Hamburg. Freiwillige Feuerwehr: Sebastian Struss (42) wurde wiedergewählt. Acht Marschländer Wehren hatten in 2020 insgesamt 681 Einsätze.

Als Sebastian Struss vor zwölf Jahren das Amt des Bereichsführers Marschlande übernahm, war er gerade mal 30 Jahre alt – und damit mit Abstand der jüngste in der Reihe der zwölf Bereichsführer Hamburgs, nach Landesbereichsführer und Vertreter das dritthöchste Amt der Freiwilligen Feuerwehren. Doch im vergangenen Jahrzehnt habe sich einiges getan, die gesamte Runde sei deutlich jünger geworden, resümiert Sebastian Struss.

Auch er wird noch mindestens sechs weitere Jahre ein Teil davon bleiben: Die Wehrführer und Vertreter der acht Marschländer Wehren wählten Sebastian Struss erneut zu ihrem Bereichsführer. „Ich fühle mich noch nicht dienstmüde und freue mich auf weitere sechs Jahre“, sagt der 42 Jahre alte Allermöher, der auf insgesamt 240 Marschländer Kameraden, darunter 20 Frauen, zählen kann.

Viel mehr Technik in der Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren

Insgesamt habe sich in der Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren in den vergangenen zwölf Jahren viel verändert, vor allem im technischen Bereich: „Früher gab es im Feuerherhaus ein Telefon und ein Faxgerät, das war’s“, erinnert sich Struss. Heute ist die Feuerwehr viel vernetzter, gibt es digitale Funkgeräte, sind die Fahrzeuge mit viel Technik ausgestattet, wird jedes Einsatzdetail dokumentiert.

Das stelle gerade in der Corona-Pandemie eine große Herausforderung dar: „Vor allem den Wehrführern wird derzeit viel abverlangt“, sagt Struss. Sei es im Aufbau von Corona-Teststationen inklusive Rekrutierung von Personal in kürzester Zeit oder der coronakonformen Anpassung sämtlicher Handlungsabläufe. „Das ist natürlich vollkommen in Ordnung, auch wir wollen kein Infektionsgeschehen in unseren Reihen haben, und das ist uns bisher auch gelungen“, sagt Sebastian Struss.

Arbeit der Feuerwehr durch die Pandemie keineswegs einfacher geworden

Dennoch sei die Arbeit der Feuerwehr – wie viele andere Lebensbereiche auch – durch die Pandemie keineswegs einfacher geworden. Sämtliche Treffen, Trainings, Ausbildungen und auch Ehrungen müssen seit einem Jahr aufgeschoben werden. Der Bereichsführer ist in Sorge, dass die Kameradschaft darunter leidet: „Feuerwehr bedeutet eben Praxis“, sagt er. Persönlich habe es ihn am meisten geschmerzt, dass auch das Treffen aller Mitglieder der Ehrenabteilungen in diesem Frühjahr ausfallen musste. „Normalerweise folgen dann etwa 90 Kameraden im Alter von 60 bis 94 Jahren der Einladung ins Fährhaus Tatenberg. Das ist schon immer etwas ganz Besonderes“, sagt Struss.

Schnellere Ausrückzeiten durch Homeoffice während der Pandemie

Etwas Positives habe die Pandemie aber auch bewirkt: „Wir haben schnellere Ausrückzeiten“, sagt er. Da viele Kameraden – wie auch Struss selbst, der seit Mitte 2020 als Abteilungsleiter einer Bergedorfer Firma für Kälte- und Lüftungsanlagen arbeitet – derzeit im Homeoffice tätig sind, stehe zum einen mehr Personal zur Verfügung und zum anderen hätten die Kameraden auch kurze Anfahrtswege zum Feuerwehrhaus. Insgesamt hatten die Marschländer Wehren im vergangenen Jahr 681 Einsätze, davon etwa die Hälfte Erstversorgungen, 111 Feuer und 108 technische Hilfeleistungen.

Nun setzt Sebastian Struss aber darauf, dass die Impfungen voranschreiten und die Feuerwehr so im Alltag wieder ein Stück weit mehr Sicherheit bekommt und zu neuer Normalität zurückfindet. „Ich hoffe, dass wir Mitte des Jahres deutlich weiter sind“ , sagt Struss.

Grundausbildung mit 22 jungen Kameraden aus allen Wehren

Vor allem hofft er auch, dass sich die Pandemie im Nachhinein nicht im Kinder- und Jugendbereich der Wehren niederschlägt und alle Mädchen und Jungen weiterhin dabeibleiben. Schließlich hätten sich die Jugendabteilungen in den vergangenen Jahren durch die gute Arbeit der Marschländer Wehren positiv entwickelt, haben mittlerweile sieben von acht Wehren eine eigene Jugendfeuerwehr. Insgesamt 24 Mädchen und 54 Jungen sind dort aktiv sowie zwei Mädchen und zehn Jungen in der Mini-Feuerwehr der FF Hohendeich. „Und die möchten wir natürlich nicht wieder verlieren“, sagt der Bereichsführer.

Zumal auch die Einsatzabteilungen kräftig davon profitieren: Vier Frauen und 18 Männer haben gerade die Grundausbildung begonnen, darunter sind junge Kameraden von allen acht Wehren. Mit genügend Abstand und konsequentem Tragen der FFP2-Maske war der Start der Ausbildung im Kulturheim am Mittleren Landweg möglich. Bis Ende des Jahres werden sie dort zweimal in der Woche ausgebildet.

Zu wenig bezahlbarer Wohnraum für jungen Kameraden

Um sie auch für die Zukunft an die Wehren zu binden, ist bezahlbarer Wohnraum weiterhin ein großes Problem. „Wir verlieren immer wieder junge Leute, wenn sie von zu Hause in die erste eigene Wohnung ziehen und im Gebiet der Wehr nichts finden“, sagt Struss.

Im Quartier im Gleisdreieck sollte bei der Vergabe der aus der Flüchtlingsunterkunft in den freien Wohnungsmarkt übergegangenen Wohnungen bewusst Auszubildende und auch junge Feuerwehrleute bevorzugt werden. Davon habe man schon profitiert, fünf junge Kameraden hätten dort eine Wohnung gefunden, berichtet Struss. Das könne aber nur ein Anfang sein. Viel mehr müsse es eine Grundsatzentscheidung sein, wie Bebauung im Landgebiet künftig aussehen soll und auch auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für junge Leute geachtet werden, meint der Bereichsführer.

Zu wenig Platz im Feuerwehrhaus, aber zu wenig Geld für neue Häuser

Das Thema Bau betrifft auch die Feuerwehrhäuser der Marschlande: Alle Häuser – bis auf das der FF Allermöhe-Billwerder, deren Neubau bis Frühjahr 2022 am Allermöher Deich entstehen soll und das der FF Fünfhausen am Durchdeich – seien zu klein, um die aktuellen Anforderungen an Unfallverhütung, mehr Technik oder Trennung zwischen Einsatz- und Sozialbereich nachkommen zu können.

„Es gibt viel Bedarf, aber da scheitert es in der Regel am Geld“, stellt Sebastian Struss fest. Auch wenn die Kommunalpolitik im Bezirk Bergedorf sich fraktionsübergreifend für die Feuerwehr engagiere, so seien die Hürden auf dem Weg zu neuen Feuerwehrhäusern doch zu groß, um mit dem zur Verfügung stehenden Geld zusammenzupassen, meint Struss. „Hier müsste der finanzielle Topf deutlich an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden“, so der Bereichsführer.