Hamburg. Georg Graubner, Eigentümer der Victoria-Lofts in Hamburg, steckt in einer üblen Lage: Er will vermieten, aber das Bezirksamt lehnt ab.
- Georg Graubner hat am Offakamp in Lokstedt einen modernen Gewerbehof gebaut.
- Wegen der Nähe zur „Automeile“ Nedderfeld will das Bezirksamt hier „autonahes Gewerbe“.
- Doch die Autobranche hat kein Interesse.
Die „Automeile“ Nedderfeld ist nicht weit weg und direkt nebenan befindet sich die Meistermeile, Hamburgs größter Handwerkerhof. Außerdem liegt das Gewerbegebiet am Offakamp zwischen Innenstadt und Flughafen. Also beste Bedingungen für die Victoria-Lofts, ein modern und architektonisch eindrucksvoll gestalteter Gewerbehof, der vom Egestorfer Familienunternehmen Graubner hier, an der Grenze von Lokstedt zu Eppendorf, errichtet wurde.
Die Victoria-Lofts bieten fast 10.000 Quadratmeter Fläche und wurden im Sommer 2023 fertiggestellt. Die Immobilie besteht aus drei Gebäuden, die über einen Dachgarten, einen begrünten Innenhof und Deckenhöhen von teils mehr als sechs Metern verfügen. Hier sitzen unter anderem Sommelier Hendrik Thoma mit seinem Unternehmen Wein am Limit, der Hörakustiker Oticon, die Elbdrucker, der Halbleiterhersteller NXP und die Modeagentur N. Gresch.
Absurde Situation in Lokstedt – Bebauungsplan schreibt Mieter aus Kfz-Branche vor
Doch die beiden Showrooms im Erdgeschoss stehen von Anbeginn leer. „Dabei gibt es eine rege Nachfrage für die 580 und 740 Quadratmeter großen Räume“, sagt Georg Graubner. „Das Bezirksamt Eimsbüttel hat aber bisher alle potenziellen Interessenten abgelehnt – darunter einen Fahrradhändler und eine Anbieterin von Outdoor-Möbeln.“
Tatsächlich verbietet der 2010 für das Areal erstellte Bebauungsplan Lokstedt58 hier Einzelhandel, der keinen Autobezug hat. Das dürfte mit der benachbarten „Automeile“ am Nedderfeld zusammenhängen. Am Offakamp selbst gab es dagegen beim Erstellen des B-Plans bereits einen Tierfutterhandel und eine Spielothek – und somit Kfz-fernes Gewerbe.
Leerstand in Hamburg-Lokstedt: Autobranche hat kein Interesse an Victoria-Lofts
Bisher konnte Graubner keine Interessenten aus der Autobranche als Mieter gewinnen. Dafür hat er auch eine Erklärung: „Die Branche ist im Umbruch. Die Fiat-Fläche am Nedderfeld steht seit zwei Jahren leer, Opel Dello wird die Automeile 2025 verlassen.“ Auch alle von ihm kontaktierten Händler von E-Autos hätten abgesagt. „Anbieter wie Tesla oder Fisker bevorzugen kleine Showrooms in der Innenstadt.“
Er frage sich, warum das Bezirksamt diese Wandlung nicht anerkenne. „Selbst Anfragen von Fahrradhändlern wurden abgelehnt, dabei steht bei der Mobilitätswende doch der Radverkehr im Fokus.“ Laut Bezirksamt gälten Fahrradhändler als „Zentren-relevant“. „In einem Gewerbegebiet dürfen sie sich offenbar nicht ansiedeln.“
„Automeile“ Nedderfeld: B-Plan erlaubt in Showrooms nur Einzelhandel mit Autobezug
Das wird vom Bezirksamt bestätigt: Eine Befreiung vom Bebauungsplan widerspreche dem „Hamburger Zentrenkonzept“, den „Leitlinien Einzelhandel“ und dem „Eimsbütteler Nahversorgungskonzept“. Zudem seien in dem Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe, die nicht mit Kraftfahrzeugen einschließlich Zubehör handeln, unzulässig.
Für das Familienunternehmen, das außer Gewerbeimmobilien auch Wohnungen baut, ist der finanzielle Verlust durch den Mietausfall mittlerweile enorm. Graubner spricht von einem „schmerzhaften Verlust“ und einem sechsstelligen Betrag. Doch, dass die Erdgeschossflächen bislang ungenutzt sind, wurmt ihn noch aus einem anderen Grund.
Victoria-Lofts: Die Fassadengestaltung hat Elemente aus New York und London
„Wir haben uns im Familienkreis, gemeinsam mit unserem Architekten, im Vorfeld viele Gedanken über das neue Gebäude gemacht“, sagt er. Die Ideen für die Fassadengestaltung stammten aus dem New Yorker „Meatpacking District“: eine Klinkerfassade mit Metallsprossenfenstern und Schleppdächern.
Die beiden gusseisernen Säulen, die den Eingang der Anlage einrahmen und namensgebend für die Victoria-Lofts sind, stammten aus der Londoner Victoria Station. „Sie waren in dem Bahnhof bis etwa 1980 verbaut. Mein Vater konnte sie in den 1990er-Jahren bei einem Antiquitätenhändler in Frankreich erwerben.“
Neben der Gestaltung sei ihm und seinem Bruder Robert auch die Nachhaltigkeit des Gebäudes wichtig gewesen. So wurde Klinker aus Ostfriesland bezogen, eine Luft-Wärmepumpe für die Wärmeerzeugung gewählt und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert, um Strom für den Eigenverbrauch zu erzeugen.
Absurde Situation in Lokstedt – Hamburger Vermieter ist ratlos
Ein Teil der Victoria-Lofts zähle noch zu dem Bestandsgebäude, das sein Vater vor 24 Jahren gekauft habe. „Wir haben diesen 1970er-Jahre-Bau mit einem neuen Dach und neuen Fenstern versehen und Balkone angebaut“, so Graubner. Die alten Hallen, in denen verschiedenstes Kleingewerbe saß, habe man wegen ihrer schlechten Substanz aber durch einen Neubau ersetzen müssen.
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Ursprünglich wollten die Graubners auf dem Grundstück einen Discounter errichten. Doch schon damals legte der Bezirk ein Veto ein, sperrte den alten B-Plan und erstellte den jetzt geltenden. Das Familienunternehmen hat sich daran orientiert: Die großen Showrooms haben rund 4,50 Meter hohe Schwingtüren. „Hier fänden etliche Autos Platz“, so Graubner. „Aber was sollen wir machen, wenn keiner aus der Branche Interesse hat?“