In Hoheluft liegt die erste neu gegründete Oberschule seit 14 Jahren. Für Eltern, Lehrer und Schüler ein Abenteuer mit lauter “ersten Malen“.
Hamburg. Ist schon Pause oder noch Unterricht? Für eine Pause ist es viel zu ruhig. Ein paar Mädchen spielen hinter der Sporthalle verstecken, ein Junge schaukelt, ein anderer schlendert durch das Dickicht. Es ist Pause am neuen Gymnasium Hoheluft, das in der vergangenen Woche eröffnet wurde und mit drei fünften Klassen in das Schuljahr gestartet ist.
Auf dem Schulhof im Stadtteil Hoheluft-West ist so viel Platz, dass sich die 83 Kinder gut verteilen und kaum zu sehen und zu hören sind. Die Schule an der Christian-Förster-Straße ist das erste neu gegründete Gymnasium in Hamburg seit 14 Jahren. Für Eltern, Lehrer und Schüler ist das ein Abenteuer mit lauter "ersten Malen". Zum ersten Mal wurden die neuen Schüler eingeschult. "Das war ein ganz wunderschönes Gefühl", sagt Pia Brüntrup, die Schulleiterin. Die Kollegen - es sind insgesamt zwölf Lehrer an der Schule - hatten ein Lied zu der Melodie von "Go West" von den Pet Shop Boys getextet, vorgetragen und die ersten Schüler bei der Feier in der Sporthalle so begrüßt. Die Eltern hätten gleich mit angepackt und die Stühle vom Schulgebäude in die Halle hinübergetragen, erzählt Pia Brüntrup. Es gehe eben sehr familiär zu.
Gibt es an den anderen Schulen meistens ältere Paten, die sich um die Neuankömmlinge kümmern, sind Hannah, Paul, Rasmus, Vincent aus der 5 b und die anderen zunächst die Einzigen und im kommenden Jahr automatisch die ältesten Kinder an der Schule. Sie finden das gut: "Wir sind hier die Ältesten, und es ist nicht so voll auf dem Schulhof", sagt Hannah. Die Zehnjährige ging bislang auf die Grundschule Hoheluft. Was Hannah freut, kann aber auch von Nachteil sein: "Es fehlen die großen, älteren Schüler, an denen sich die Jüngeren orientieren können", sagt Frau Brüntrup.
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Mit dem Heilwig-Gymnasium in Alsterdorf hat sie daher eine Patenschaft abgesprochen, damit die Fünftklässler doch etwas von den Großen erfahren können - welche Aufgaben Klassen- und Schulsprecher haben zum Beispiel. Die Stimmung sei eine ganz besondere. "Die Kinder finden hier etwas Neues vor. Es gibt keine Cliquen oder Seilschaften und eben auch noch keine eingefahrenen Strukturen", so Brüntrup, die Deutsch, Sport und Ethik unterrichtet. Während die anderen Gymnasien Rituale und Traditionen haben, ist hier alles neu. Darin sieht Pia Brüntrup, ganz Pädagogin, auch etwas Lehrreiches: "In dieser Entwicklung des Neuen können wir den Kindern auch beibringen, wie man improvisiert. Alle sind beim Entstehen dabei. Wir machen unsere Traditionen selbst." Das Einzige, was es an dieser Schule schon gab, sei der Hausmeister gewesen.
Die familiäre Atmosphäre sei wohl auch für viele Eltern ein Grund gewesen, ihr Kind am Gymnasium Hoheluft mit dem Schwerpunkt auf Naturwissenschaften, Ethik und Technik anzumelden. Ab der Mittelstufe kommen Management, Wirtschaft und Recht hinzu. Die benachbarten Gymnasien - das Helene-Lange-Gymnasium, das Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer und das Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium - mussten in den vergangenen Jahren immer wieder Bewerber abweisen, weil der Andrang so hoch war. Das neue Gymnasium soll einen Ausgleich schaffen. Pia Brüntrup: "Obwohl hier alles neu ist, sollen die Eltern nicht das Gefühl haben, ihre Kinder seien Versuchskaninchen." Es ist wohl diese Aufbruchstimmung, die alle zusammenschweißt. "Die Kollegen haben Lust, und diese Motivation überträgt sich auf die Kinder. Alle sind mit viel Engagement und Ideen dabei", sagt Frau Brüntrup.
So wie Maren Dellbrügger. "Ich kann hier von Anfang an mitgestalten, auch den Musikraum. Das ist im Berufsleben eine einmalige Chance, aus der Routine herauszukommen", sagt die Musiklehrerin. In der vergangenen Woche haben die Schüler und Lehrer zum ersten Mal an der Schule zu Mittag gegessen. Noch so eine Premiere.
Bevor der geplante Neubau mit einer Kantine und naturwissenschaftlichen Räumen gebaut wird, essen die Kinder in den Differenzierungsräumen. Das ist der Schulleiterin ganz wichtig. "Ich möchte nicht, dass in den Klassenräumen gegessen wird. Arbeit und Freizeit sollten schon getrennt werden." Den Caterer kennt Pia Brüntrup noch von ihrer Zeit als Abteilungsleiterin Mittelstufe am Heilwig-Gymnasium.
Ansonsten kommt es im Moment darauf an, improvisieren zu können. Meistens gehe es um banale Dinge, wie falsche Büromaterialien. Kaffeekannen, einen Beamer und ein Megafon hat sich Pia Brüntrup von der benachbarten Grundschule Hoheluft und vom Helene-Lange-Gymnasium ausgeliehen. Overheadprojektoren fehlen auch noch. Und weil in dem vierstöckigen Altbau, einer ehemaligen Grundschule aus dem Jahr 1907, noch umgebaut wird, haben es Lehrer und Schüler hin und wieder mit Lärm und Dreck zu tun. Immerhin: Die Klassenräume für die drei fünften Klassen sind rechtzeitig fertig geworden.
Irgendwann wird die Schule vierzügig sein und sich das Kollegium auf 70 Lehrer vergrößern. Spätestens dann muss auch die Drei-Feld-Sporthalle fertig sein. Bis es so weit ist, genießen die Schüler den Luxus, viel Platz zu haben. Paul freut sich darüber, dass noch nicht alles fertig ist: "Wir können unsere Ideen äußern und mitplanen."