Hamburg. DHL zieht ein Team von Paketboten in einen anderen Bezirk ab. Die Bürger rund um den Heußweg wollen sich damit nicht abfinden.
Auf dem Heck des gelben DHL-Transporters, der am Freitagmittag auf dem Gehsteig des Heußwegs geparkt ist, prangt prominent ein weißer Aufkleber: „Wir suchen Paketzusteller/innen.“ Darunter die Kontaktdaten, unter denen sich Bewerber melden können. „Spaß an einer selbstständigen Arbeit, viel frischer Luft und Kontakt zu netten Menschen“, das nennt das Logistikunternehmen als Einstellungsvoraussetzung und verspricht im Gegenzug: „hervorragende Sozialleistungen, konkurrenzfähige Gehaltsstrukturen und entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten“.
Hier, rund um den Heußweg in Hamburg-Eimsbüttel, brauchen sie keine Paketzusteller/innen zu suchen – es gibt sie bereits. Es ist das Team um Ali, den Chef, und seine Italiener: Vincenzo, Alessandro, Miguel, Gabrio. Viele der Anwohner kennen ihre Boten längst beim Vornamen. Aber jetzt müssen sie sich an neue Namen gewöhnen. Denn Ali und sein Team werden in einen anderen Bezirk versetzt. So hat es die Deutsche Post DHL entschieden.
Constance Böhle will das nicht einfach hinnehmen. Die Katzentherapeutin hat deshalb eine Online-Petition gestartet, über die die „Eimsbütteler Nachrichten“ zunächst berichtet haben. Bis Freitagnachmittag haben bereits mehr als 350 Unterstützer unterschrieben. Zuvor hatte Böhle an jeder Haustür ihrer Nachbarn in der Wiesenstraße Zettel mit einem entsprechenden Aufruf aufgehängt. Das Ziel: Die DHL soll die Entscheidung zurücknehmen.
Über ihre Zusteller weiß Böhle nur Gutes zu berichten. Sie täten alles dafür, damit sie nicht ihre 30 Kilogramm schweren Katzenstreu-Pakete mühsam in der Postfiliale in der Karl-Schneider-Passage abholen müsse. Ali etwa wisse, dass er nur ein paar Häuser weiter klingeln müsse, wo ihr Vater wohne, der wiederum den Schlüssel zu ihrem Haus habe und ihn hereinlasse. Und bei all der Plackerei und Parkplatzsucherei hätten Ali und seine Männer immer ein freundliches Wort auf den Lippen.
Ärger mit der Paketzustellung? Kannten sie hier nicht. Das lassen zumindest die vielen lobenden Einträge schließen, die die Unterstützer auf der Petitionsseite hinterlassen haben. Ali, der „beste, lustigste, singende“ Zusteller, schaffe es immer, alle Pakete auszuliefern, und wisse sogar, wie die Kinder und Haustiere seiner Kunden hieße, schwärmt etwa Esther Roling. Die Friseurmeisterin Siiri Pflughaupt, die in Eimsbüttel zwei Läden betreibt, hatte schon vor vier Wochen via Facebook aufgefordert, die Post per E-Mail zum Umdenken zu bewegen. Sie sagt: „Wir hatten noch niemals so nette und zuverlässige DHL-Boten.“
Was die DHL sagt
Und jetzt, wo sich alles reibungslos eingespielt hat, soll das alles aufs Spiel gesetzt werden? Und vor allem: warum? „Eine unternehmerische Entscheidung“, erklärt ein Sprecher der Deutschen Post DHL Group dem Abendblatt. Die genauen Gründe blieben betriebsintern. Dass Zustellbezirke wechselten, komme schon einmal vor. Sosehr es das Unternehmen freue, dass die Arbeit der Zusteller bei den Kunden so viel Anerkennung finde: Die Petition ändere an der Entscheidung nichts. „Es gibt kein Anrecht auf einen bestimmten Zusteller“, sagt der Sprecher. Entscheidend aus Sicht des Unternehmens sei einzig, dass die Zustellung sichergestellt sei.
Der Bote, der am Freitag den DHL-Transporter am Heußweg geparkt hat, gehört nicht zu Alis Team. Er sei nur aushilfsweise in dem Zustellbezirk tätig, sagt er dem Abendblatt. Ein zweiter Zusteller, der wenige Meter weiter an der Osterstraße steht, ist erst vor zwei Monaten bei der DHL eingestiegen. Ihre Namen? Kennt im Viertel noch niemand.