Hamburg. Der Zirkus möchte im Frühjahr auf der Großen Moorweide gastieren, doch ein politischer Beschluss aus 2020 verhindert das vermutlich.
Nach der Diskussion um den Deutschen Evangelischen Posaunentag auf der Großen Moorweide in Rotherbaum gibt es nun erneut Streit im Bezirk Eimsbüttel um die Nutzung der Grünfläche am Mittelweg in der Nähe des Dammtorbahnhofes. Dieses Mal geht es um ein Gastspiel des Circus Roncalli auf derselben Fläche: Grüne und CDU erteilen dem Zirkus eine Absage, SPD und FDP setzen sich für eine einmalige Ausnahme ein.
Circus Roncalli kommt seit 1982 nach Hamburg – eigentlich gern
Circus Roncalli und Hamburg – seit 1982 haben die Stadt und der Zirkus eine Verbindung, alle zwei Jahre gastiert der Zirkus in Hamburg. Für dieses Jahr ist ein Gastspiel vom 13. Mai bis zum 25. Juni auf der Großen Moorweide geplant, wie auch 2017 und 2019 schon. Doch das Gastspiel in Hamburg ist gefährdet. Denn dass Roncalli die Große Moorweide nutzen darf, ist unwahrscheinlich: Ein Beschluss der Bezirksversammlung Eimsbüttel aus dem Jahr 2020 untersagt jegliche kommerzielle Nutzung der Grünfläche.
Die grün-schwarze Koalition im Bezirk hatte das durchgesetzt, da Veranstaltungen die Grünfläche nachhaltig ökologisch strapaziert und anschließende Renaturierungsmaßnahmen dazu geführt hätten, dass große Flächen der Moorweide nur eingeschränkt von Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden konnten. Auf der benachbarten Kleinen Moorweide sind Veranstaltungen dagegen noch erlaubt.
Für Roncalli ist die Große Moorweide essenziell
Für Roncalli ist der Standort von essenzieller Bedeutung. „Mit unseren nostalgischen Fahrzeugen und der gesamten Logistik ist das der ideale Standort für Kultur, Urbanität und doch naturnah“, sagt Roncalli-Geschäftsführer Ashkan Maleki. Das Heiligengeistfeld sei in dem Zeitraum bereits belegt, und auch der Stadtpark sei nicht geeignet. „Unsere sozialen Projekte für Hamburg, wie zuletzt mit 3000 Kindern und Jugendlichen, darunter Schulklassen und Geflüchtete, können wir nur aufgrund der optimalen Verkehrsanbindung dort realisieren.“
Hilfe bekommt der Zirkus von den Sozialdemokraten und den Liberalen im Bezirk. Sie setzen sich für eine einmalige Ausnahme auf der größeren Moorweiden-Fläche ein. „Insbesondere vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Einschränkungen im Kulturbereich ab 2020 wird die Bezirksamtsleiterin gebeten, einmalig eine kommerzielle Nutzung der Großen Moorweide zu ermöglichen“, heißt es in einem entsprechenden gemeinsamen Antrag, über den am 23. Februar in der Bezirksversammlung abgestimmt werden soll. SPD und FDP schlagen folgende Regelung vor: „Dabei soll die genutzte Fläche höchstens 15 Prozent der Gesamtfläche von rund 6500 Quadratmetern betragen, für maximal sieben Wochen“, sagt Gabor Gottlieb, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung.
Zirkus würde Kosten für Wiederherstellung der Rasenfläche übernehmen
„Wie auch bei den letzten Gastspielen würde der Circus auch in diesem Jahr die Kosten für die Wiederherstellung der Rasenfläche übernehmen“, heißt es in dem Antrag. Die vollständige Rekultivierung der Grasnarbe beanspruche je nach Witterung drei bis fünf Wochen. „Bereits nach zwei bis drei Wochen ab Beginn der Rekultivierung sind alle Flächen wieder uneingeschränkt begehbar und grün. Die große Moorweide hat durch die Gastspiele in den Jahren 2017 und 2019 nachweislich keinen bleibenden Schaden genommen.“
Grüne und Christdemokraten bleiben bei ihrer Linie. „Wir möchten keinen Präzedenzfall schaffen, auch wenn wir das Konzept von Roncalli toll finden. Dass die Große Moorweide nicht für kommerzielle Veranstaltungen genutzt werden soll, ist ein politischer Beschluss. Wir können das nicht alle zwei Jahre wieder diskutieren“, sagt Ali Mir Agha, der Grünen-Fraktionschef. Die Moorweide soll für Fußgänger zugänglich bleiben und für Freizeit-Fußballspieler. „Wir wollen dort keine Großveranstaltung nach der anderen.“
CDU: Moorweide ist denkmalgeschütztes Gartendenkmal
Die CDU habe keine Probleme mit Roncalli oder anderen kulturellen Veranstaltungen, heißt es aus der CDU-Fraktion Eimsbüttel. Sie sehe aber auf der Moorweide Probleme. „Es handelt sich um ein denkmalgeschütztes Gartendenkmal als traditionelle Bürgerwiese für die Menschen in einem hochverdichteten Bereich mit wenig Grüncharakter. Bei zwei erteilten Ausnahmen mussten wir feststellen, dass es Monate dauerte, bis der alte Zustand wieder hergestellt war. Es geht auch darum, keinen Präzedenzfall zu schaffen, da es regelmäßige Anfragen zur Nutzung der Fläche gibt“, so Sascha Greshake von der CDU-Fraktion.
Ashkan Maleki, Geschäftsführer Roncalli: „Wir benötigen lediglich einen überschaubaren Teil der Moorweide, und wir haben dort in der Vergangenheit keinen nachwirkenden Schaden verursacht.“ Hamburg gehöre zu Roncallis wichtigsten Tourneestädten. Die zurückliegenden Jahre haben der Kulturwirtschaft großen Schaden zugefügt. Auch für Roncalli ist 2023 ein entscheidendes Jahr zurück in die Normalität. Maleki: „Eine Ablehnung hätte weitreichende Folgen nicht nur für Roncalli, sondern auch für sein Publikum. Subventionen erhält Roncalli nicht.“
Kompromiss beim Posaunentag 2024 auf der Großen Moorweide?
Etwas Bewegung kommt dagegen in den Zwist um den nicht kommerziellen Posaunentag. Wie berichtet, wollen Grüne und CDU im Bezirk den Eröffnungsgottesdienst ebenfalls nicht auf der Grünfläche stattfinden lassen. 15.000 Posaunisten möchten vom 3. bis 5. Mai 2024 dort gastieren. Fraktionschef Ali Mir Agha: „Wir arbeiten an einem Kompromiss, so dass wir den Posaunentag vielleicht doch noch hinbekommen.“
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