Hamburg. Die Tote war im Mai in einem Wohnhaus gefunden worden. Postbote hatte wegen des üblen Geruchs und Fliegen am Fenster Alarm geschlagen.
Auf den schmutzigen Glasscheiben an der Eingangstür kleben zwei Schilder mit der Aufschrift „Keine Werbung!“, die Tür ist noch immer polizeilich versiegelt. Dahinter türmt sich, gut sichtbar durch das Glas, ein Stapel aus Prospekten. Auf einer Werbesendung ist ein Mann auf Langlaufskiern zu sehen. Hier, in dem Mittelreihenhaus in einer kleinen Straße im Stadtteil Niendorf, war Mitte Mai eine weibliche Leiche gefunden worden.
Der Leichnam war bereits mumifiziert, denn die tote Frau hatte bereits mehrere Monate unbemerkt in dem Haus gelegen – mutmaßlich seit dem Winter, da war sie offenbar zuletzt gesehen worden. Nach Polizeiangaben war der Körper bereits so stark mumifiziert, dass eine Identifizierung nicht möglich war.
Polizei Hamburg: Identität der mumifizierten Leiche aus Niendorf steht fest
Der Postzusteller hatte die Hamburger Polizei am 17. Mai verständigt, weil er einen üblen Geruch wahrgenommen und viele Fliegen an der Glasscheibe gesehen hatte.
Inzwischen steht nach Angaben der Polizei fest, dass es sich bei der Frauenleiche um die 83 Jahre alte Bewohnerin des Hauses handelt. Das Landeskriminalamt hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, die Polizei geht aber bislang nicht von Fremdverschulden aus. Das Ergebnis der Obduktion liegt nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht vor.
Spurensicherung: „Frau war von der allgemeinen Lebensführung überfordert“
Ein Mitarbeiter der Spurensicherung hatte dem Abendblatt im Mai gesagt, es sehe so aus, als sei die Bewohnerin mit der allgemeinen Lebensführung überfordert gewesen.
Das lässt auch der Vorgarten des Rotklinkergebäudes vermuten. Die Hecke an der Straße, durch die es einen kleinen Zugang zum Haus gibt, ist zugewuchert. Auf dem Weg zur Haustür liegt noch altes Laub, in den Beeten wachsen Bodendecker, dazwischen Unkraut. Die beiden Futterhäuschen für Vögel sind leer.
Hamburg-Niendorf: Es muss ermittelt werden, ob es Angehörige gibt
Unklar ist, was mit dem Haus nun weiter geschieht. „Es muss noch ermittelt werden, ob es Angehörige gibt“, teilte ein Polizeisprecher mit.
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Eine ältere Frau aus der Nachbarschaft, die ebenfalls allein lebt, sagt: „Es ist schwer vorstellbar, dass niemand etwas bemerkt, wenn man wochen- oder monatelang nicht mehr zu sehen ist.“ Sie hoffe sehr, dass ihr das nicht eines Tages ebenso ergehen wird.