Billwerder. Der Fußball-Oberligist holt einen langjährigen Regionalliga-Coach mit Bergedorfer Vergangenheit. Seine Motivation, seine Ziele.
Den Traditionsverein Altona 93 führte Berkan Algan 2019 in die Fußball-Regionalliga, wurde im selben Jahr zu Hamburgs Trainer des Jahres gewählt. Nun soll der 46-Jährige mit dem Fußball-Oberligisten ETSV Hamburg dasselbe schaffen. Die „Eisenbahner“ haben Algan als neuen Coach verpflichtet. „Für mich haben dabei zwei Punkte den Ausschlag gegeben“, sagte Algan. „Da ist zum einen das Vertrauen zu Sportchef Jassi Huremovic und zum anderen die Tatsache, dass der Verein seine Ziele so klar formuliert hat.“
Seit Monaten betont der Sportliche Leiter, Sascha „Jassi“ Huremovic, dass die Oberliga für den derzeitigen Tabellenzwölften ETSV Hamburg nur eine Durchgangsstation sein soll. Der Weg soll in absehbarer Zukunft in die Regionalliga führen. Huremovic und Berkan Algan sind alte Weggefährten, die sich seit Jahrzehnten kennen. „Ich weiß, dass er ein positiv Verrückter ist“, schwärmt der Sportliche Leiter von seiner Verpflichtung. „Berkan ist ein Hamburger Jung und ein akribischer Trainer, der die Spieler erreicht.“
Berkan Algan wird Coach beim ETSV Hamburg – Seine erste Trainingseinheit
Am Donnerstagabend leitete Algan zum ersten Mal das Training am Mittleren Landweg, will sich mit schnellen Entscheidungen aber zunächst noch zurückhalten. „Nach nur einem Tag Training schon komplett die Mannschaft zu führen, das schafft nur Merlin, der Zauberer“, betont Algan. „Für mich geht es nun erst einmal darum, die Spieler kennenzulernen.“ Gleich zu Beginn wird Algan jedoch zum Improvisieren gezwungen sein, denn die gesamte Innenverteidigung ist verletzt.
Doch das Potenzial bei den „Eisenbahnern“ sei groß, versichert der neue Coach. Zudem wolle man in der Winterpause personell kräftig nachlegen. „Zusammen verfügen wir im Hamburger Amateurfußball über ein riesiges Netzwerk“, schwärmt Huremovic, der nach der Trennung von den früheren Coaches Diamantis „Aki“ Cholevas und Matthias Märtens das Team zuletzt im Pokal als Interimscoach betreut hatte. Mit Erfolg: Der ETSV erreichte durch einen 6:3-Sieg beim SC Condor das Viertelfinale.
Algans Zeit beim FC Bergedorf endete schon nach wenigen Monaten
Im kommenden Jahr wird der ETSV Hamburg 100 Jahre alt. Dann will sich der Verein in der Oberliga etabliert haben. Vielleicht schon in der folgenden Saison sollen dann höhere Ziele angestrebt werden. Ein möglicher Aufstieg in die Regionalliga, das war schon einmal das Ziel, als Berkan Algan 2012 für einige Monate Trainer beim damaligen Oberligisten FC Bergedorf 85 war. Doch der Verein war für einen solchen Sprung nicht aufgestellt, das Engagement endete bereits in der Winterpause.
„Ich habe damals gedacht, der FC Bergedorf wäre im Osten das, was Altona 93 im Westen ist. Das hat sich leider nicht bewahrheitet“, blickt er zurück. Daher wäre es für Algan nun eine Herzensangelegenheit, einen solchen Aufstieg nun vielleicht mit einem anderen Club aus der Region zu schaffen. „Dem Hamburger Osten würde ein Regionalligist gut zu Gesicht stehen“, ist er überzeugt. „Es wäre eine Bereicherung für die ganze Region, für den Verein, die Fans, die Fußball spielenden Kinder.“
Als Spieler trug er sogar das Trikot der türkischen U21-Nationalmannschaft
Viermal pro Woche will Algan künftig mit seiner neuen Mannschaft trainieren. Ein enormer Aufwand, nicht zuletzt auch für ihn selbst, denn der 46-Jährige lebt in Rellingen, muss folglich für jede Einheit 35 Kilometer weit quer durch Hamburg pendeln. „Das muss man halt in Kauf nehmen“, zuckt Algan mit den Schultern, der als Spieler in der Saison 1999/2000 selbst in der Regionalliga gespielt hat und sogar dreimal für die türkische U21-Nationalmannschaft aufgelaufen ist.
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Er war ein Edeltechniker und begabter Spielmacher, aber auch einer, der in 15 Jahren 16 Mal den Verein gewechselt hat. Algan galt als Heißsporn auf dem Platz, als „schillernde Figur“ und „launische Diva“ (Hamburger Abendblatt/2010). „Zu Unrecht“, ist er überzeugt. „Ich war einfach nur konsequent. Ich kann nicht mit Herz und Verstand alles geben, wenn ich nicht den Respekt des Trainers spüre. Ich kann heute allen meinen früheren Trainern noch in die Augen schauen, aber nicht alle Trainer können mir noch in die Augen schauen.“
Respektvoller Umgang mit den Spielern steht für Algan über allem
Diese Erfahrungen sollen nun eine wichtige Leitlinie für seine Arbeit beim ETSV Hamburg werden. „Ich will mit den Spielern respektvoll umgehen und jeden einzelnen besser machen. Das ist meine wichtigste Aufgabe“, blickt er voraus. Schon in seinen Trainerjahren bei Altona 93 von 2015 bis 2020 hatte sich Berkan Algan selbst nach Niederlagen stets sehr zurückhaltend geäußert. Es waren seine erfolgreichsten Jahre als Coach „Als ich zu Altona 93 kam, hatten sie 570 Zuschauer, als ich ging 1400 und ein regionalligataugliches Stadion“, blickt er zurück.
Ob so etwas nun auch beim ETSV Hamburg möglich sein wird, muss die Zukunft zeigen. Am Montagmorgen erfahren die „Eisenbahner“ zunächst einmal bei der Auslosung auf Hamburg 1 (ab 7 Uhr) ihren Viertelfinalgegner im Lotto-Pokal. Als einziges Team aus dem Hamburger Osten haben sie es so weit geschafft. „Aber auf wen wir treffen, das interessiert mich im Moment noch gar nicht“, gibt Algan zu. „Die Spiele sind ja erst nächstes Jahr und es gibt in dieser Runde sowieso keine kleinen Gegner mehr. Jeder, der im Viertelfinale steht, hat sich das verdient.“
Berkan Algan: „Ich freue mich darauf, mit den Jungs zu arbeiten“
Stattdessen will er mit seinem Team in Ruhe an taktischen Dingen feilen, an den Abläufen arbeiten. „Es dauert, bis bei einem neu zusammengestellten Team ein Rädchen ins andere greift“, weiß Algan. „Aber die Jungs haben Qualität. Ich freue mich darauf, mit ihnen zu arbeiten.“