Rotherbaum . Katrin Rauser hat ein Café im Grindelviertel eröffnet. Im BackSalon wird nach alten Familienrezepten gebacken.

Gemütliche Stühle mit grün-gestreiften Polstern und fuchsiafarbene Samtsessel laden zum Platznehmen ein. Eine blumige Tapete, Vasen mit Gerbera auf dunklen Holztischen und ein köstlicher Geruch nach Frischgebackenem runden den Eindruck von Behaglichkeit ab. Mit Valentinas BackSalon betritt Katrin Rauser nicht nur ein weiteres Mal in ihrem Leben Neuland. Sie hat im Grindelviertel das lang vermisste klassische Café eröffnet und bietet dort Senioren die Chance, sich mit dem Backen von Kuchen, Torten und Keksen die Rente aufzubessern.

Nachdem sie als Buchhändlerin unter anderem in der Kunsthalle tätig war, Sozialpädagogik studiert, in der Verwaltung der Volkshochschule gearbeitet und zwei Kitas mit aufgebaut hat, hatte sie Lust auf was anderes. „Es sollte ein Projekt sein, das Menschen zusammenbringt und meinen Fähigkeiten entspricht“, sagt Katrin Rauser (50). Ende vergangenen Jahres hörte sie von einer Backstube in München, in der Senioren tätig sind, und hospitierte dort einen Tag. Dann fand sie das Ladenlokal in der Schlüterstraße 79 – ganz in der Nähe ihrer Wohnung, und die Idee zum BackSalon war geboren.

Sieben Wochen nach Eröffnung bereits auf Expansionskurs

Sieben Wochen nach der Eröffnung ist sie bereits auf zaghaftem Expansionskurs. Gerade hat sich eine dritte Dame gemeldet, die in der Backstube hinter dem Café aktiv werden will. Katrin Rauser hat bereits Stammgäste, die ihren köstlichen Kuchen entweder vor Ort verzehren oder mit nach Hause nehmen. Und es gibt eine Kooperation mit dem Geschäft Kuchen-Revue in der Bornstraße. „Jetzt brauche ich noch ein paar Unternehmen, die ich beliefern kann“, sagt die Inhaberin. Dann könnte sie weitere Damen und Herren im Rentenalter beschäftigen. Diese könnten neben dem Backen auch die Auslieferung übernehmen.

Noch bringt sie ihre Kuchen aus finanziellen Gründen selbst zum Kunden. Sie kümmert sich auch ums Einkaufen und Putzen, um die Buchhaltung und die Küchengeräte. Und sie backt mit. „Das ist in der Summe ziemlich taff , aber momentan nicht anders möglich“, sagt Katrin Rauser.

Schon vor der Eröffnung von Backstube und Café hat sie malocht – und in nur fünf Wochen das Ladenlokal renoviert, tapeziert und gestrichen, mit Mobiliar und Geschirr aus dem Bekanntenkreis und vom Flohmarkt ausgestattet, hat einen Tresen gebaut und eine Küche mit vier Backöfen eingerichtet.

Käsekuchen wie bei Oma

Besonders schwierig gestaltete sich die Suche nach einem Namen – er sollte gleichermaßen persönlich und altmodisch klingen. „Ich hatte eine lange Liste mit Namen, die ich bei der Handelskammer auf den Titelschutz habe testen lassen“, erzählt sie. Dort wurde sie darauf hingewiesen, dass bei so gut wie allen Namen Schwierigkeiten drohte. Sogar der von ihr favorisierte Name „Kuchengold“, weil es das gleichnamige Dr.-Oetker-Feinwürzmittel gibt. „Ich habe dann extra mit dem Anwalt von Dr. Oetker telefoniert. Und er hat mir zu verstehen gegeben, dass ich bei der Verwendung dieses Namens Ärger bekommen würde“, sagt Katrin Rauser. Eine Freundin brachte sie dann auf die Idee, den Spitznamen zu nehmen, mit dem sie sie seit 30 Jahren immer wieder ansprach: Valentina.

Und warum BackSalon? „Weil in einem Salon die Menschen zusammenkommen. Und das tun sie hier auch“, sagt die Inhaberin. In einen Salon passt auch die Musik der Comedian Harmonists gut, die im Hintergrund läuft, und dass am 26. November Opernsängerin Bettina Rösel im Café Lieder aus den 20er- und 30er-Jahren singen wird. Jeden zweiten Sonntag gibt es ein Frühstück, dann öffnet Valentinas BackSalon bereits um 10 statt um 12.30 Uhr. Wochentags ist das Café (bis auf montags) von 11.30 Uhr bis 17.30 Uhr geöffnet. „Vielleicht kommen bald salzige Kuchen, etwa Quiches, dazu. Dann mache ich auch abends auf“, sagt Katrin Rauser.

Noch backen sie und ihre Mitarbeiterinnen nur Süßes – überwiegend nach alten Familienrezepten. Zum Angebot gehören der Käsekuchen nach ihrem eigenen Geheimrezept, der Bischofskuchen mit Schokolade, Mandeln und Rosinen nach dem Rezept ihrer Urgroßmutter, der sogenannte Enkelkuchen mit Schokolade, Haselnüssen und Kirschen, der seit 90 Jahren in der Familie von Mitarbeiterin Christine Wildner gebacken wird, die Quittentorte von Kollegin Christa Wedemeyer, außerdem Bratapfel- und Mohnstreuselkuchen, Zitronen- und Ingwerkekse. Dazu frisch aufgebrühter Kaffee, alles serviert auf feinem Porzellan – tatsächlich wie bei Oma.