Hamburg. Er fuhr so schnell durch Eimsbüttel, dass sein Wagen vom Boden abhob, und verursachte eine Massenkarambolage. Nun steht er vor Gericht.

Erlaubt war Tempo 30. Doch das Auto war mehr als dreimal so schnell. Der BMW raste mit so hoher Geschwindigkeit über die Emilienstraße mitten in Hamburg, dass er für einen Moment sogar vom Boden abhob. Dann krachte das Fahrzeug gegen ein am Fahrbahnrand abgestelltes Auto, das durch den Aufprall in ein anderes geschoben wurde und dieses wiederum in ein weiteres. Insgesamt sieben Fahrzeuge waren von dem Crash betroffen. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.

Mehr als anderthalb Jahre liegt dieser Vorfall mittlerweile zurück. Und wenn Hakim J. (Name geändert), der das Unfallauto an jenem 18. November 2020 gefahren haben soll, jetzt im Prozess vor dem Amtsgericht auf die Vorwürfe angesprochen wird, blickt der 28-Jährige betrübt drein. Der Angeklagte leugnet nicht, an jenem späten Abend am Steuer des rasenden BMW 520 d gesessen zu haben, der laut Staatsanwaltschaft mindestens Tempo 100 draufhatte.

Doch ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen und eine Gefährdung des Straßenverkehrs, wie es die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwirft, habe er wohl nicht begangen, meint seine Verteidigerin. Auch wenn ihr Mandant möglicherweise erheblich zu schnell gefahren sei, „bedeutet das noch nicht, dass ein rücksichtsloses Verhalten vorliegt“, lautet die Argumentation der Anwältin.

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In dem Prozess wendet sich der Angeklagte gegen eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 50 Euro, die im Strafbefehlsverfahren verhängt wurde, also eine Entscheidung ohne Hauptverhandlung und nach Aktenlage. Es ist ein Strafmaß, das nach Einschätzung der Staatsanwältin ein „sehr, sehr gutes Angebot“ für den Angeklagten ist. Doch die Verteidigung will, dass die Beweisaufnahme durchgezogen wird. Vier Zeugen und ein Sachverständiger sind geladen.

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Ihr Mandant sei ein Flüchtling aus Afghanistan, erzählt die Verteidigerin. Er habe sich hier in Hamburg in der Gastronomie selbstständig gemacht, sei dann aber während der Corona-Krise in wirtschaftliche Probleme geraten und habe sein Geschäft verkauft. Von dem Erlös habe er den BMW erworben, um sich und seiner Frau „etwas Schönes“ zu leisten. An dem Tag, als der Unfall geschah, sei Hakim J., heute Vater dreier Kinder, erst zum zweiten Mal mit dem Wagen unterwegs gewesen. „Er war mit dem Fahrzeug überfordert.“

Möglicherweise habe er Gas und Bremse verwechselt und „einen Augenblick lang versagt. Er hatte nie vor, ein Rennen zu machen, schon gar nicht gegen sich selbst.“ Der Autofahrer sei „mit den Gedanken wohl woanders“ gewesen. Ob diese Argumentation beim Gericht gut ankommt, bleibt abzuwarten. Der Prozess wird fortgesetzt.