehen, wenn er uns auch bei der Hauptforderung nach Erhöhung von Gehältern und Honoraren entgegenkommt. Weil das immer noch nicht passiert, haben wir unseren am Montagabend begonnenen Streik bis in die Nacht auf Samstag verlängert“, sagte Ver.di-Gewerkschaftssekretär Björn Siebke.
Streik verlängert – auch „NDR Talk Show“ fällt aus
Betroffen von dem Ausstand war damit auch die beliebte „NDR Talk Show“ am 11. Oktober. Statt einer frischen Ausgabe bediente sich der Sender am Freitag aus der Konserve: Für 22 Uhr wurde kurzerhand ein Best-of der bemerkenswertesten Talksshow-Premieren von Prominenten angesetzt, im Anschluss lief der zweistündige Rückblick „Stars, Stars, Stars“.
Immerhin zwei kleine Trostpflaster für die Fans der „NDR Talk Show“, die sich unter der Moderation von Urgestein Hubertus Meyer-Burckhardt und Aminata Belli eigentlich schon auf neue illustre Gäste gefreut hatten. Eingeladen waren für den 11. Oktober Musiker Konstantin Wecker, Arzt Dietrich Grönemeyer, die ehemalige Kampfflugzeugpilotin Nicola Winter, Comedian Abdelkarim, Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, Autor Dominik Bloh und Schauspielerin Christine Neubauer.
„Streik ist immer gut für den Kampf“, sagte Moderatorin Belli in einem am Freitagnachmittag auf ihrem Instagram-Kanal veröffentlichten Video. Gleichwohl sei sie „natürlich traurig, die Sendung heute nicht moderieren zu können“. Sie hoffe auf eine baldige Neuansetzung, ergänzte die in Bad Oldesloe geborene Influencerin in ihrer Story.
NDR-Streik: „Tagesschau“-Sprecher entschuldigt sich
Zwei Stunden vor der „NDR Talk Show“ hatte am Freitag auch das Aushängeschild der ARD mit den Auswirkungen des Warnstreiks zu kämpfen: Die in Lokstedt produzierte 20-Uhr-Ausgabe der „Tagesschau“ begann mit einem Hinweis des Nachrichtensprechers Thorsten Schröder: „Wegen eines Warnstreiks im NDR fehlen bei unseren Meldungen die gewohnten Fotos im Hintergrund. Wir bitten um Verständnis.“ Stattdessen bekamen die Zuschauer nur sattes „Tagesschau“-Blau zu sehen.
Schon am Donnerstag hatte der Warnstreik spürbare Auswirkungen auf das Programm des NDR. Nach Angaben von Ver.di fielen mehrere Ausgaben der „Tagesschau“ im Morgenmagazin ersatzlos aus. Der Sender bestätigte das auf Nachfrage. Um 7.30 Uhr sei zudem eine „Tagesschau“ ohne Hintergrundbilder gesendet worden.
Bereits am Mittwoch sei das Live-Programm bei Tagesschau24 komplett ausgefallen. Ebenfalls am Mittwoch ausgefallen: „Hallo Niedersachsen“, das durch das „Hamburg Journal“ ersetzt worden sei. Die Sendung „NDR Info 21.45 Uhr“ sei am Mittwochabend in den Redaktionsräumen aufgezeichnet worden, weil die Studiocrew im Streik gewesen sei. Auch für „DAS!“ ist am Mittwoch nach NDR-Angaben ein Ersatzprogramm gesendet worden. Am Donnerstag wurde eine „DAS!“-Wiederholung gesendet.
NDR-Streik trifft Abendprogramm: Sender zeigt Wiederholungen
Bereits am Montagabend waren Veränderungen im Programm zu spüren. Und auch am frühen Dienstagabend blieben die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht verschont. Statt wie gewohnt am Montagabend zur Primetime, 20.15 Uhr, eine neue Folge „Markt – Das Verbrauchermagazin“ zu sehen, guckten NDR-Zuschauer in die Röhre. Oder besser gesagt: eine alte Folge.
Am Dienstag traf es dann das Nachrichten- und Talkformat „Das!“ um 18.45 Uhr. Statt einer neuen Ausgabe auch hier nur Altbekanntes. Über den Streik aufgeklärt wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer direkt über den Bildschirm. Mittels Bauchbinde und dem kleinen, aber nicht unwichtigen Hinweis: „Wegen eines Streiks entfällt das derzeitig geplante Programm“. Im NDR-Programm wurde die Folge zunächst allerdings noch als „neu“ angekündigt.
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Tarifforderungen an den NDR: Was Ver.di fordert
Auf Abendblatt-Anfrage teilte der NDR mit: „Der NDR hat den Gewerkschaften ein nochmals verbessertes Angebot vorgelegt. Es umfasst 5,2 Prozent Gehalts- und Honorarsteigerung bei einer deutlich verkürzten Vertragslaufzeit. Hinzu kommen zwei Einmalzahlungen von jeweils bis zu 1700 Euro in diesem und im kommenden Jahr“, sagte Sprecherin Wibke Harms. „Das Angebot bewegt sich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des NDR und zeigt, dass der NDR bereit ist, sich auf die Gewerkschaften zuzubewegen.“
Nach wie vor fordert Ver.di gegenüber dem NDR aber die Durchsetzung folgender Tarifforderungen:
- 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens 500 Euro monatlich
- wertgleiche Erhöhung der Effektivhonorare sowie Erhöhung der Tagessätze für Freie um mindestens 100 Euro
- 250 Euro monatlich mehr für Azubis und Volontäre
- Laufzeit von zwölf Monaten
- Inflationsausgleichsprämie für Beschäftigte, die diese 2022 nicht erhalten haben (u.a. bei Langzeiterkrankung, Elternzeit)
- garantierte unbefristete Anstellung aller Auszubildenden nach erfolgreicher Ausbildung
Solange die Verhandlungen nicht abgeschlossen sind, dürfte sich das NDR-Publikum wohl auf weitere Wiederholungen einstellen müssen. Zumindest bis zum vorerst geplanten Streikende.