Hamburg. Anwohner hatten ihrem Ärger Luft gemacht. Ein Flüchtling brachte sie zum Schweigen. Bezirksamt nimmt Kritik zur Größe an.
Heftige Kritik musste das Bezirksamt Eimsbüttel bei ihrer Infoveranstaltung zum geplanten Flüchtlingsdorf für 3000 Menschen in Eidelstedt einstecken. Auf einer Brachfläche am Hörgensweg sollen im Eilverfahren rund 600 Sozialwohnungen für Geflüchtete entstehen. Zu viele, findet die Bürgerinitiative "Sozial gerechtes Eidelstedt", die die Entstehung eines sozialen Brennpunktes fürchtet und am Mittwochabend in der Julius-Leber-Schule ihrem Ärger Luft gemacht hat.
Mehr als 500 Bürger waren nach Angaben der Behörde zu der Infoveranstaltung gekommen und haben die Pläne des Bezirks Eimsbüttel scharf kritisiert. Eidelstedt sei der sozial schwächste Stadtteil im Bezirk, ein großes Flüchtlingsdorf würde ihn überfordern, meint die Initiative. Die Gefahr sei groß, dass dort eine geschlossene Parallelgesellschaft entstehe. Die Initiative fordert an der Stelle deshalb eine Mischung aus Gewerbe, Eigentumswohnungen und Eigenheimen.
Flüchtlinge: Bezirksamtschef lobt sachliche Diskussion
"Wir hatten eine hitzige Diskussion mit den Bürgern", sagt Eimsbüttels Bezirksamtschef Torsten Sevecke (SPD) am Donnerstag. "Dabei haben wir als Verwaltung gelernt, dass die Bürger in erster Linie die Größe der Unterkunft mit 600 Sozialwohnungen, in denen zunächst Flüchtlinge wohnen sollen, kritisieren." Die Eidelstedter hätten zudem gute Gründe vorgebracht. "Ihnen geht es vor allem um eine ordentliche Durchmischung von Bestandswohnungen und Flüchtlingswohnungen", sagt Sevecke.
Neben dem Bezirksamtschef waren auch Matthias Kock, Staatsrat der Stadtentwicklungsbehörde, der Landesschulrat, Eimsbüttels Bau- und Sozialdezernenten, Vertreter des städtischen Unternehmens "Fördern & Wohnen" sowie der FeWa Grundstücksgesellschaft anwesend. "Die Diskussion wurde im Verlauf immer sachlicher und sehr konstruktiv", resümiert Sevecke. "Das Ergebnis der Diskussion ist, dass diese mit Sicherheit Auswirkungen auf das politische Meinungsbildung im Bezirk hinsichtlich der Unterkunftsgröße haben wird", sagte er dem Abendblatt. Oder anders ausgedrückt: Die Bezirkspolitiker werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch mal darüber sprechen, welche Größe tatsächlich für den Stadtteil sozial verträglich ist.
Flüchtling bringt Bürger zum Schweigen
Laut einem Bericht von NDR 90,3 forderte eine Initiative am Mittwochabend, die Pläne der Errichtung eines Flüchtlingsdorfes zu verwerfen. Insgesamt sei die Stimmung erhitzt gewesen und Anwohner, die sich offen für den Bau der Wohnungen für Geflüchtete aussprachen, wurden ausgebuht.
Für einen Moment der Stille sorgte ein anwesender Flüchtling, der sich trotz der vorangegangenen Proteste für die Unterstützung bedankte, die er im Land erfahren hat. "Ich danke Deutschland für die Hilfe. Deutschland ist ein Vorbild in der Flüchtlingskrise." Einige Anwohner machten daraufhin deutlich, dass sie auch ihren Stadtteil durchaus in der Verantwortung sehen, Flüchtlinge aufzunehmen. Sie kritisieren aber die Dimension der geplanten Großunterkünfte.
Kommentar: Geht aufeinander zu!
Wie das Abendblatt berichtete, will die Bürgerinitiative deshalb – ebenso wie weitere in den anderen sieben Bezirken - ein Bürgerbegehren gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Großunterkünften beantragen und so erreichen, dass die geflüchteten Menschen aus Krisenregionen auf andere Stadtteile verteilt werden.