Hamburg. Berührungsängste gibt es nicht. Warum Hamburger Honoratioren Prostituierte auf St. Georg zu Weihnachten beschenken.
Vordergründig ist der Lionsclub Hamburg Alster das, was man in der Stadt eine „feine Adresse“ nennt. Die rund 40 Mitglieder des zweitältesten Hamburger Lionsclubs treffen sich regelmäßig im Anglo German Club an der Alster, und ihre Berufe weisen sie als zigfache Numerus-Clausus-Bezwinger aus. Das ist die eine Seite der Medaille.
Die andere zeigt, dass die Mitglieder auch ziemlich handfest sein können – und keinerlei Berührungsängste haben.
Am vergangenen Freitag besuchte eine Abordnung um Medizinprofessor Axel Hanauske die Fachberatungsstelle für Prostitution „Café Sperrgebiet“ im Herzen von St. Georg. Die Visite war aber nicht Teil eines Stadtteilrundgangs, sondern es ging um Hilfe und Nächstenliebe zur Weihnachtszeit.
Die Gruppe übergab vor Ort rund 40 Weihnachtspakete, die nun an die Prostituierten (Fachterminus: Sexarbeiterinnen) verteilt werden. Die schicken Dienstanzüge waren diesmal im Schrank geblieben, stattdessen prägten Rollkragenpullover und abgewetzte Arbeitshosen den Auftritt. Auch der amtierende Clubpräsident Matthias Schoop gehörte zu denjenigen, die mit anpackten – und sich bei der Gelegenheit über die Sozialarbeit vor Ort informierten. Außerdem waren Mitglieder der Lions-Jugendorganisation Leos mit im Boot.
Außenstehende mögen die Aktion ungewöhnlich oder sogar despektierlich finden, nicht aber die Überbringer selbst. Schon lange kümmert sich Lions Alster intensiv um seinen „Patenstadtteil“ St. Georg, und dabei blieb es nie beim Blick hinter die Kulissen. „Wir sind ein moderner Club, der vor den sozialen Problemen der Gesellschaft nicht die Auge verschließt“, sagte Prof. Hanauske vor Ort, und auch: „Wie gehen proaktiv zu den Menschen.“
Hanauske hatte den Clubmitgliedern in einem Rundschreiben eine kleine „Packliste“ mitgeliefert, auf der mögliche Geschenkartikel verzeichnet waren – darunter Shampoo, Duschgel, Kosmetik und Leggings und Mascara. Auch Spenden für das „Sperrgebiet“ wurden eingeworben, allerdings durfte in die Päckchen kein Bargeld gelegt werden.
Aber nicht nur das: Von den Spenderinnen und Spendern ausgefüllte und unterschriebene Grußzettel („Mit den besten Grüßen und allen guten Wünschen für eine gute vorweihnachtliche Zeit“) waren den Päckchen für die Sexarbeiterinnen ebenfalls beigelegt.
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Das „Sperrgebiet“ leistet schon seit 1985 Hilfe vor Ort. „Mit unserer Arbeit wollen wir gesellschaftliche Diskriminierung und Stigmatisierung von Sexarbeitenden entgegenwirken und deren Lebenssituation verbessern“, heißt es dazu auf der Homepage. Die Arbeit wird zwar von der Diakonie und der Stadt finanziell getragen, aber dem Lionsclub ging es auch um eine Geste der Zwischenmenschlichkeit. „Wir wollen Frauen, die sich prostituieren müssen, zeigen, dass sie nicht geächtete werden“, sagte Clubpräsident Matthias Schoop vor Ort, „auch und gerade nicht zur Weihnachtszeit.“
Weitere Infos gibt es unter: hamburg-alster.lions.de