Hamburg. Schildkröten und Orang-Utans sind besonders rüstig. Das Geheimnis des langen Tierparklebens liegt auf der Hand.
Immer gutes Futter, keine Feinde weit und breit. Und ein Arzt schnell zur Stelle: Wer als Raubtier bei Hagenbeck und anderen modernen zoologischen Gärten lebt, kann mit einer längeren Lebensdauer rechnen als in der freien Wildbahn. Zu diesem Ergebnis kommt eine unlängst veröffentlichte internationale Studie der wissenschaftlichen Zeitschrift „Zoo Biology“.
Sie hat die Daten von insgesamt 160.000 Raubtieren ausgewertet. „Diese Erhebung ist eine sehr schöne Bestätigung dafür, dass vieles, was wir als Tierpark machen, richtig ist – und dass es auch den älteren Tieren bei uns gut geht“, freut sich Hagenbecks Zootierarzt Michael Flügger.
Ihr Zuhause ist eine Schlucht: Dort, in der ersten gitterlosen Raubtier-Freisichtanlage der Welt, lebt der Löwenmann Nawiri. Während die durchschnittliche Lebenserwartung eines männlichen Löwen in der freien Natur bei zehn Jahren liegt, zählt Nawiri bereits 15 Jahre. Und Mutter Tembesi ist schon 18 Jahre alt.
Tierpark in Hamburg: So alt sind die Tiere in Hagenbeck
Im Eismeer schwimmt derweil die Eisbärendame Iffy. Sie ist stolze 23 Jahre alt – das sind drei Jahre mehr als das durchschnittliche Höchstalter von 20 Jahren. Die Walrossdame Antje, das unvergessene Maskottchen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und 2003 gestorben, erreichte sogar das Methusalem-Alter von 27 Jahren. In der Regel leben Antjes Artgenossen im Polarmeer etwa 20 Jahre.
Wie der Zoologische Direktor bei Hagenbeck, Guido Westhoff, dem Abendblatt sagte, ist das derzeit älteste noch lebende Tier im Park eine Riesenschildkröte – Jahrgang 1945. Da lag Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg noch in Schutt und Asche. Weil diese Arten deutlich älter als 100 Jahre werden, liegt noch eine lange Wegstrecke vor der Riesenschildkröte, die sie bestimmt im artgerechten Schneckentempo absolvieren wird.
Elefanten im gleichen Jahr geboren wie Anne Will und Boris Becker
Das zweitälteste Tier bei Hagenbeck ist die Orang Utan-Dame Bella, Jahrgang 1961. Bella ist nach Angaben des Tierparks mit ihren 60 Jahren der älteste Sumatra-Orang-Utan der Welt. Deshalb steht sie nun im „Guinnessbuch der Weltrekordb als ältester bekannter Orang-Utan. In freier Wildbahn liegt die Lebenserwartung dieser Affenart bei rund 50 Jahren. Die Affendame lebt bereits seit 1964 in Stellingen und führte die Gruppe der Sumatra-Orang-Utans viele Jahrzehnte lang als ranghöchstes Weibchen an. In dieser Zeit bekam sie sechs eigene Kinder und zog zusätzlich Adoptivkinder groß.
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Auch Dickhäuter zählen zu den betagten Exemplaren. Die Elefanten Shandra und Mogli wurden 1966 bzw. 1967 geboren und sind damit so alt wie Anne Will oder Boris Becker.
Das Geheimnis des langen Tierparklebens liegt offenbar auf der Hand. „Ein Pflanzenfresser, der kaum Feinde hat wie eine Schildkröte oder ein Elefant, wird im Tierpark nur aufgrund der medizinischen Versorgung im Schnitt etwas älter als im Freiland“, sagt Guido Westhoff. Dass Raubtiere in Zoos immer älter werden, hat auch mit exzellenter Forschung zu tun: Experten wissen viel mehr über die Biologie der Tiere und können die Gehege und die Gruppengrößen entsprechend anpassen. „Außerdem ist die Fütterung heutzutage ausgewogener, weil wir notwendige Mineralstoffe und Vitamine ergänzen können“, sagt Zootierarzt Michael Flügger. Auch Medikamente und Narkosen seien inzwischen besser verträglich.