Allermöhe. Es ist kein Denkmal aber vielleicht dennoch schützenswert? Liebhaber alter Gemäuer kritisieren das Vorgehen der Stadt.
Ein Bauzaun vor einer alten Kate am Allermöher Deich 385, an dem das Schild eines Abbruchunternehmens befestigt ist, sorgt auf Facebook für Diskussionen: Stefan Timmann vom Haus Anna Elbe machte im Internet seinem Ärger über den Abriss eines weiteren alten Hauses im Landgebiet Luft – und erntete mehr als 70 Kommentare.
Das Haus gehört der Stadt und steht – entgegen vieler Befürchtungen – nicht unter Denkmalschutz. Es erfülle wegen „gravierender Veränderungen“ die Kriterien nicht. So habe es etwa moderne Fenster, berichtet Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde. „Das Gebäude ist vom Denkmalschutzamt bereits mehrfach begutachtet worden.“
Warum kann das Haus nicht saniert werden?“, fragt Stefan Timmann
„Ich habe gleich gesehen, dass das Haus im Kern alt sein muss. Warum muss es abgerissen werden?“, fragt Timmann. Ein User hatte ihm berichtet, dass unter den Mauern etwa 350 Jahre altes Fachwerk stecke. „Man kann doch auch die alte, wertvolle Substanz erhalten, das Haus sanieren und dort neuen Wohnraum schaffen“, sagt Timmann. Besonders schade sei, dass die Stadt das Haus abreißen lässt. Sie ist seit mehr als
50 Jahren Eigentümer von Grund und Boden.
Nach Auskunft der Finanzbehörde war das Grundstück früher Teil eines größeren Hofs. Die Flächen seien nach und nach verkauft worden. Das soll nun abermals geschehen: Das heute noch 1774 Quadratmeter große Grundstück wurde bereits in zwei etwa gleich große Flurstücke geteilt, die für Wohnbebauung verkauft oder im Erbbaurecht vergeben werden – nach dem Abriss, der im September beendet sein soll. Deichsicherheit spiele in diesem Falle keine Rolle, teilt die Umweltbehörde mit.
Kate steht seit mehr als fünf Jahren leer
Das Haus war bis Ende 2015 verpachtet, berichtet Imme Mäder, Sprecherin der Finanzbehörde. „Seitdem steht es leer.“ inzwischen befinde es sich in einem „schlimmen baulichen Zustand“. Eigentum der Stadt sei auch in Allermöhe keine Seltenheit, teilt sie mit. Hamburg besitze dort mehrere landwirtschaftliche Flächen.
Jörg Froh (CDU) war im Zuge der Facebook-Diskussion angeschrieben worden. Er hatte zunächst die Befürchtung, dass die zuständigen Behörden nicht miteinander kommunizieren könnten und womöglich ein denkmalgeschütztes Haus abgerissen wird. Dies sei – mit einem Bauernhaus in Privatbesitz in Curslack – erst vor einigen Jahren passiert. Wie Timmann kritisiert er den aktuell geplanten Abriß: „Vielleicht ist das Haus doch erhaltenswert. Wer weiß, ob nicht alte Dachbalken oder andere Schätze beim Abriss zutage gefördert werden.“ Froh ärgert auch, dass die Politik nicht von der Verwaltung über solche Maßnahmen informiert werde: „Warum muss ich nach Hinweisen von Bürgern selbst recherchieren? Eine Mitteilung im Ausschuss, dass alles geprüft worden ist, würde ja reichen.“ Die Stadt lege angeblich Wert auf Denkmalschutz und den Erhalt der Kulturlandschaft, verhalte sich aber „alles andere als transparent“.
Öffentliche Hand soll Vorbildfunktion erfüllen
Nach Auskunft von Isermann sei die Stadt beim Schutz von Baudenkmälern noch mehr gefordert als Privateigentümer: „Nach Denkmalschutzgesetz ist es so, dass die Öffentliche Hand eine Vorbildfunktion erfüllen soll.“ Im Denkmalschutzgesetz steht, dass Hamburg „durch vorbildliche Unterhaltungsmaßnahmen an Denkmälern für den Wert des kulturellen Erbes in der Öffentlichkeit eintreten“ soll. Dies geschieht anscheinend nicht immer. So erntete die Stadt viel Kritik, als sie 2019 die denkmalgeschützten City-Hochhäuser in der Nähe des zum Weltkulturerbe gehörenden Hamburger Kontorhausviertels abreißen ließ. Sie begründete die Maßnahme mit Wohnungsbau. „Wenn Denkmalschutz besteht, darf es keine Privilegien geben“, sagt Traute Rohmann vom Grundeigentümerverein Bergedorf.