Hamburg. Laden mit Café in den Marschlanden leidet unter den Folgen der Pandemie und des Kriegs. Nun zieht ein Familienbetrieb die Reißleine.

Die Krise der Gastronomie weitet sich auch im Bezirk Bergedorf aus. Ein weiterer Gastronom aus dem Landgebiet zieht die Reißleine: TorstenStender schließt seinen Hofladen mit Café am Tatenberger Deich 154. Personalmangel, extrem gestiegene Kosten und auch ein immer höherer bürokratischer Aufwand hätten zu dieser Entscheidung geführt, berichtet der 47-Jährige. Am Sonntag, 26. Februar, öffnen der beliebte Laden und das Café zum letzten Mal.

Stender hat beide Firmen – Hofladen und Gärtnerei – vor fünf Jahren übernommen, als sein Vater Günter Stender, heute 71, in den Ruhestand ging. Seitdem betreibt der 47-Jährige Hofladen und Café gemeinsam mit seiner Frau Anne-Kathrin (47). „Mein Vater hilft mit aus, hält sich aber im Hintergrund“, sagt der Junior.

Gastronomie Hamburg: Hofladen und Café schließen

Im Hofladen gibt es regionales Obst und Gemüse, weitere Lebensmittel (teilweise Bio), Blumen aus eigenem Anbau im Treibhaus, Dekorationsartikel und eine große Auswahl an Kuchen und Torten. „Früher haben wir das Gemüse, das wir verkaufen, ebenfalls selbst angebaut, irgendwann dann einen Teil zugekauft. Seit fünf, sechs Jahren kaufen wir es komplett ein“, sagt er.

Der gelernte Gärtnermeister will nun in seinem Treibhaus auch wieder Gemüse und Kartoffeln anbauen – und vom Sommer an in dem Holzhäuschen gegenüber dem Hofladen, in dem derzeit Gartenbaugeräte gelagert werden, verkaufen. „Wir planen einen Selbstbedienungsstand.“ Das Ganze soll allerdings in kleinem Maße passieren, denn Stender und seine Frau planen den Gemüseanbau und -verkauf nur nebenberuflich. Stender arbeitet vom 1. März an als Gärtnermeister für eine Reinbeker Gemüsebaufirma, „meine Frau sucht sich ebenfalls einen neuen Job“.

Vor Corona deutlich mehr Mitarbeiter im Einsatz

Neben seiner Frau beschäftigt er im Hofladen und Café zwei Teilzeitkräfte – einen gelernten Bäcker, der die Torten produziert, und eine Verkäuferin. Außerdem arbeiten in dem Gewerbebetrieb zwei Schüleraushilfen als Mini-Jobber. Bis vor Kurzem bestand das Team aus drei weiteren Mitarbeitern, die aber weggezogen sind oder keine Zeit mehr für einen Mini-Job haben. „Vor Corona waren an den Wochenenden hier bis zu zehn Mitarbeiter beschäftigt, nun sind es drei bis vier.“

Die Außenansicht des Hofladens, in dem seit 2006 Gemüse und Obst verkauft werden und wo es Kaffee und Kuchen gibt. 
Die Außenansicht des Hofladens, in dem seit 2006 Gemüse und Obst verkauft werden und wo es Kaffee und Kuchen gibt.  © Heyen

Neues Personal sei schwer zu bekommen, vor allem gutes, betont Stender. „Vor Corona haben regelmäßig Leute angefragt, ob sie bei uns arbeiten könnten, doch diese Zeiten sind längst vorbei.“ Die Personalknappheit sei besonders an den Wochenenden ein Problem. Schließlich würden Stender und seine Frau auch gern mal am Wochenende freihaben. „Von 52 Wochenenden im Jahr sind wir 46 oder 47 hier am Arbeiten. Mit sozialen Kontakten ist es da schwierig.“

Extrem gestiegene Kosten sind ein weiterer Grund, der das Ehepaar dazu bewogen hat, hinzuschmeißen: „Vor einem Jahr, vor dem Krieg in der Ukraine, haben wir für einen Liter Sahne durchschnittlich 2,30 Euro bezahlt. Heute sind es um die 5 Euro.“ In der gleichen Zeit sei der Preis für ein Kilogramm Zucker von 65 Cent auf 1,46 Euro gestiegen – „falls es keinen Lieferengpass gibt und Zucker überhaupt verfügbar ist“. Der Mehlpreis habe sich verdoppelt. 2006, als der neugebaute Hofladen im Mai eröffnet wurde, hätten die Stenders 17 Cent für die Kilowattstunde Strom bezahlt, nun seien es 38,8 Cent.

Tortenpreise nur um 20 Cent erhöht

Die Preise im Hofladen seien zwar leicht angehoben worden – so kostet etwa ein Stück Torte nun 4 statt 3,80 Euro –, „aber um die hohen Kosten im Einkauf auszugleichen, müssten wir eigentlich 5 oder 6 Euro nehmen“. Doch dann würden die Gäste ausbleiben.

Zurück zu den Anfängen: In dem Holzhaus gegenüber vom heutigen Hofladen soll vom Sommer an wieder Gemüse angeboten werden – an einem Selbstbedienungsstand.
Zurück zu den Anfängen: In dem Holzhaus gegenüber vom heutigen Hofladen soll vom Sommer an wieder Gemüse angeboten werden – an einem Selbstbedienungsstand. © Heyen

Die Familie Stender begann bereits 1989 mit der Direktvermarktung ihrer gärtnerischen Produkte – in dem Holzhaus, das nun wieder dafür genutzt werden soll. Anfangs habe der Schwerpunkt noch auf dem Verkauf von Gemüse und Zierpflanzen an Großhändler auf dem Hamburger Großmarkt gelegen, doch die Direktvermarktung habe mehr und mehr Raum eingenommen, die Palette der angebotenen Grünwaren sei immer vielfältiger geworden. „Mitte der 90er-Jahre haben wir zuletzt auf dem Großmarkt verkauft.“

Deko-Artikel gibt es aktuell um die 50 Prozent reduziert

In der jüngeren Vergangenheit sei der Anteil an Dekoartikeln im Laden gestiegen. „Auch dafür zahlt man im Einkauf nun fast das Doppelte.“ Stender habe gerade, kurz vor Schließung seines Geschäfts, eine Lieferung aus Fernost erhalten. „Die Ware habe ich bereits vor einem Jahr geordert. Das braucht ja viel Vorlauf und damals war noch nicht abzusehen, dass wir schließen werden.“ Dies habe er mit seiner Frau erst im Herbst beschlossen. Sämtliche Dekoartikel werden nun für 50 Prozent des ursprünglichen Preises angeboten. „Aufgrund des günstigen Preises verkaufen die sich nun besonders gut“, sagt der 47-Jährige.

Vor Corona hätten Kaffee und Kuchen den meisten Umsatz beschert, „während der Pandemie waren es dann regionale und Bio-Lebensmittel“. Doch der Umsatz im Bereich Lebensmittel sei „um mindestens 50 Prozent gesunken, weil die Menschen aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten sparen und im Discounter einkaufen“.

Kundin zeigt Stender wegen Diskriminierung an

Die Hochphasen der Pandemie seien „schwierig“ gewesen, auch weil es Probleme mit uneinsichtigen Kunden gegeben habe: „Eine Kundin hat mich sogar wegen Diskriminierung angezeigt, weil ich sie daran erinnerte, dass das Tragen einer Maske Pflicht sei.“

Extrem genervt sei der Firmenchef auch von steigenden bürokratischen Anforderungen: „Man ist eigentlich nur noch damit beschäftigt, seine Unschuld zu dokumentieren.“ Sein Vater habe vor Jahrzehnten die Buchhaltung an „höchstens einem Tag im Monat“ erledigt. „Meine Frau und ich benötigen dafür heute ein Vielfaches an Zeit.“ Unter anderem müsse täglich dokumentiert werden, wer wann ausgefegt und welcher Kühlschrank welche Temperatur habe.

Gebäude soll künftig vermietet werden

Ihm sei es wichtig, schuldenfrei aufzuhören, betont Stender. „Das Gebäude gehört uns. Wir planen, es zu vermieten, vielleicht an einen Handwerksbetrieb.“ Einen Nachfolger für Hofladen und Café werde er kaum finden, sagt Stender. Der müsste dann ja auch die Miete in seine Kalkulation einbeziehen. Das dürfte sich unter diesen schwierigen Bedingungen wirtschaftlich kaum lohnen.

Der Verkaufsraum ist 220 Quadratmeter groß, hinzu kommen auf 140 Quadratmetern Büro, Sanitär- und Kühlräume. Das Grundstück ist insgesamt 1200 Quadratmeter groß, hat viel Platz für Parkplätze. Stender ist unter Telefon 040/737 34 27 erreichbar. Café und Laden haben bis zur Schließung donnerstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.