Hamburg. Wo ist es in der Stadt am schönsten? Teil 8: Osdorf vereint in sich viele spannende Kontraste. Das macht den Reiz des Stadtteils aus.

Die Welt ist ein Dorf? Manchmal mag es einem so vorkommen, wenn man in einem entfernten Winkel einen Bekannten trifft. Doch in diesem Stadtteil ist der Name Programm. Osdorf liegt im Hamburger Westen und gehört zum Bezirk Altona. Wer hier lebt, weiß um die Vorzüge des Viertels. Für Außenstehende mag es allerdings schwierig sein, sich in dem heterogenen Stadtteil zurechtzufinden, das viele mit der großen Hochhaussiedlung am Osdorfer Born gleichsetzen.

Doch das vorweg: In Hamburg gibt es keinen anderen Stadtteil, der so unterschätzt wird und so viele spannende Kontraste in sich vereint. Genau das macht den Reiz von Osdorf aus. Hier, wo die Ärmsten der Armen und die Reichsten der Reichen auf nur etwa 7,2 Quadratkilometern wohnen und wo es gleichzeitig auch noch einen alten Dorfkern gibt. Das passt doch alles nicht zusammen? O doch!

Zur Einordnung: Der Stadtteil erstreckt sich vom S-Bahnhof Hochkamp mit seinen vielen Villen im Süden bis hin zur Bornsiedlung, die ans schleswig-holsteinische Schenefeld und an Lurup angrenzt. Im Osten gehören noch das Elbe-Einkaufszentrum sowie der herrliche botanische Garten am S-Bahnhof Klein Flottbek dazu, der 2012 in „Loki Schmidt Garten“ umbenannt wurde und zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert ist. Im Westen schließen sich die Stadtteile Blankenese und Iserbrook an. Durchschnitten wird der Stadtteil durch die vierspurige Osdorfer Landstraße.

Je südlicher, desto teurer

Diese trennt die Welten vor allem für die, die darauf Wert legen. Denn je südlicher man von der Straße aus gesehen wohnt, desto teurer wird es, der soziale Status steigt. So verwundert es wohl nicht, dass bekannte Persönlichkeiten, wie die Unternehmerfamilie Otto, der ehemalige Hamburger Bürgermeister Christoph Ahlhaus oder Schauspieler Til Schweiger südlich des Osdorfer Äquators wohnten beziehungsweise auch noch leben. Obwohl Osdorf ein Dorf ist und die Bewohner somit wissen, welche Stars und Sternchen hier in welcher Villa leben, bleiben die Prominenten relativ unbehelligt.

Osdorf: Das sind die Fakten

  • Einwohner: 26.635
  • Davon unter 18: 5490
  • Über 65: 5814
  • Durchschnittseinkommen: 43.177 € (2013)
  • Fläche: 7,2 km²
  • Anzahl Kitas: 14
  • Anzahl Schulen: 4 Grundschulen 1 Gymnasium
  • Wohngebäude: 4066
  • Wohnungen: 12.655
  • Niedergelassene Ärzte: 71
  • Straftaten im Jahr 2018: Erfasst: 2104 Aufgeklärt: 1006

Wer sich mit dem Fahrrad am S-Bahnhof in Hochkamp auf eine Tour durch den Stadtteil aufmacht, unternimmt eine kleine Weltreise. Während im Osdorfer Villenviertel – geschützt durch die strenge Hochkampklausel im Grundbuch und in Kaufverträgen – derzeit repräsentative Behausungen für sechs Millionen Euro angeboten werden, finden sich in der Siedlung am Osdorfer Born noch Wohnungen mit Quadratmeterpreisen ab 6 Euro. Das liegt an dem hohen Anteil von mehr als 1000 Sozialwohnungen. Einst waren es noch deutlich mehr, was der in den 60/70er-Jahren entstandenen Siedlung ihren bis heute schlechten Ruf einbrachte.

Investitionen in soziale Infrastruktur

Dabei wurde zuletzt viel in die Sanierung und Modernisierung der Häuser sowie in die soziale Infrastruktur investiert. Der Osdorfer Born ist bei Weitem nicht mehr das Problemviertel, als das es in vielen Köpfen gilt. In den bis zu 21 Stockwerken hohen Gebäuden, die über die Osdorfer Feldmark, der grünen Lunge des Stadtteils, hinwegragen, leben etwa 13.000 Menschen – rund die Hälfte aller Bewohner Osdorfs. Das mag nicht so schön anzusehen sein wie die herrschaftlichen Villen Hochkamps, dafür ist ein Besuch auf dem Markt am Osdorfer Born durchaus mit manchem orientalischen Basar vergleichbar.

Der Botanische Garten der Uni Hamburg wurde 2012 zu Ehren von Loki Schmidt nach ihr benannt.
Der Botanische Garten der Uni Hamburg wurde 2012 zu Ehren von Loki Schmidt nach ihr benannt. © Roland Magunia

Während der Osdorfer Born leider trotzdem oft eine Welt für sich bleibt, gibt es zwei Dreh- und Angelpunkte, an denen die Bewohner sich treffen. Unweigerlich läuft man immer einem Nachbarn, Schulfreund, Verwandten oder Bekannten im Elbe-Einkaufszentrum über den Weg. Das Center war schon bei seiner Eröffnung 1966 mehr als nur eine Shoppingmeile. Das auf der grünen Wiese für 200 Millionen D-Mark erbaute Center etablierte sich schnell als Treffpunkt und Ausflugsziel. In meiner Kinderzeit ging es mit der Familie oft per Rad hierher zum Kaffeetrinken und Bummeln. Vor dem großen Umbau 1993 saß man draußen auf den Mauern der Blumenbeete und beobachtete die vielen Tauben und Spatzen vor Hertie, heute sitzen die Besucher deutlich trockener unter einer Glaskuppel.

Die heutige Verkaufsfläche von insgesamt 43.000 Quadratmetern zieht aber nicht nur die Osdorfer Nachbarschaft an. 23.000 Besucher zählt das Einkaufszentrum laut Management pro Tag, an den Autokennzeichen lässt sich unschwer erkennen, dass es die auch von außerhalb Hamburgs herzieht.

23.000 Besucher pro Tag im Elbe-Einkaufszentrum

Deutlich mehr unter sich sind die Osdorfer im Dorfkern rund um den Rugenbarg. Dank einiger gut erhalten gebliebener historischer Reetdachhäuser, die heute unter anderem ein Reitsportgeschäft, ein chinesisches Restaurant, einen Gemüsehändler und eine Eisdiele beherbergen, ist die Stadtteilmitte sehr beschaulich geblieben und dabei anziehend. An heißen Tagen bilden sich lange Schlangen vorm Eiscafé. Steine, Mauern, Fahrradbügel dienen dann als Sitzgelegenheiten.

Der Heidbarghof wird von einer Stiftung im Sinne der letzten Inhaberin erhalten – als Kulturzentrum.
Der Heidbarghof wird von einer Stiftung im Sinne der letzten Inhaberin erhalten – als Kulturzentrum. © Katy Krause

Ein Genuss sind auch zumeist die kulturellen Veranstaltungen im Heidbarghof. Eine Stiftung kümmert sich um das Erbe im Sinne der letzten Hofbesitzerin Elisabeth Gätgens, die das reetgedeckte Gebäude samt Anwesen den Osdorfern nach ihrem Tod im Jahr 1982 als kulturelles Zentrum vermachte. Heute werden zahlreiche Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen in den Räumen sowie dem sich anschließenden Bauerngarten veranstaltet. Da die Räume auch für private Feiern vermietet werden, wurde hier auch schon so manche Hochzeit einen Steinwurf entfernt von der St.-Simeon-Kirche gefeiert.

Wer nun immer noch nicht überzeugt ist: Osdorf verfügt zudem über ein Kino, ein Freibad, viele Parkanlagen, das Hamburger Kindermuseum Kl!ck, die Internationale Schule und das Zentrum für Schulbiologie und Umwelterziehung (ZSU) mit Tierstation und Energiewerkstatt. Ein weiterer Beweis dafür, dass dieser Stadtteil viel spannender als sein Ruf ist und es sich hier gut leben lässt: Die wenigsten zieht es weg. Wer hier groß geworden ist, so wie ich, bleibt auf der Ecke – zumindest, wenn es die steigenden Immobilienpreise zulassen. Osdorf ist und bleibt damit hoffentlich ein Welt-Dorf.

Osdorf: Das sind die Highlights

osdorf.jpg

Loki Schmidt Garten

Botanischer Garten in Osdorf

weitere Videos

    Im Botanischen Garten der Universität gibt es zu jeder Jahreszeit etwas zu sehen. Gegenüber vom Klein Flottbeker Bahnhof findet sich der Eingang zur großzügigen Anlage, die seit 2012 den Namen „Loki Schmidt Garten“ trägt. Besucher können unterschiedliche Kontinente wie Asien und Amerika durchwandern. Zudem gibt es zahlreiche Veranstaltungen.

    Elbe-Einkaufszentrum

    Elbe Einkaufszentrum in Osdorf

    weitere Videos

      Das Elbe-Einkaufszentrum wurde am 12. Mai 1966 eröffnet. Das Gebäude war auf der grünen Wiese nach Vorbildern aus den USA, Skandinavien und den Niederlanden entstanden. 1993 wurde die Shoppingmeile aufwendig umgebaut und erweitert. Seither ist die 43.000 Quadratmeter große Fläche unter Glas. Weitere Erweiterungspläne werden diskutiert.

      Heidbarghof

      Heidbarghof in Osdorf

      weitere Videos

        Beim Heidbarghof handelt es sich um einen gut erhaltenen Resthof in der Dorfmitte mit wunderschönem Bauerngarten. Seine Besitzerin Elisabeth Gätgens schenkte den Osdorfern das Anwesen, das seither als Kulturzentrum genutzt wird. Eine Stiftung kümmert sich um den Erhalt des Hofes und organisiert Konzerte, Lesungen und Vorträge.