Idylle durch Bauprojekt gefährdet. Zehn Stadthäuser am Grindel geplant. Laut Gerichtsurteil sind dort nicht einmal Stellplätze erlaubt.
Hamburg. Anwohner des Grindelhofs fürchten um ihre Hinterhofidylle: Zehn Stadthäuser sollen hinter der Hausnummer 87 in der Terrassenhaus-Gasse entstehen – dicht an den dort bereits bestehenden Gebäuden. Und dies, obwohl laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes aus dem Jahr 1994 an dieser Stelle nicht einmal der Bau von Autostellplätzen erlaubt ist.
Bendix, neun, und seine Schwester Carlotta, sieben, spielen Fußball auf dem Rasen. Mitten im Grindelviertel finden die Kinder im Hinterhof eine Oase vor– fast 18 Meter lang, 3000 Quadratmeter groß, fern von Autoverkehr und dem Trubel der Großstadt. „Das ist wohl einer der letzten Plätze, an denen man noch citynah mit Kindern wohnen kann“, sagt Vitus Brüning, der Vater von Bendix, Carlotta und der einjährigen Luisa. Dieser Hinterhof sei ein „Paradies mit funktionierender Nachbarschaft“, in dem jeder der rund 150 Anwohner aufeinander achte. Diese Idylle inmitten der Großstadt sei nun durch das geplante Bauprojekt gefährdet. Kämen die zehn Stadthäuser, verschwinde nicht nur die Rasenfläche für die 25Kinder, die in den benachbarten Wohnungen leben – die Bebauung, so fürchten Vitus Brüning und dessen Nachbarn, werde so eng, dass die Lebens- und Wohnqualität erheblich darunter leiden werde.
Laut Vorbescheidsantrag aus dem vergangenen Mai sollen sich die zehn Stadthäuser direkt an die Wände des Hauses Grindelhof 83 anschließen. „Hier befinden wir uns noch in der Prüfung, über das Ergebnis kann ich derzeit noch nichts sagen“, heißt es aus dem zuständigen Bezirksamt Eimsbüttel. Den ursprünglichen Vorbescheidsantrag für 22 Wohnungen – als Riegel parallel zu den Nachbarhäusern Grindelhof 83 und 89 geplant – hatte der Antragsteller zurückgezogen. Auf die Idee, dort nachzuverdichten, war die Eimsbütteler Verwaltung gekommen und hatte sich an den Grundstückseigentümer gewandt.
Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Hamburg dürfte das Tiefgaragendach jedoch gar nicht bebaut werden. Stattdessen lege die Baugenehmigung von 1959 fest, dass das Garagendach „gärtnerisch zu gestalten“ sei. „Zudem sei unklar, ob die Tragfähigkeit des Daches ausreiche“, heißt es weiter. Damals hatte die Eigentümerfamilie die Genehmigung von Fahrzeugstellplätzen beantragt – das wurde jedoch abgelehnt. „Die Auflagen sind auch für die weitere bauliche Ausnutzung des Grundstückes (...) bindend.“
Für Vitus Brüning und seinen Mitstreiter Axel Röpke steht fest: An der Stelle darf der Eigentümer gar nicht bauen. Die beiden Familienväter wundern sich darüber, dass sich die Verwaltung trotz dieses Urteils mit einer Bebauung am Grindelhof überhaupt weiter beschäftigt. Vielen Politikern war dieses Urteil offenbar jedoch gar nicht bekannt.
„Das Urteil lag der Verwaltung nicht vor“, sagt Michael Westenberger, CDU-Fraktionsvorsitzender im Bezirk. Der Sachbearbeiter damals habe vielleicht versäumt, es in die Akten zu legen. „Wir stimmen einer angemessenen Nachverdichtung zu, aber es muss auch funktionieren. Hier ist es zu dicht, Fenster an Fenster.“ Bevor das Thema vor Gericht lande, sollten sich Investoren, Politiker und Anwohner gemeinsam an einen Tisch setzen. Mechthild Führbaum (SPD), Vorsitzende der Bezirksversammlung, kennt das Urteil und sagt: „Dieses Urteil wird geprüft, bis dahin passiert überhaupt nichts mehr.“ In zwei Monaten wisse man mehr.
Doch wieso wurde dieses Grundstück überhaupt als bebaubar eingestuft? Offenbar weil ein Gerichtsurteil darauf keinen Einfluss hat: „Ein Bauantrag kann nicht von Vorneherein unter Hinweis auf ein bestehendes Gerichtsurteil abgelehnt werden. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – ablehnender Bescheid oder Baugenehmigung – wird jeder Bauantrag, jeder Vorbescheidsantrag einer umfänglichen Prüfung unterzogen, so wie es der Gesetzgeber auch vorsieht“, sagt Aileen Röpcke, Sprecherin des Bezirks Eimsbüttel.