Hamburg . Auch erfahrene Feuerwehrleute sprechen von einem „schlimmen Einsatz“. Ob das Mädchen überleben wird, ist weiterhin unklar.

Die Flammen haben sich fast bis zum Dachstuhl hochgefressen, als der erste Löschzug eintrifft. Der Rauch steht wie eine Nebelwand vor dem Gebäude. Es ist gegen 19 Uhr am Montag, nahe des Innocentiaparks an der Werderstraße. In einer Harvestehuder Villa ist ein Feuer ausgebrochen, aus dem im Vollbrand stehenden Erdgeschoss dringen Hilfeschreie. An einem Fenster im Dachgeschoss sehen die Feuerwehrleute eine junge Frau. Bis zuletzt hat sie telefonisch Kontakt mit einem Disponenten der Notrufzentrale gehalten, erzählt ein Feuerwehrmann. Doch plötzlich bricht sie zusammen.

Danach muss alles ganz schnell gehen. So schnell, dass ein Feuerwehrmann nicht einmal mehr die Zeit findet, sich einen Atemschutz überzustreifen, erzählt der Beamte. Einmal, zweimal muss die Drehleiter ansetzen, dann gelingt es ihm, das bewusstlose Mädchen aus dem Dachgeschoss ins Freie zu retten. Wie sich herausstellt, hat die 17-Jährige eine Rauchgasvergiftung erlitten. Sie wird noch am Brandort reanimiert, anschließend in ein künstliches Koma versetzt und mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus transportiert.

Brandursache ist noch ungeklärt

Die Feuerwehrleute haben aufopferungsvoll gekämpft – gegen das Feuer und um das Leben der 17-Jährigen. "Das war ein schlimmer Einsatz", sagt der Feuerwehrmann. "Jeder, der selber Kinder hat, kann das nachempfinden."

Doch auch am Dienstag ist nicht klar, ob das Drama an der Werderstraße ein glückliches Ende finden, ob das junge Brandopfer überleben wird. Nach Angaben der Polizei schwebte das Mädchen am Dienstagnachmittag noch immer in Lebensgefahr. Unklar ist auch noch die Brandursache. Es gebe aber erste Hinweise, dass ein technischer Defekt den Brand ausgelöst haben könnte, sagte Polizeisprecherin Heike Uhde. In den kommenden Tagen sollen daher Sachverständige und Gutachter die Ruine inspizieren.

Feuerwehrmann atmete Rauchgase ein

Bei dem Brand waren noch vier weitere Personen verletzt worden. Eine 59 Jahre alte Nachbarin, die einen Schlüssel für die Villa besitzt, wollte der Feuerwehr die Eingangstür zu dem brennenden Gebäude aufschließen, dabei erlitt sie eine Rauchvergiftung. Ungewöhnlich: Auch drei Feuerwehrleute mussten ins Krankenhaus transportiert werden.

Der Feuerwehrmann, der die 17-Jährige aus dem Dachgeschoss gerettet hatte, hatte ebenfalls giftige Rauchgase eingeatmet. Sein Kollege verbrühte sich die Schulter, als Löschwasser auf die Flammen traf und zu glühend heißem Wasserdampf zerstob. Ein weiterer Feuerwehrmann erlitt eine Handverbrennung durch herabfallende, brennende Deckenelemente.

Seit Neujahr sechs Tote bei Wohnungsbränden

Gegen 22 Uhr hatte die Feuerwehr das Feuer weitgehend gelöscht, eine Brandwache war allerdings noch bis gegen 1.30 Uhr mit Nachlöscharbeiten beschäftigt. Insgesamt waren zwei Löschzüge, mehrere Rettungswagen, 49 Feuerwehrleute, Sanitäter und Notärzte im Einsatz.

Rauchgasintoxikationen sind nach Angaben des deutschen Feuerwehrverbandes die mit Abstand häufigste Todesursache bei Gebäudebränden – sie betrifft bis zu 90 Prozent der Brandtoten in Deutschland. Hintergrund: Bei der Verbrennung von Materialien entsteht ein giftiges Gasgemisch, bei geringer Luftzufuhr unter anderem auch Kohlenmonoxid – das Gas bindet sich bis zu 400-mal stärker als Sauerstoff an den Blutfarbstoff und führt so zum Ersticken. Betroffene müssen unverzüglich an die frische Luft gebracht und mit Sauerstoff behandelt werden.

Seit Neujahr sind bei Wohnungsbränden in Hamburg sechs Menschen ums Leben gekommen. Allerdings waren nicht alle Opfer durch Feuer oder Rauch getötet worden.