Kirchwerder. Kirchwerder. Bei „Querbeet“ präsentieren sich 21 kleine und große Betriebe aus dem Vier- und Marschlanden. So auch der Gartenbaubetrieb Timmann.
Wenn Klaus Timmann um 1 Uhr in der Nacht aufsteht und seine nur Stunden zuvor bestückten Rollwagen in den Transporter schiebt, um in den knapp 25 Kilometer entfernten Blumengroßmarkt zu fahren, dann weiß er genau: „Finanziell lohnt sich das kaum noch. Diese Art des Verkaufs ist längst überholt. Auch die Geschäftstreibenden stehen nicht mehr gerne so früh auf, lassen sich lieber beliefern.“
Nur drei Stunden später klingelt wieder der Wecker
Der 51-Jährige tut es dennoch: Jeden Montag, jeden Mittwoch, auch donnerstags und jeden Freitag. Seine Frau Kerstin, schüttelt bei diesem Thema nur mit dem Kopf.
Sie verlässt das Haus, wenn Klaus gegen 8.30 Uhr wieder zurück zum Kirchwerder Hausdeich 20 kommt. „Diese verschenkte Zeit kommt nie wieder“, sagt die 49-Jährige. Der Tag ist durchgetaktet. Selbst nach dem Abendbrot geht es weiter. „Meist Büroarbeit. Was am Tag liegengeblieben ist“, erklärt Klaus Timmann, während er Blumen für den nächsten Tag vorbereitet. Um 22 Uhr ist Schlafenszeit. Drei Stunden später klingelt er ja wieder – der Wecker.
Die Kinder Mirja (19) und Nils Bjarne (18) schlagen beruflich bisher andere Richtungen ein. Ob sie doch noch mit einsteigen, hängt auch von der Zukunftsfähigkeit des Familienbetriebs ab.
Schwerer Hagelschauer gleich zum Start
Oft denken Klaus und Kerstin an ihre Anfänge zurück, die schon anstrengend waren: Am 31. Juli 2004 gab es einen verheerenden Hagelschauer. Er zerstörte im Großteil der Region Glasscheiben fast aller Gewächshäuser: „Das war ein halbes Jahr, nachdem wir den Betrieb als Selbstständige übernommen hatten.“
Die Timmanns räumten auf – auch mit tatkräftiger Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren. „Nur 14 Tage später waren wir wieder in Produktion, ernteten Gerbera. Teilweise im Freiland.“
Zweites Standbein in der Augenarztpraxis
Andere Gärtner gaben schon damals auf, weitere schlossen in den folgenden Jahren. Doch nicht die Timmanns! Das gelingt, weil sie auch nach neuen Wegen suchen. Lange waren die bunten, facettenreichen Blumen das Ein und Alles für Klaus Timmann. Daher formte er aus dem 1966 von seinen Eltern gegründeten Betrieb, der vor allem für Gemüse stand, ab 1990 einen Fachbetrieb für Gerbera und Freilandkulturen. Nach Abitur, Ausbildung und einem Gärtner-Gesellenjahr in Stuttgart, übernahm er 2011 das Gelände in der Nähe seines Wohnhauses komplett. Ehefrau Kerstin arbeitet Teilzeit in einer Augenarztpraxis. Auch um geregelte Einkünfte zu sichern.
Einst Drittgrößter Anbieter, heute der Kleinste
Knapp 20 Gerbera-Sorten baut Timmann noch heute liebevoll in zwei seiner „kleinen Hütten“, wie er die Gewächshäuser nennt, an. Jede dieser „Hütten“ hat etwa 500 Quadratmeter Produktionsfläche. „So frisch wie bei uns, gibt es kaum Gerbera am Markt“, sagt Klaus Timmann. Die Blume sei aber zur Massenware aus dem Ausland geworden: „Leider. Von 20 Gerbera-Gärtnern in den Vier- und Marschlanden gibt es heute nur noch fünf. Wir waren mal der Drittgrößte Anbieter in Hamburg. Heute sind wir der Kleinste.“
Erdbeer-Eldorado entstand im Eigenbau
Doch das hat bei Timmanns auch einen „leckeren“ Grund: Sie sind unter die „Erdbeer-Bauern“ gegangen. Von April bis Juni und von September bis Dezember gibt es seit einem Jahr frische Erdbeeren aus Kirchwerder: „Die schmecken gut und sind etwas besonderes“, schwärmt Ehefrau Kerstin. Per Eigenbau hat die ganze Familie aus den Gerbera-Gewächshäusern ein Erdbeer-Eldorado erschaffen. Inklusive Bestäubungskonzept: „Wir haben Hummeln, die uns helfen. Am Ende der Saison entlasse ich sie in die Freiheit“, erklärt Klaus Timmann. Ihrem Flugeinsatz und Fleiß ist es zu verdanken, dass auf 2.600 Quadratmetern die Früchte reif und rot werden. Noch immer sind auch die Senior-Timmanns im Betrieb aktiv: Annegret (74) und Karlheinz (79) helfen bei der Pflege der Pflanzen.
Erstmals Führung für Besucher
Bei Querbeet öffnet der Betrieb am 28. April seine Gewächshäuser für eine Führung erstmals für Besucher: „So schaffen wir es, unser Wandlungspotenzial, unsere Kultur und unser Wissen unter die Leute zu bringen. Denn: Uns gibt es hier“, betont Timmann, ergänzt mit einem trotzigen „noch“.