Hamburg. Bewaffneter 38-Jähriger soll Anfang Februar in rascher Folge drei Überfalle begangen haben. Welche Rolle spielte seine Freundin?

Immer wieder verlassen und betreten Polizisten am Mittwochnachmittag die Altbauvilla an der Frickestraße. An der Eingangstür hängt noch das Fahndungsplakat, mit dem die Polizei Hamburg seit drei Wochen nach einem bewaffneten Serienräuber sucht – nach jenem Mann, der Anfang Februar in rascher Folge erst ein Pärchen, dann ein Café und schließlich das berühmte Holi-Kino an der Schlankreye überfallen hat. Und ebendieser Mann, 38 Jahre alt, wie jetzt bekannt wurde, soll in dem Eppendorfer Mehrfamilienhaus nach der Tat bei seiner 36 Jahre alten Freundin Unterschlupf gefunden haben. Er muss jeden Tag an dem Fahndungsplakat vorbeigelaufen sein.

Die polizeiliche Razzia in der Wohnung an der Frickestraße am Mittwochnachmittag war aber nur das Vorspiel – fast zeitgleich hatten die Behörden den ohnehin wegen Diebstahls per Haftbefehl gesuchten Mann gefasst. Zu diesem Diebstahlsvorwurf gibt es auch schon eine Anklage vor dem Amtsgericht: Er soll am Eppendorfer Baum aus einem Geschäft eine hochpreisige Handtasche gestohlen haben.

Polizei Hamburg verhaftet mutmaßlichen Holi-Räuber auf dem Nedderfeld

Am Mittwoch gegen 14.10 Uhr verhafteten Polizisten den 38-Jährigen auf der Straße Nedderfeld. Zudem hätten sich im Zuge der Ermittlungen Hinweise darauf ergeben, „dass der Mann für Straftaten in Schleswig-Holstein verantwortlich sein könnte“, sagt Polizeisprecher Sören Zimbal. Der mutmaßliche Räuber sei am Mittwoch dem Untersuchungsgefängnis zugeführt worden. Heute sei ihm dort der Haftbefehl verkündet worden.

Der Diebstahlsvorwurf dürfte sein geringstes Problem sein, sollte sich der Verdacht weiter erhärten. „Der Mann befindet sich nun in Untersuchungshaft“, sagte Liddy Oechtering, Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, auf Abendblatt-Anfrage. Ob der Haftbefehl um die Raubtaten erweitert werden kann, müssten nun die weiteren Ermittlungen zeigen, so Oechtering.

Polizei Hamburg: Raubzug durch Eppendorf – das erste Opfer des Täters war ein Pärchen

Rückblende: Das Holi-Kino war am 6. Februar bereits die dritte Station des mutmaßlichen Täters auf seinem Raubzug durch Eppendorf und Harvestehude. Zunächst hatte er ein Pärchen in einem Mehrfamilienhaus an der Geschwister-Scholl-Straße bedroht, nachdem es dort zu einem Streit über den Verkauf von Waren gekommen war. Er soll dabei seine Waffe gezogen haben und nach einem kurzen Gerangel in Richtung Frickestraße geflüchtet sein.

Nach dem Überfall auf das Holi-Kino am 6. Februar löste die Polizei eine Großfahndung aus.
Nach dem Überfall auf das Holi-Kino am 6. Februar löste die Polizei eine Großfahndung aus. © Michael Arning | Michael Arning

Station Nummer zwei: das für seine vietnamesischen Spezialitäten bekannte Café La Phin an der Eppendorfer Landstraße, erst im Oktober 2023 eröffnet. Von zwei Mitarbeitern forderte der Mann Geld, abermals kam es zu einem Gerangel. Dabei soll der 38-Jährige auch einen Schuss aus seiner Waffe abgegeben haben, bevor er sich mit etwas Bargeld aus dem Staub machte.

Raubzug durch Eppendorf endete im Holi-Kino – auch dort zog Täter seine Schusswaffe

Dritte und letzte Station der Raubserie: das Holi-Kino. Auch dort soll der Mann in Schwarz (schwarze Mütze, schwarze Handschuhe, schwarzer Mantel) plötzlich die Schusswaffe gezogen haben, vermutlich eine Schreckschusspistole. Die vielen Filmfans, die sich auf die Vorstellung des Hollywood-Streifens „Poor Things“ oder der Tragikomödie „The Holdovers“ freuten, mussten sich buchstäblich vorgekommen sein wie im falschen Film.

Der Räuber bedrohte sodann einen 24 Jahre alten Angestellten und eine 75 Jahre alte Kinobesucherin mit der Waffe und flüchtete mit rund 400 Euro in Richtung Bogenstraße. Die Polizei löste eine Großfahndung mit etlichen Streifenwagen und einem Hubschrauber aus, der stundenlang über Eimsbüttel kreiste. Zeugen beschrieben den Täter als etwa 45 Jahre alten, nicht sonderlich großen Mann von „südländischer Erscheinung“.

Polizei Hamburg: Durchsuchungen an der Frickestraße und in Schleswig-Holstein

Einen Migrationshintergrund hat der jetzt verhaftete Verdächtige nach Abendblatt-Informationen aber nicht. Er ist in Tensbüttel-Röst (Kreis Dithmarschen) gemeldet und wegen Verkehrs- und Eigentumsdelikten polizeibekannt. Bei der Durchsuchung der Wohnung dort seien die Beamten auf keine Beweismittel gestoßen.

Solche seien allerdings am Mittwoch in der Wohnung an der Frickestraße sichergestellt worden, so Oechtering, darunter eine Schreckschusspistole und mutmaßliche Tatkleidung. Untergeordnet werde wegen Beihilfe auch gegen die 36 Jahre alte Freundin ermittelt. Unklar ist aber noch, welche Rolle sie spielte. War sie in die Tat eingeweiht oder gewährte sie dem Verdächtigen nur Unterschlupf? Die Polizei bleibt da recht vage und spricht davon, dass die 36-Jährige ihren Freund bei der „Begehung der Taten unterstützt haben soll“. Sie sei nach Durchführung der polizeilichen Maßnahmen mangels Haftgründen entlassen worden, so Zimbal.

Polizei Hamburg: Geprüft wird auch, ob der mutmaßliche Räuber drogensüchtig ist

Geprüft werde auch, ob der Raubzug mit einer Drogenabhängigkeit des Verdächtigen in Verbindung stehen könnte. Wohl auch deshalb war bei der Durchsuchung an der Frickestraße ein Drogenspürhund der Polizei im Einsatz.

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Nicht zuletzt für die Zeugen im Holi-Kino war der Überfall eine schockierende Erfahrung. Die Hamburger Kinokette Cinemaxx, zu der das Holi gehört, reagierte damals mit Bestürzung auf die Überfallserie. „Wir sind schockiert und traurig über die Raubüberfälle, die in unserem Holi-Kino in Hamburg und zwei benachbarten Orten stattgefunden haben“, sagte Unternehmenssprecherin Marie Wehmeier dem Abendblatt. „Die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Kollegen und Gäste liegen uns sehr am Herzen.“