Hamburg. Große Mehrheit der befragten Mitarbeiter stimmen für unbefristeten Streik. Geschäftsführer droht mit rechtlichen Schritten.
Der unbefristete Streik bei Hagenbecks Tierpark kommt. Daran gibt es nach Angaben der zuständigen Gewerkschaft IG BAU nun keinen Zweifel mehr. Per Urabstimmung hatte sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierparks gefragt, ob sie sich einem Streik anschließen würden.
Nun liegen die Ergebnisse vor: „86 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder, die an der Umfrage teilgenommen haben, haben sich für die Maßnahme ausgesprochen“, sagte Gewerkschaftssekretär Pascal Lechner dem Abendblatt.
Tierpark Hagenbeck: Streik soll laut Gewerkschaft zeitnah beginnen
In konkreten Zahlen bedeute das, dass 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für einen Streik gestimmt hätten. „Damit haben wir das notwendige Quorum erreicht, für das mindestens 50 Befürworter-Stimmen nötig gewesen wären“, so Lechner weiter. Insgesamt hat Hagenbeck 160 Mitarbeiter, rund 80 davon sind in der Gewerkschaft organisiert.
Der Streik solle nun zeitnah beginnen. Der konkrete Starttermin bleibe aber zunächst noch geheim. „So wollen wir verhindern, dass der Arbeitgeber rechtswidrig Fremdpersonal für den Tag einstellt. So, wie es in der Vergangenheit bereits geschehen ist“, so Lechner.
Klar ist aber: „Wir gehen nun in die konkrete Planung für den unbefristeten Streik.“ Er macht deutlich: „Ziel des Streiks ist es, den Arbeitgeber davon zu überzeugen, mit uns an einen Verhandlungstisch zu kommen.“ Die Gewerkschaft fordert unter anderem einen Tarifvertrag für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierparks.
Tierpark Hamburg: Gewerkschaft will Notdienstplan verhandeln
Aktuell habe man Hagenbeck-Geschäftsführer Dirk Albrecht dazu aufgefordert, am Mittwoch zusammen mit der Gewerkschaft einen Notdienst-Plan zu vereinbaren.
„Da uns und den Beschäftigen das Tierwohl selbstverständlich am Herzen liegt, ist es wichtig, dass wir einen Überblick bekommen, wie viel Personal aus welchen Bereichen notwendig ist, um das Tierwohl sicherzustellen“, so Lechner.
Geschäftsführer Dirk Albrecht aber sieht keine Verhandlungsmöglichkeiten. Dem Abendblatt sagte er am Dienstag: „Der Tierpflegebereich ist der einzige Bereich, über den die Gewerkschaft bezüglich eines Notfallplanes mit uns sprechen muss. In diesem Bereich fahren wir allerdings schon auf Reserve. Deshalb sage ich klar, es kann keinen Notfallplan für die Tierpflege geben.“
Hagenbeck-Geschäftsführer: Ohne richtige Pflege werden Tiere sterben
Es gehe hier um mehr als um Fütterungen oder das Bereitstellen von Nahrung. „Da kann man nicht morgens Futter und Wasser hinstellen und dann die Tiere sich selbst überlassen. Unsere exotischen Tiere müssen permanent überwacht werden. Wenn etwa im Tropenaquarium einen Tag lang kein Tierpfleger arbeitet, dann ist danach die Hälfte der Fische tot.“
Sollte der Tierpflege-Bereich dennoch bestreikt werden, würde Albrecht rechtliche Maßnahmen ergreifen. „In dem Fall sehen wir uns gezwungen, per einstweiliger Verfügung dagegen vorzugehen.“
In der vergangenen Woche hatte die Gewerkschaft einen Aushang öffentlich gemacht, mit dem Zoo-Chef Dirk Albrecht an die Beschäftigten appelliert, nicht für den von der Gewerkschaft angekündigten unbefristeten Streik zu stimmen.
Weiter hatte Albrecht seine „große Sorge“ um das Wohl der Tiere zum Ausdruck gebracht und der Gewerkschaft vorgeworfen, sie wolle „Tiere sterben lassen“. Die IG BAU wirft Albrecht dagegen vor, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Tierparks durch den Aushang unter Druck zu setzen.
Unbefristeter Streik: Womit Hagenbeck-Besucher rechnen müssen
Dass 60 Mitarbeiter in der Urabstimmung für den Streik gestimmt haben, sieht Geschäftsführer Albrecht nicht als repräsentativ an. „Ich sehe vor allen Dingen, dass von den 160 Beschäftigten 100 nicht streiken wollen.“ Sollten tatsächlich alle 60 Mitarbeiter die Arbeit niederlegen, würde es aber natürlich zu Einschränkungen kommen.
„Das würde aber in erster Linie die zusätzlichen Attraktionen betreffen, wie zum Beispiel Schaufütterungen, die dann ausfallen müssen.“ Zudem wichtig für alle Besucher: Im Eingangsbereich – also an den Kassen oder bei den Kontrollen – könne es zu Verzögerungen kommen.
Aber Albrecht betont: „Ich bin überzeugt, dass wir auf jeden Fall in der Lage sein werden, dass der Tierpark geöffnet bleibt. Das sind wir unseren Gästen schuldig.“
Tierpark: Linke nennt Abstimmungsergebnis eine „gute Nachricht“
Die Linke sprach am Dienstag in Bezug auf das Umfrageergebnis von einer „guten Nachricht“. „Die Beschäftigten lassen sich die feudale Willkür bei Hagenbeck nicht mehr gefallen. Für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen sind sie bereit, gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft in den Streik zu treten“, sagte David Stoop, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Letztlich profitierten alle davon, wenn Tarifbindung und volle Mitbestimmung endlich auch bei Hamburgs Tierpark Einzug hielten.
Grüne zum Streik: „Wir unterstützen die Entscheidung der Mitarbeitenden“
Auch die Grünen zeigten sich mit den Mitarbeitern solidarisch. Dazu Filiz Demirel, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion: „Wir unterstützen die Entscheidung der Mitarbeitenden, in den unbefristeten Streik zu treten. Diese Entscheidung folgt auf Monate voller Streitigkeiten.“
Betriebsrat und Gewerkschaft hätten der Geschäftsführung unzählige Gespräche angeboten, die allesamt ins Leere gelaufen seien. Demirel betont: „Der nun angekündigte Arbeitsstreik ist ein Grundrecht. Die Geschäftsführung darf Streikende nicht benachteiligen. Es dürfen weder Urlaubstage, gesetzliche oder freiwillige, noch Stunden aus dem Arbeitszeitkonto mit den Streiktagen verrechnet werden.“
Tierpark Hagenbeck: SPD erwartet „hanseatisch fairen Umgang“
Ähnlich bewertet auch die SPD die Situation. „Von einem Hamburger Traditionsbetrieb wie Hagenbeck erwarten wir einen hanseatisch fairen Umgang mit seinen Beschäftigten. Dazu gehören auch das Recht auf Mitbestimmung und tarifliche Bezahlung“, so der Fraktionsvorsitzende Dirk Kienscherf.
„Es ist nicht hinnehmbar, wenn eine Geschäftsführung ihren Beschäftigten Konsequenzen androht, wenn sie ihr Streikrecht wahrnehmen. Ich erwarte, dass hier von allen Seiten der Wille zum Gespräch besteht. Gewerkschaft und Betriebsrat haben dies stets signalisiert.“