Hamburg. Die Behörde hat grünes Licht gegeben. Massive Kritik von der Opposition. Das sagt der Käufer des Filetgrundstücks.

Der Abriss des City-Hofs am Klosterwall kann beginnen: Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) hat den Abbruch der denkmalgeschützten Gebäude genehmigt. Bisher galt es zu klären, ob ein Abriss des Ensembles den Unesco-Welterbestatus von Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus gefährdet.

Vergangene Woche hat das Beratungsgremium der Unesco seinen Abschlussbericht an die Hamburger Verwaltung übermittelt. In diesem bedauert das Gremium zwar einen möglichen Abriss des City-Hofes im Sinne des Denkmalschutzes, stellt laut BSW jedoch keine Gefährdung des Welterbes fest.

Kultursenator: Haben uns Entscheidung nicht leicht gemacht

"Unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, den Abbruch des City-Hofes zu genehmigen und so eine Neubebauung des Areals zu ermöglichen", sagte Dorothee Stapelfeldt (SPD) am Mittwoch. Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen begrüßt die Entscheidung, die zu einer städtebaulichen Weiterentwicklung mit einem erheblichen Anteil an neuen Wohnungen und zu einer weiteren Belebung der Innenstadt führen werde. "Mit der künftigen Gestaltung des Areals werden wir uns behutsam auseinandersetzen“, sagte Stapelfeld.

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) betonte, dass man sich die Entscheidung zum Abriss des Gebäudeensembles "nicht leicht gemacht" habe. "Es wird weiter unsere Aufgabe sein, mit hoher Sensibilität die kommenden Entwicklungen zu begleiten. Hierbei werden wir auch die von Icomos im Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigen und weiter in engem Austausch mit der Unesco und Icomos bleiben.“

Kaufvertrag soll in Kürze unterzeichnet werden

Wie berichtet, will die Stadt den City-Hof verkaufen: Der Hamburger Projektwickler Aug. Prien hatte ein Kaufangebot über 35,2 Millionen Euro für das Filetgrundstück gemacht. Nachdem nun die Abbruchgenehmigung vorliegt, soll nach Abendblatt-Informationen in Kürze der Kaufvertrag unterzeichnet werden. Auf dem Areal plant Aug. Prien ein neues Quartier mit rund 150 Mietwohnungen, davon ein Drittel öffentlich gefördert. Im Erdgeschoss des Gebäudeensembles mit bis zu zehn Etagen sollen Flächen für Einzelhandel, Gastronomie und Kulturschaffende entstehen.

Außerdem sind rund 17.500 Quadratmeter Bürofläche und ein Vier-Sterne-Hotel der Marke Novotel mit Restaurant, Konferenzräumen und rund 225 Zimmern geplant. Auch Hamburgs höchste Kita, die auf dem Dach in der 9. Etage entsteht, ist Bestandteil des Bauvorhabens.

So reagierte der Projektentwickler Aug. Prien

Auf Abendblatt-Anfrage sagte Aug. Prien-Geschäftsführer Jan Petersen: „Wir sind sehr erleichtert, dass wir nun Planungssicherheit haben und endlich mit der konkreten Umsetzung dieses wichtigen städtebaulichen Projekts beginnen können.“ Petersen ist wichtig: „Wir werden dieses Bauvorhaben in enger Abstimmung mit dem Bezirk und BSW realisieren. Wir sind überzeugt, dass der jetzt vorliegende Entwurf eine städtebaulich sehr gute, aber unaufdringliche Ergänzung zu den herausragenden Kulturdenkmälern des Kontorhausviertels darstellt.“

Den ersten Preis im Rahmen eines internationales Architekturwettbewerbs hatte das Hamburger Büro KPW Architekten erhalten. Mit der Baustelleneinrichtung rund um die Gebäude wurde bereits am Mittwoch begonnen. Die Abbrucharbeiten sollen im Mai starten und der Investor geht von etwa einem Jahr aus, bis die City-Hochhäuser abgebrochen sind. Nach dem aktuellen Zeitplan soll im Herbst 2020 die Grundsteinlegung erfolgen. Die Fertigstellung ist für 2023 geplant.

Der Abriss-Plan hatte bei Denkmalschützern harsche Kritik ausgelöst – nicht nur, weil die Stadt in diesem Fall nicht ihrer Pflicht zum vorbildlichen Umgang mit Denkmälern nachkommt, sondern auch, weil der Neubau angeblich Sichtachsen auf das welterbegeschützte Kontorhausviertel verstellen würde.

Sicherung des City-Hofs kostet sechsstellige Summe

Im August 2018 waren zwei Expertinnen von Icomos International – ein die Unesco beratendes Gremium – in Hamburg. Sie hatten sich vor Ort einen Eindruck verschafft, sich von Abrissgegnern und -befürwortern berichten lassen und von der Stadt eine Fülle von Dokumente erhalten. Bereits im November vergangenen Jahres hatte die Stadt bekannt gegeben, dass das Unesco-Welterbezentrum bei einem Abriss des City-Hofs keine möglichen negativen Auswirkungen auf die Welterbestätte Kontorhausviertel und Speicherstadt sehe. Damals hatte sich die Stadt auf eine Aussage des Auswärtigen Amts verlassen. Der Berliner Behörde lag der Abschlussbericht zu diesem Zeitpunkt im Gegensatz zur Hansestadt bereits vor.

Die vier maroden Hochhäuser am Klosterwall stehen seit Mai 2018 leer. Sie werden mit Holzplatten vor ungebetenen Besuchern geschützt. Für die Sicherung des City-Hofs hat die Stadt schon eine stolze Summe Geld ausgegeben. Im Zeitraum vom 1. Juni vergangenen Jahres bis zum 31. Januar 2019 sind rund 210.000 Euro netto für den Sicherheitsdienst sowie die mobilen Alarmanlagen und rund 60.000 Euro netto für die weitere Sicherung des Gebäudes aufgewandt worden.

CDU: "Senat bestärkt erneut Hamburgs Image als Freie und Abrissstadt"

Massive Kritik kam am Mittwoch von der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Die überstürzte Entscheidung von SPD und Grünen zum Abriss des City-Hofes sei ein Trauerspiel für Hamburgs Denkmalschutz, teilten die Christdemokraten mit. „Rot-Grün und Denkmalschutz passen in Hamburg einfach nicht zusammen", sagte Dietrich Wersich, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Anstatt den denkmalgeschützten City-Hof endlich wieder zu einem Schmuckstück aufzuwerten, werde er stattdessen ohne eine städtebaulich überzeugende Alternative platt gemacht.

Wersich wies darauf hin, dass der Neubauentwurf wichtige Sichtachsen auf das Unesco-Welterbe Kontorhausviertel verstelle. "Zudem schafft Rot-Grün mit der Abrissgenehmigung endgültig vollendete Tatsachen, ohne zuvor den Bericht der Unesco-Experten von Icomos in den parlamentarischen Gremien der Bürgerschaft vorzulegen und zu diskutieren – Transparenz und demokratischer Stil ist das jedenfalls nicht, obendrein bestärkt der Senat erneut Hamburgs Image als Freie und Abrissstadt. Zum Fremdschämen!“

Linken-Fraktion: "Denkmalschutz wird mit Füßen getreten"

Auch die Linken-Bürgerschaftsfraktion reagierte empört auf die Abriss-Nachricht. „Die Farce geht weiter. Der Senat bleibt seiner Linie treu, den City-Hof um jeden Preis abzureißen“, sagte die Linken-Stadtentwicklungsexpertin Heike Sudmann. Der Senat erteile eine Abrissgenehmigung, ohne eine Garantie für einen Neubau an derselben Stelle zu haben. "Zudem fehlt nicht nur die Zustimmung der Unesco zu dem architektonisch sehr umstrittenen Neubau, sondern auch ein rechtssicherer Bebauungsplan. Sudmann: "Was wird das? Augen zu und durch?“

Die Äußerungen von Senator Brosda, der Senat habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, sind nach Ansicht der Linken-Fraktion blanker Hohn. "Der Denkmalschutz wird mit Füßen getreten, das rechtmäßige Bebauungsplanverfahren wird nicht abgewartet", sagte Sudmann. "Hauptsache, die ungeliebten Häuser sind weg. Tiefer kann ein Senat kaum sinken.“

FDP: "Ein Tiefschlag für den Denkmalschutz in Hamburg"

Als "rot-grüne Farce" bezeichnete die FDP-Bürgerschaftsfraktion den Umgang mit dem City-Hof. „In Zeiten, in denen gerade von Politikern die Bedeutung von Identität und Individualität der Städte gepriesen wird, ist dies ein Tiefschlag für den Denkmalschutz in unserer Stadt", sagte Jens P. Meyer, der kultur- und stadtentwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Der Senat setze sich mit seiner Entscheidung über große Bedenken aus der gesamten Fachwelt hinweg.

"Damit verstößt er gegen sein eigenes Denkmalschutzgesetz, das vorbildhafte Denkmalpflege insbesondere von städtischen Immobilien vorschreibt", kritisierte Meyer. "Das gesamte Verfahren über den Umgang mit dem City-Hof war von Beginn an von Intransparenz und Trickserei geprägt. Bezeichnend ist, dass der HVV gestern – einen Tag vor dem Senat – mit seinen Fahrplanhinweisen den Abriss bereits bekanntgegeben hat.“

Grüne: "Abriss um jeden Preis hat es für uns nie gegeben"

Die Grünen-Bürgerschaftsfraktion stellt hingegen die neuen Perspektiven für das Quartier am Klosterwall in den Vordergrund. "Wir sind jetzt offenbar auf der sicheren Seite: Ein Abriss des City-Hofes stellt keine Beeinträchtigung des Welterbestatus für das Kontorhausviertel dar. Das war und ist für uns oberste Maxime", sagte der Grünen-Stadtentwicklungsexperte Olaf Duge und stellte klar: "Einen Abriss um jeden Preis hat es für uns nie gegeben."

Die Grünen plädieren für einen Blick in die Zukunft. So schaffe der nun eingeleitete Abriss des City-Hofes auch neue positive Perspektiven für einen deutlich attraktiveren Klosterwall und eine Aufwertung des Kontorhausviertels. Duge: "Insbesondere durch eine Umgestaltung eines parkplatzfreien Burchardplatzes. Hierbei werden wir hohe Ansprüche stellen, um das Quartier am Klosterwall wieder lebendig und lebenswert zu machen.“