Das Verwaltungsgericht gab einem Eilantrag von Anwohnern statt, die das Flüchtlingsheim an den Sophienterrassen in Harvestehude verhindern wollen. Scholz: „Wir können und werden das nicht akzeptieren.“

Hamburg. Nach dem gerichtlichen Baustopp für die Flüchtlingsunterkunft an der Sophienterrasse hat der Bezirk Eimsbüttel sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung angekündigt. „Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die von uns erteilte Baugenehmigung rechtmäßig ist“, sagte Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD). Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einem Eilantrag von Anwohnern, die sich gegen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft in dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt an der Sophienterrasse gewendet haben, stattgegeben.

Nach dieser Entscheidung darf das Vorhaben vorläufig nicht weitergeführt werden. Das städtische Unternehmen f&w fördern&wohnen, dass von der Sozialbehörde mit dem Betrieb und damit auch dem Umbau der Einrichtung beauftragt ist, reagierte sofort: „Die Bauarbeiten in dem Gebäude an der Sophienterrasse wurden sofort eingestellt“, sagte f+w-Chef Rembert Vaerst dem Abendblatt. Von der Entscheidung des Gerichts sei er überrascht, so Vaerst.

Sophienterrrasse liegt in „besonders geschützten Wohngebiet“

Die Antragsteller, deren Grundstücke im gleichen Baublock wie die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Wohnungslose liegen, könnten sich auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen, heißt es in der Begründung. Demnach weise der geltende Bebauungsplan das Areal als besonders geschütztes Wohngebiet aus. In der vorgesehenen Art und Weise, wie die Personen untergebracht werden sollen, handele es sich jedoch nicht um eine Wohnnutzung im engeren Sinne, sondern um eine wohnähnliche Nutzung in einer sozialen Einrichtung, der es an der auf Dauer angelegten Häuslichkeit und Freiwilligkeit des Aufenthalts fehle.

Ferner setze eine Wohnnutzung “ein Mindestmaß an Intimität voraus“, an der es ebenfalls fehle, wird in der Mitteilung aus dem Gerichtsurteil zitiert. Als Anlage für soziale Zwecke sei die geplante Einrichtung in dem behördlich genehmigten Umfang in einem besonders geschützten Wohngebiet daher unzulässig.

Unterschiedliche Reaktionen aus der Politik

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat die Ankündigung des Bezirksamts Eimsbüttel begrüßt, gegen die Gerichtsentscheidung zum Baustopp des Flüchtlingsheims vorzugehen. „Wir können und werden diese Entscheidung nicht akzeptieren“, sagte Scholz. Die Stadt Hamburg und deren Bürger verstünden die Unterbringung von Flüchtlingen als gesamtstädtische Aufgabe. „Es darf nicht darauf hinauslaufen, dass Unterkünfte für Flüchtlinge in einigen Stadtteilen möglich sind und in anderen nicht.“

Die Spitzenkandiaten der Grünen für die Bürgerschaftswahl, Katharina Fegebank und Jens Kerstan, bedauerten die Entscheidung in einer gemeinsamen Stellungname. „Die heutige Entscheidung ist bitter für die gesamte Stadt“, sagte Sozialexpertin Fegebank. Fraktionschef Jens Kerstan sagte: „Es ist traurig, dass die Ängste und der Egoismus Einzelner zu diesem Baustopp führen. Für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt ist das ein schlechtes Signal.“

Auch die Linken übten Kritik: „Von dem Urteil des Verwaltungsgerichts geht eine schlimme Botschaft aus: Menschen mit großer Beschwerdemacht, die es sich leisten können, viel Geld für die besten Rechtsanwälte auszugeben, können sich durchsetzen mit ihrer Weigerung, bei der Lösung gesellschaftlicher Aufgaben und Probleme mitzuwirken“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion der Linken, Christiane Schneider.

FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding sagte: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dokumentiert erneut die schweren Versäumnisse der SPD-Flüchtlingspolitik.“ Erst sei trotz stark ansteigenden Flüchtlingszustroms jahrelang nichts passiert, dann würden hektisch Unterkünfte gesucht, sogar auf der Grundlage des völlig ungeeigneten Polizeirechts. „Auf der Strecke bleiben die nötige Kommunikation mit den Anwohnern wie etwa in Farmsen oder die sorgfältige Prüfung verwaltungsrechtlicher Fragen wie jetzt an der Sophienterrasse.“

Unterstützerverein macht weiter

„Wir sind enttäuscht“, sagte die Vorsitzende des Vereins "Flüchtlingshilfe Harvestehude e.V.", Hendrikje Blandow-Schlegel. Allerdings sei angesichts des angekündigten Widerspruchs noch keine endgültige Entscheidung gefallen. „Die Arbeit des Vereins wird deshalb in keiner Weise beeinflusst“, hieß es. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass beeindruckend viele Harvestehuder Bürger die Flüchtlinge willkommen heißen. Die Vollversammlungen werden inzwischen von über 150 Helfern und Helferinnen besucht. Es gebe 90 Vereinsmitglieder und weit über 150 zusätzliche Unterstützer und Unterstützerinnen aus der unmittelbaren Umgebung in Harvestehude.