Hamburg. Das Vereinshaus ist eine beliebte Event-Location. Doch Nicht-Mitglieder können hier nicht mehr feiern. Der Bezirk verbietet es.
Majestätisch erhebt sich das weiße Gebäude über der Hamburger Außenalster. Aus den Räumen im Obergeschoss mit den bodentiefen Fenstern und von der großzügigen Terrasse aus genießt man einen freien Blick auf das Wasser.
In dieser edlen Immobilie in Eins-a-Lage am Alsterufer 21 residiert der feine Hamburger und Germania Ruder Club – der sich selbst schlicht nur „Der Club“ nennt. Doch der altehrwürdige, 1836 gegründete Verein steckt in ernsthaften Schwierigkeiten. Es ist sogar von einer möglichen Insolvenz die Rede.
Alster: Ältester Ruderclub in Hamburg vor großen Herausforderungen
Aber der Reihe nach: Eigentlich sollte über die schwierige Lage erst am 3. Mai im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung berichtet werden. Doch nachdem das Abendblatt bereits zu diesem heiklen Thema recherchierte und einen ausführlichen Fragenkatalog an den Vorsitzenden Kai Daniels schickte, da holte der Clubchef zu einem Befreiungsschlag aus und sendete eine ausführliche Mail an die rund 870 Mitglieder. Die Fragen des Abendblatts ließ Daniels unbeantwortet.
Es geht um das eingangs schon erwähnte Clubhaus am Alsterufer 21, das 2016 von dem heutigen Bundeskanzler und damaligen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eingeweiht wurde. Der Altbau war zuvor abgerissen worden.
Club: Nichtmitglieder dürfen Räume an der Alster nicht mehr mieten
Die Gesellschaftsräume und die Bar, das „Wohnzimmer“ des Clubs, werden von der Nord Event GmbH betrieben. Bislang durfte das Unternehmen mit Sitz an der Spitalerstraße, welches zahlreiche Veranstaltungslocations in Hamburg im Portfolio hat, die Räumlichkeiten auch für Veranstaltungen an Nichtmitglieder vermarkten.
Doch damit ist jetzt Schluss. „Wir haben einen gültigen Mietvertrag mit dem Club, und der besagt explizit, dass wir Fremdveranstaltungen durchführen können. Das sind zum Beispiel Firmenevents oder Hochzeiten. Nun hat uns Anfang April der Club über seinen Anwalt die Nutzung zur Durchführung von Fremdveranstaltungen untersagt“, sagte Nord-Event-Geschäftsführer Hans-Christoph Klaiber auf Abendblatt-Anfrage.
„Dadurch entsteht ein immenser finanzieller Schaden“, so Klaiber. „Wir haben etwa 40 gebuchte Veranstaltungen von Nichtmitgliedern ausbuchen müssen.“ Das sei nicht nur ein immenser Zeitaufwand, sondern auch ein erheblicher Umsatzverlust.
Nutzungsuntersagung: Im Bauantrag fehlte offensichtlich ein Stempel
Worum es geht, erklärt Club-Vorstand Daniels seinen Mitgliedern in einer drei Seiten langen E-Mail, die dem Abendblatt vorliegt. Im Kern geht es darum, dass das zuständige Bezirksamt Eimsbüttel eine Nutzung der Gastro- und Veranstaltungsflächen für Fremdveranstaltungen untersagt hat.
Aber gehen wir zunächst fast zehn Jahre zurück. „Der Bauantrag für das neue Clubhaus wurde im November 2013 genehmigt“, schreibt Daniels in der aktuellen Mail an die Mitglieder. „Bei dieser Baugenehmigung wurde das Dokument mit dem Betriebs- und Nutzungskonzept (Anm. d. Red. Inhalt ist, dass der Club für die Vereinsgastronomie einen Vertrag mit einem Pächter/Partner schließt. Dieser darf die gastronomische Fläche für geschlossene Gesellschaften dann nutzen, wenn diese nicht durch Clubmitglieder beansprucht wird) bei der Behörde nicht gestempelt, auch wurde das Konzept nicht im Textteil erwähnt.“
Rechtsstreit: Nachbar hatte gegen Baugenehmigung für das Gebäude geklagt
Weiter heißt es in der E-Mail: „Im Februar 2014 erhielten wir einen Änderungsbescheid, in dem nun das Betriebs- und Nutzungskonzept enthalten war, wobei das Bezirksamt nicht zwischen der Gastronomie, an der nur Clubmitglieder teilnehmen, und der Veranstaltung geschlossener Gesellschaften durch einen Partner unterschied. Untersagt wurde lediglich eine öffentliche Gastronomie, die zu keinem Zeitpunkt beantragt war.“
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Es wird kompliziert. Offensichtlich kam das Thema der Nutzung des Bootshauses – so nennt der Club das Gebäude – für Fremdveranstaltungen im Zuge eines Rechtsstreites mit einem Nachbarn am Alsterufer auf. Der ist erledigt. „Die Stadt Hamburg hat die Klage gegen die Baugenehmigung des Clubhauses erfolgreich abgewehrt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Das Verfahren ist abgeschlossen“, teilt Daniels den Mitgliedern mit.
Ruder Club an der Alster im regen Austausch mit dem Bezirksamt
Aber die Probleme fingen damit erst an. „Stattdessen haben Hinweise des Richters zu einem Teil des Bauantrags dazu geführt, dass das für uns zuständige Bezirksamt Eimsbüttel sich in seiner Rechtsauffassung nun selbst widerspricht“, ist der E-Mail an die Mitglieder zu entnehmen.
Mit dem Bezirksamt stand man wohl in einem regen Schriftverkehr. Schlussendlich kam es dann aber dazu: Der Club erhielt „im August 2022 eine Nutzungsuntersagung, gegen die wir Rechtsmittel eingelegt haben. Leider entfaltet der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung.“ Das heißt: keine Fremdveranstaltungen mehr in den repräsentativen Räumen im Obergeschoss.
Alster: Der Club könnte „gezwungen sein“, Insolvenz anzumelden
Der Club sprach mit der Bezirkspolitik und auch mit Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD). Das brachte aber nichts. „Alle Bemühungen, von der Stadt Unterstützung zu erhalten, sind bisher ohne Erfolg geblieben“, lässt Daniels die Mitglieder wissen. Und führt weiter aus, dass Nord Event nun in einem Schreiben vom 14. April „einen sehr hohen Schadensersatz von uns“ fordert.
Und offensichtlich droht Deutschlands ältestem Ruder Club der Ruin. In seiner E-Mail schreibt Club-Vorstand Daniels: „Wir könnten gezwungen sein, Insolvenz anzumelden, da wir die Schadensersatzansprüche Nord Events nicht werden zahlen können.“
Nord Event investierte sechsstelligen Betrag in das Clubhaus
Im Abendblatt-Gespräch bestätigt Nord-Event-Geschäftsführer Klaiber: „Nachdem es nicht möglich war, ein persönliches Gespräch mit dem Vorstand zu führen, um hier eine gemeinsame Lösung zu finden, haben wir gegenüber dem Club eine Schadensersatzforderung gestellt. Für uns ist die Entwicklung in hohem Maße unerfreulich und mit hohen wirtschaftlichen Einbußen verbunden.“
Klaiber spricht Klartext. „Wir haben die Gastronomie- und Veranstaltungsflächen in dem Clubhaus hochwertig ausgebaut. Das reicht vom Mobiliar über die Tresen, die Küchen bis hin zu den Toilettenanlagen. Wir haben dort ein hohes sechsstelliges Investment in den Innenausbau gesteckt. Um das zu amortisieren, sind wir auf die Fremdveranstaltungen angewiesen.“ Nur mit der Clubgastronomie und internen Veranstaltungen könne man nicht wirtschaftlich arbeiten. „Darüber hinaus bezahlen wir natürlich auch eine Miete an den Club.“
Dem Eventprofi ist wichtig. „Mir tun die Mitglieder des Clubs leid. Auch sie haben keine Schuld an dieser Situation.“