Hamburg. „Teuer, lieblose Gehege, nicht gepflegt“ – negative Kommentare verärgern den Zoochef. Jetzt hat er einen Anwalt eingeschaltet.
Nun ist es wieder so weit: Der Tierpark Hagenbeck und sein Geschäftsführer Dirk Albrechtsorgen einmal mehr für negative Schlagzeilen. Dieses Mal geht es um den Umgang mit Verfassern negativer Google-Rezensionen.
Schaut man bei Google nach, haben mehr als 32.500 Personen den Tierpark bewertet. Und zwar fast ausschließlich positiv: Von fünf möglichen Sternen kommt der Hamburger Zoo auf 4,6. Negative Kommentare mit nur einem Stern sind äußerst selten. Dennoch hat Hagenbeck das Technologieunternehmen aufgefordert, diese Rezensionen prüfen zu lassen. Etliche Kritiker (laut Tierpark „eine zweistellige Zahl“) haben bereits eine Mail von Google erhalten – im Anhang eine Beschwerde des Zoos wegen negativer und angeblich unglaubwürdiger Kritik.
Tierpark Hamburg: Hagenbeck lässt Google schlechte Bewertungen prüfen
Verfasst wurde diese von einer Anwaltskanzlei aus Rotherbaum. In dem Schreiben werden den Verfassern „unwahre Tatsachenbehauptungen“ unterstellt, ihre Rezension sei zudem „rechtswidrig“. Sie werden aufgefordert, eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abzugeben und nachzuweisen, dass sie den Tierpark tatsächlich besucht haben. Sollten sie das nicht tun, würde Google ihre Bewertung löschen.
„Der Park versucht, meinen Post zu löschen“, schrieb jetzt Guillermo Brinkmann über die von ihm vor einem Monat verfasste Beurteilung (einer von fünf Sternen) bei Google. Seine Kritik: „teuer, unsympathisches Personal, geschlossene Kioske“. Er hatte außerdem moniert, dass man mit einem 130 Euro teuren Familienticket nur einmal ins Tropenaquarium dürfe. „Mit dieser Einstellung“, so schloss er seinen Beitrag, „hat der Tierpark gleich vier Kunden verloren.“
Hagenbeck-Besucher sollen beweisen, dass sie wirklich im Tierpark waren
Auch Imke L., die mit ihrem Sohn vor vier Jahren bei Hagenbeck war, bekam Post von Google. Ihr Sohn hatte unter dem Namen „ben leo“ die „sehr lieblosen Gehege“ kritisiert und dass die Tiere teils „in ihrem eigenen Kot“ standen und „nicht sonderlich gesund/gepflegt“ aussahen. Gegenüber der „Hamburger Morgenpost“, die wie die „Bild“ über das Vorgehen des Tierparks berichtete, äußerte seine Mutter ihren Ärger: „Man wird ja wohl mal seine Meinung sagen dürfen!“ Dass sie den Tierpark-Besuch nach der langen Zeit beweisen solle, finde sie „absurd“.
In dieser Hinsicht hat es Familienvater Mike L. leichter. „Google hat ja meine Bewegungsdaten. Ich hab ihnen meinen Standortverlauf zugeschickt“, so der Eimsbütteler, der im August mit Frau und Sohn bei Hagenbeck gewesen war und anschließend bei Google geschrieben hatte: „Zoo Berlin – 19 €, Hagenbeck 29€??? Warum nehmt ihr die Leute aus?“
Dirk Albrecht beklagt Zunahme von „unsachlichen Angriffen gegen Tierhaltung“
Warum er es trotz der überwiegend positiven Google-Bewertung für notwendig hält, schlechte Beurteilungen überprüfen zu lassen, erklärt Hagenbeck-Geschäftsführer Albrecht mit der deutlich gestiegenen Zahl von Bewertern, „die Hagenbeck als Angriffsfläche für unsachliche Angriffe gegen Tierhaltung nutzen, ohne im Tierpark gewesen zu sein“.
Leider blieben solche unwahren Bewertungen auf ewig im Internet. „Und davor muss sich der Tierpark schützen dürfen.“ Jede ehrliche – auch negative – Bewertung sei willkommen und würde „soweit möglich“ zur Optimierung des Tierparks genutzt. „Kein Verständnis habe ich allerdings für Fake-Kommentare und Unwahrheiten“, so Albrecht. Die Behauptung etwa, die Tiere ständen in ihrem eigenen Kot, sei eine Lüge und müsse gelöscht werden.
Google soll Bewertungen auf Vereinbarkeit mit Nutzungsbedingungen prüfen
Google-Bewertungen seien grundsätzlich ein geeignetes Mittel, um sich ein Bild vom Tierpark zu machen, betont auch Hagenbeck-Anwalt Alexander Wachs in einem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Zur Vollständigkeit gehörten auch negative Bewertungen, wenn diese authentisch seien, sich auf einen Besuch im Tierpark bezögen und kein politisches Statement darstellten.
Google habe in seinen Nutzungsbedingungen klargestellt, wann Bewertungen nicht mit diesen vereinbar seien und wann überhaupt erst Bewertungen abgegeben werden dürften. Es sei nicht immer einfach, festzustellen, ob Bewertungen authentisch seien oder zu einer gezielten Kampagne gegen den Zoo gehörten. Zu diesem Zweck gebe es aber die Möglichkeit, Bewertungen durch Google auf Vereinbarkeit mit den Nutzungsbedingungen prüfen zu lassen.
Hagenbeck-Anwalt: „Google entscheidet, ob Bewertung gelöscht wird oder nicht“
„Auf den Punkt gebracht, haben wir Google aufgefordert, bestimmte Bewertungen, die nach unserer Einschätzung nicht rechtmäßig waren oder nicht authentisch erschienen, mit der Rechtsprechung und den Nutzungsbedingungen zu überprüfen“, so Anwalt Alexander Wachs. Google leite diese „Rüge“ dann an den Bewertenden weiter, und gebe diesem die Möglichkeit, seine Bewertung zu erläutern. „Danach entscheidet Google, ob die Bewertung gelöscht wird oder nicht.“
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Der Tierpark Hagenbeck stehe sehr im Mittelpunkt der Diskussion um das Tierwohl in Parks generell, so Wachs. Und während einige Bewertungen überhaupt nicht versuchten, ihre „negative Agenda zu verschleiern“, habe es den Anschein, als ob „die Angriffe teilweise auch subtiler erfolgen“. Genau das werde durch die aktuelle Aktion geprüft.
Tierpark Hagenbeck hat keine rechtlichen Möglichkeiten gegen Google-Kritiker
Rechtliche Maßnahmen gegen Google-Kritiker seien dem Zoo nicht möglich. Das liege auch am Datenschutz. „Die Bewerter sind uns nicht bekannt, weder Namen noch Adressen“, erläutert der Anwalt. Rechtliche Schritte würden ausschließlich gegen Google vorbehalten, sollten die Bewertungen nicht angemessen überprüft worden sein.
Mag man das Bestreben des Tierparks, sich vor Falschmeldungen und unberechtigter Kritik schützen zu wollen, nachvollziehen können – für Sympathie wird das Vorgehen zumindest bei den Betroffenen nicht sorgen.