Kirchwerder. Gärtnermeister Klaus Timmann aus Kirchwerder will die Sehnsucht nach den süßen Früchten auch jenseits der Saison befriedigen können.

Weil das Geschäft mit Blumen immer schwieriger wurde, zog Klaus Timmann vor vier Jahren die Notbremse. Der Gärtnermeister aus Kirchwerder baut seitdem unter Glas Erdbeeren an, die er nicht in der Saison von Juni bis August verkauft, sondern außerhalb der Saison. Doch die Aufzucht der süßen, roten Früchte ist schwierig und für den Blumen- und Zierpflanzenbauer eine gänzlich neue Erfahrung.

Bisher seien die Ernten „schwierig“ gewesen, hat der 53-Jährige in keiner Saison den optimalen Ertrag gehabt. Doch Timmann will am Ball bleiben. Gerade hat er wieder Stecklinge gepflanzt, die er aus West-Deutschland bezog. Die Jungpflanzen bildeten schon nach zwei Tagen erste Triebe. „In zwei Wochen werden sie dichtes Blattwerk haben“, sagt der Gärtnermeister. Mitte bis Ende September möchte er möglichst viele reife Erdbeeren ernten.

Stecklinge bereits 2020 großgezogen und danach eingefroren

Timmann hat 3600 Pflanzen der Sorte Malling Centenary gekauft, die als Stecklinge von der Jungpflanzenfirma bereits im Frühjahr 2020 geerntet und bis zum Herbst großgezogen worden waren. „Dann wurden sie eingefroren. Erst vor einer Woche, als sie mir geliefert wurden, tauten sie auf“, sagt Timmann.

In seinen Gewächshäusern schlagen die Jungpflanzen Wurzeln. „Sie dazu zu bringen, ist die Kunst“, sagt Timmann. „Denn die Pflanze will jetzt Triebe produzieren, während sie ihre Wurzeln aufgrund der langen Tiefkühlung vernachlässigt.“ Deshalb sei das exakte Bewässern und Düngen der Erdbeeren von besonders großer Bedeutung. Er müsse die Pflanzen jeden Tag „genau im Blick haben“.

Steuerung des Wachstums ist eine diffizile Angelegenheit

Zumal jede Sorte anders reagiere. „Da ist der berühmte grüne Daumen gefragt.“ Timmann führt regelmäßig auch die Blütenstiele per Hand aus dem Blattwerk, „für die optimale Bestäubung durch meine Hummeln und optimales Wachstum“. Der Pflegeaufwand sei immens, zumal Timmann – wie die meisten Gärtner – in jahrzehntealten Gewächshäusern mit veralteter Technik arbeitet.

Die richtige Pflege der Beeren beanspruche viel Zeit, doch der 53-Jährige hat neben seinen Eltern, die als Altenteiler mithelfen, keine Mitarbeiter. Im Spätsommer möchte er allerdings „bei guter Entwicklung der Pflanzen und einem zu erwartenden hohen Ertrag“ Aushilfen engagieren.

Hälfte des Geschäfts weiterhin über Blumen

Schließlich müsse er sich auch um die Rosen, Dahlien und weiteren Blumen kümmern, die aktuell etwa die Hälfte seines Geschäfts ausmachen, müsse die Büroarbeit wuppen, ausliefern und auf dem Großmarkt stehen. Dort verkauft Timmann seine Blumen „an einem der kleinsten Stände, die es dort gibt“. Festangestellte Mitarbeiter könne er sich derzeit nicht erlauben: „Das ist für einen so kleinen Betrieb ein zu großes Wagnis.“

Diese Erdbeer-Jungpflanzen wachsen seit einer Woche unter Glas am Kirchwerder Hausdeich 20. Sie sollen in sechs, sieben Wochenreif für die Ernte sein.
Diese Erdbeer-Jungpflanzen wachsen seit einer Woche unter Glas am Kirchwerder Hausdeich 20. Sie sollen in sechs, sieben Wochenreif für die Ernte sein. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Der Erdbeerenbauer holt sich Tipps von seinen Jungpflanzen- und Substrat-Lieferanten, liest regelmäßig Fachzeitschriften. Er hatte einen Berater engagiert, doch der starb im vergangenen Jahr.

Klaus Timmann schwört auf die „Wimbledon-Beeren“

3600 Erdbeerpflanzen wachsen auf Timmanns Gelände am Kirchwerder Hausdeich 20. Er geht davon aus, dass sie – nach zwei Ernten, im Herbst und im Frühjahr – ebenso viele 500-Gramm-Schalen voller Erdbeeren füllen werden. „Spitzenbauern bekommen unter optimalen Bedingungen mehr als das Doppelte heraus“, weiß Timmann.

Die Sorte, die ursprünglich aus England stammt und mit Sahne in den Spielpausen der Tennis-Matches in Wimbledon angeboten wird, hat sich bisher auch bei Timmann bewährt. „Sie schmeckt super, also süß, fruchtig und saftig, sieht gut aus und ist stabil, also nicht anfällig für Druck- und Lagerungsstellen.“

Naschkatzen können bald 24 Stunden am Tag Früchte aus dem Automaten ziehen

Der Gärtnermeister wird seine „Wimbledon-Beeren“ an Cafés und Eisdielen in der Region verkaufen, auch an hiesige Einzelhändler, wie Feinkost Hillermann, Kirchenheerweg, Edeka Eggert, Durchdeich, Vierländer Markt, Neuengammer Hausdeich 215. Außerdem will Timmann „ab Mitte/Ende August“ einen Verkaufsautomaten neben der Zufahrt zu seinem Betrieb aufstellen. Dort werden Naschkatzen dann rund um die Uhr frische Erdbeeren aus Fächern ziehen können.