Hamburg. Am Albertinen Krankenhaus in Schnelsen entsteht ein hochmoderner Klinik-Neubau für geriatrische Patienten. Was hier so besonders ist.

Wenn man sich ein Krankenhaus vorstellt, hat man automatisch lange, weiße Flure vor Augen, von denen Zimmer abgehen, die alle irgendwie gleich aussehen. Sich dort zu orientieren fällt nicht gerade leicht, vor allem, wenn die Patienten schon älter sind. Am neuen Zentrum für Altersmedizin am Albertinen Krankenhaus in Schnelsen soll deshalb alles anders werden – nicht nur, was die Farbpalette angeht.

Wir haben einen wirklich sehr fortschrittlichen Bau entwickelt, und das Herausragende daran war, dass alle Berufsgruppen, die dort tätig sein werden, in die Planung mit einbezogen worden sind“, sagt Dagmar Nielsen, Pflegeexpertin in der geriatrischen Klinik des Albertinen.

„Das heißt, ich als Pflegekraft habe mir die Pläne für die Räumlichkeiten anschauen und eine Rückmeldung geben können, was aus unserer Sicht wichtig ist, was ich als Pflegende in so einer Fachabteilung brauche und was ich denke, was für unsere geriatrischen Patienten wichtig ist.“

Albertinen Krankenhaus: Neues Zentrum für Altersmedizin für Patienten

Auf baulicher Seite seien das vor allem klare Linien und viele Orientierungshilfen. Dazu zählen besagte Farben, die Wände sehen auf jeder Station anders aus, sodass sie nach kurzer Zeit vertraut sind und wiedererkannt werden. Aber auch in den Zimmern und Badezimmer wurde mit unterschiedlichen Farben gearbeitet, weil Kontraste im Alter wichtig sind.

„Viele geriatrische Patienten sind oft mit den Abläufen und Drumherum in Krankenhäusern überfordert“, sagt Dagmar Nielsen. Deshalb sei es schon eine große Hilfe zu wissen, wo das eigene Zimmer ist und auf den ersten Blick den Weg ins Badezimmer finden zu können. „Wir haben sogar überlegt, in welche Richtung die Türen aufgehen, damit ein geriatrischer Patient, der vielleicht ein bisschen unsicher auf den Beinen unterwegs ist, diesen Raum möglichst mit einem geringem Sturzrisiko erreicht“, erklärt die Pflegeexpertin. Auch über das Beleuchtungskonzept habe man sich viele Gedanken gemacht.

Im neuen Zentrum in Schnelsen sind die Therapieräume direkt auf der Station

Wichtig sei zudem, dass die Patienten möglichst kurze Wege haben. So befinden sich im neuen Zentrum beispielsweise die Therapieräume direkt auf der Station. Das sorge auch dafür, dass alle Berufsgruppen sehr eng beieinander seien, sich häufig sehen und sich in Bezug auf einen Patienten im wahrsten Sinne des Wortes auf dem kurzen Dienstweg besprechen und Entscheidungen treffen können.

Dazu gehörten auf einer geriatrischen Station – neben den Ärzten und dem Pflegepersonal – Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Neuropsychologen, Experten aus der Abteilung für physikalische Therapie, aber auch Sozialarbeiter und Seelsorger.

Und so lobte die damalige Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) das entstehende Zentrum im Sommer vergangenen Jahres bereits als eine „auf die Zukunft ausgerichteten Altersmedizin“. Ende des Jahres soll der Neubau bezugsfertig sein. 117 Patienten können dort dann stationär aufgenommen werden, zudem wird es eine teilstationäre Abteilung für weitere 35 Patienten geben.

Die Kosten tragen die Gesundheitsbehörde aus Investitionsmitteln und die Krankenkassen über den sogenannten Krankenhausstrukturfonds mit zusammen mehr als 34 Millionen Euro sowie die Immanuel Albertinen Diakonie mit 18,9 Millionen Euro.

Geriatrische Patienten sind über 70 – und leiden unter chronischen Erkrankungen

Dass der Bedarf an altersgerechter medizinischer Versorgung steigen wird, ist klar. Aber welche Patienten kommen überhaupt auf die Geriatrie und bleiben nicht auf einer normalen Station? „Nicht jeder alte Patient ist automatisch ein geriatrischer Patient“, erklärt Dagmar Nielsen. „Wir reden von einem Mindestalter von 70 Jahren und haben Patienten zwischen 70 und 100 Jahren bei uns. Diese bringen aber in der Regel eine sogenannte Multimorbidität mit, das heißt, sie leiden schon vorher an chronischen Erkrankungen, sind zum Beispiel schwerhörig, haben ein eingeschränktes Sehvermögen oder sind mangelernährt.“

Diese Menschen kommen nun nach einem Akutereignis – Herzinfarkt, Bauchoperation, Fraktur nach Sturz, Krebserkrankung – auf eine geriatrische Station, wo ihre bereits bestehenden Erkrankungen und kognitiven Einschränkungen mit in Therapie und Pflege einbezogen werden. „Unser Schwerpunkt ist geriatrische Frührehabilitation, also der Zwischenschritt zwischen akutem Krankenhausaufenthalt, möglicherweise einer Anschluss-Reha – oder der Rückkehr ins Zuhause oder auch in eine Pflegeeinrichtung “, sagt Pflegeexpertin Nielsen.

Albertinen Krankenhaus: Die Patienten wollen vor allem eins – nach Hause

Zwei bis drei Wochen bleibe ein Patient in der Regel auf einer geriatrischen Station. Ein Aspekt, den Dagmar Nielsen zu schätzen weiß: „Wir können unsere Patienten über längere Zeit begleiten, sehen, wie sie sich entwickeln und damit auch die Früchte unserer Arbeit ernten“, sagt die 57-Jährige. Eine intensive Beziehung zum Patienten helfe, zielgerichtet mit diesem arbeiten zu können. Und das Ziel ist meistens klar: Dass der Patient wieder nach Hause entlassen werden kann.

„Das ist immer die erste Frage, die ein Patient bei mir beantwortet: Was brauchen Sie, um wieder nach Hause zu gehen?“, sagt Nielsen. Die meisten Patienten kämen aus der Häuslichkeit, und dahin zurückzukehren sei der Wunsch von fast allen. Deshalb gehe es darum, sie darauf vorzubereiten. So, dass sie wieder das Bett alleine verlassen und den Weg ins Badezimmer bewerkstelligen können.

Dass sie Alltagshandlungen schaffen, also die Körperpflege oder das Essen kochen. Dass Schluck- und Sprachvermögen ausreichen. Aber auch, dass die akute Erkrankung und was diese mit sich bringt, verarbeitet werden.

Krankenhaus Hamburg: Neues Zentrum für Altersmedizin am Albertinen in Schnelsen

Dabei setzen Nielsen und ihre Kollegen auf die sogenannte aktivierend therapeutische Pflege. Diese setzt bei den individuellen Fertigkeiten eines Patienten an, das heißt, es wird nicht kompensiert, was ein Mensch nicht mehr kann, sondern gezielt trainiert, damit er genau das wieder lernt. „Wenn jemand beispielsweise einen Schlaganfall hatte und eine Hand jetzt gelähmt ist, versuchen wir, diese dennoch immer mit einzubeziehen“, erklärt Nielsen, die auch nach 23 Jahren in der Geriatrischen Klinik auf keiner anderen Station tätig sein möchte.

„Ich bin von Haus aus Altenpflegerin, und das bin ich ja, weil ich alte Menschen besonders mag“, sagt die Pflegekraft. „Gerade weil sie schon so viel Leben mitbringen, ist die Arbeit mit ihnen so spannend.“