Hamburg. Die kleine Einrichtung in Eimsbüttel sucht verzweifelt neue Räume. Erzieherinnen verstehen nicht, warum sie wegmüssen.

Stella Gorges hat schon am Tag ihrer Zusage für ihre neue Anstellung gewusst, dass es einige Unwägbarkeiten für die Zukunft geben dürfte. Denn die 36-Jährige hatte sich an einem Mittwoch für die Kindergruppe Bollerwagen e.V. in Eimsbüttel entschieden, am Donnerstag, also einen Tag später, war dort die Kündigung für die Räume ins Haus geflattert.

Sie hätte sicher jederzeit einen anderen Job gefunden, weil Erzieher und Erzieherinnen hamburgweit gesucht werden. „Ich habe trotzdem hier angefangen, weil es eine so besondere Kita ist“, sagt Gorges.

Kita Hamburg: Die „Bolli“ aus Eimsbüttel hat eine lange Geschichte

Die Kita „Bolli“ hat eine lange Geschichte. Seit 40 Jahren gebe es die aus einer Elterninitiative entstandene Einrichtung in dem Altbau schon, sagt Gorges‘ Kollegin Sarah Redmann, die seit Januar 2017 in der Kita am Eidelstedter Weg als Erzieherin arbeitet. Nie habe es Probleme gegeben, versichert sie. Bis vergangenen Sommer.

„Im Juni 2023 kam die Kündigung zum 30. September 2023“, sagt Redmann. Die Vermieterin habe ihnen einen Aufschub bis Ende Dezember 2023 gewährt. Weil es so schwer sei, neue Räume zu finden, hätten die Eltern der Kinder einen Brief an die Vermieterin geschrieben. Nun dürfe die Kita bis Ende Juli 2024 bleiben, doch alle Versuche, eine neue Heimat zu finden, seien bislang gescheitert.

Eimsbüttel: Die Ersparnisse des Vereins werden sukzessive aufgebraucht

Lediglich ein ehemaliges Fitnessstudio in Lokstedt sei ihnen angeboten worden, doch die Umbaukosten von etwa 60.000 Euro hätten ihr Budget gesprengt. Ein Spendenaufruf habe bislang etwa 3000 Euro gebracht, so Redmann. Ansonsten lebe man von Ersparnissen des Vereins, die spätestens im Sommer aufgebraucht sein dürften.

„Wir verbrauchen jetzt, was Eltern in mehr als 30 Jahren angespart haben“, sagt Björn Rusinowski, Vorstandsmitglied der Elterninitiative und Vater eines Kita-Kindes in der Bolli, betrübt.

Denn eine Kita, die möglicherweise bald aufgeben muss, sei für Eltern nicht sehr attraktiv, sagen die Erzieherinnen. Anstatt der möglichen 16 Kinder zwischen zweieinhalb und sechs Jahren, die sie betreuen könnten, seien es nur mehr sieben Kinder.

Kita hat einen Kleingarten in Eimbüttel und möchte in der Nähe bleiben

„Wir wollen hier in der Nähe bleiben, aber viele Eigentümer möchten nicht an eine Kita vermieten“, sagt Redmann. Die Nähe zum bisherigen Standort sei deshalb so wichtig, weil die Kindergruppe Bollerwagen, die ausschließlich Achtstundenplätze anbietet, seit der Corona-Pandemie eine eigene Kleingartenparzelle in der nahe gelegenen Lenzsiedlung hat. Diese wolle man natürlich weiterhin besuchen können.

Vor der Kita Bollerwagen in Eimsbüttel steht jetzt ein Zaun. Dadurch wurde auch der Fußweg schmaler, was nicht allen Nachbarn gefällt.
Vor der Kita Bollerwagen in Eimsbüttel steht jetzt ein Zaun. Dadurch wurde auch der Fußweg schmaler, was nicht allen Nachbarn gefällt. © Elisabeth Jessen | Elisabeth Jessen

Möglicherweise könnte es an dem neuen Zaun im Vorgarten liegen, dass sie nun wegmüssen, sagt die Erzieherin. Plötzlich sei dieser hohe Metallzaun vor dem Mehrfamilien-Altbau mit den Kita-Räumen im Erdgeschoss errichtet worden – mit einem Steingarten dahinter. „Viele Anwohner waren sauer und dachten, das sei auf unseren Mist gewachsen“, so Redmann. Auch die Kita-Aufsicht sei auf den Plan gerufen worden.

Kita-Erzieherinnen: „Wir haben mit der ganzen Sache doch gar nichts zu tun“

Dabei wurde der Zaun von der Eigentümerin aufgestellt, die Kita nutzt den Vorgarten auch gar nicht, sagen die Erzieherinnen. Möglicherweise sei die ganze Aufmerksamkeit rund um den massiven Zaun, der mittlerweile teilweise begrünt wurde, und die dadurch notwendigen Erklärungen der Vermieterin dennoch lästig geworden, ist eine Vermutung. „Aber wir haben mit der ganzen Sache doch gar nichts zu tun“, sagen die Erzieherinnen.

Die Agesa Grundstücksgesellschaft GmbH in Hamburg, die das Haus verwaltet, sagt zur Begründung für die Kündigung des langjährigen Mietvertrages: „Die Erbengemeinschaft möchte in dem Haus kein Gewerbe mehr haben.“ Man habe mit den mehrmaligen Verlängerungen eine faire Lösung angeboten, so ein Agesa-Mitarbeiter.

Hamburg-Eimsbüttel: Statt Gewerbe sollen Wohnungen entstehen

In dem Haus mit der Nummer 63 gibt es bis auf einen inzwischen geschlossenen Kiosk und der Kita im Erdgeschoss nur Wohnungen, aber kein weiteres Gewerbe. Die Verwaltung sagt, die Räume sollen zu Wohnungen umgewandelt werden.

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Inzwischen gebe es in Eimsbüttel in vielen Kitas freie Elementarplätze, sagt Gorges. „Eltern müssen nicht mehr nach jedem Strohhalm greifen, aber es kann nicht sein, dass die Stadt nur noch ganz große Kitas will.“