Reinbek. Bei der norddeutschen Jugendliga im Wentorf-Reinbeker Golf-Club messen sich Profis mit Anfängern. Warum das trotzdem fair ist.
Der große Ruhm ist beim Golf immer nur einen Schlag weit weg. „Gestern hätte ich beinahe ein Hole-in-one geschafft“, begeistert sich Kai Kompisch vom Wentorf-Reinbeker Golf-Club (WRGC) und zeigt mit seinen Fingern einen Abstand von vielleicht fünf Zentimetern an. „So knapp ging der Ball vorbei!“
Den Ball mit einem einzigen Schlag im Loch zu versenken, ein Hole-in-one also, das ist der Traum eines jeden Golfers. Dem 42-jährigen Kompisch, der in Reinbek eine Arztpraxis betreibt, ist dies noch nie gelungen. Es ist aber auch ein teurer Traum, denn bei Turnieren ist es üblich, dass ein Spieler, dem ein solcher Schlag gelingt, alle Teilnehmer einladen muss. Daher gibt es Hole-in-one-Versicherungen.
Golf-Club in Reinbek will attraktiver für Familien werden
Im Verein engagiert sich Kompisch als Jugendwart. Auf den ersten Blick ein Außenseiter-Job: Jeder zweite Golfer in Deutschland ist über 60 Jahre alt, der Anteil der Kinder und Jugendlichen hingegen liegt gerade mal bei fünf Prozent. Doch seitdem Golf während der Corona-Pandemie als eine Sportart mit viel Abstand einen regelrechten Boom erlebt hat, ist etwas in Bewegung geraten. Gerade hat der WRGC seinen ersten Schnupperkursus für den Nachwuchs ausgerichtet. „Es waren über 50 Kinder und Jugendliche da“, freut sich Kompisch.
Golf als Familiensport, das ist das Konzept. So wie bei Familie Christian, die vor einem Jahr im WRGC begonnen hat, den Schläger zu schwingen. „Unser sechsjähriger Sohn Oscar wollte das unbedingt“, erzählt die Mutter Isabel Christian. Nach einem Jahr sind alle immer noch mit Begeisterung dabei, und Tochter Clara Sophie (12) bestreitet nun sogar in der norddeutschen Jugendliga das erste Turnier ihres Lebens. „Mir gefällt die Bewegung an der frischen Luft und der Zusammenhalt beim Spielen“, sagt sie.
Regeln beim Golf: Spezielles Punktesystem berücksichtigt die Erfahrung des Spielers
In der Altersklasse der Unter-14-Jährigen trifft Clara Sophie Christian dabei auf deutlich erfahrenere Konkurrenz wie ihre Spielpartnerin Hannah Levsen aus Buchholz, die schon seit fünf Jahren spielt. Trotzdem ist ein fairer Wettstreit möglich. Dafür sorgt ein spezielles Punktesystem, das nach dem englischen Arzt Frank Stableford (1870-1959) benannte Stableford-System.
Je nach Erfahrung hat ein Spieler dabei eine bestimmte Anzahl von Bonusschlägen, die er „verbrauchen“ kann. Allzu schlecht gespielte Löcher wirken sich zudem nicht so stark aus, um Frust zu vermeiden. Das wirkt. „Wenn ich gut spiele, freue ich mich, aber wenn ich schlecht spiele, finde ich das nicht weiter tragisch“, sagt Hannah Levsen.
An diesem Tag jedoch ist die Buchholzerin nicht zu halten. Mit sieben Schlägen unter ihrem persönlichen Par spielt sie die beste Runde in der gesamten Altersklasse der Unter-14-Jährigen. Clara Sophie Christian hingegen muss ein paar Schwierigkeiten bewältigen und schließt ihre Turnierpremiere schließlich mit acht Schlägen über Par ab.
Das Wichtigste am Urlaubsort? Der Golfplatz!
Als die Mädchen einpacken, freut sich Gunnar Levsen, der Vater von Hannah, als Zuschauer im Stillen über die Glanzvorstellung seiner Tochter. „Wir sind eine richtige Golffamilie“, betont er. „Jeder Urlaubsort wird nach dem Golfplatz ausgesucht.“ Dreimal ist Gunnar Levsen übrigens selbst schon ein Hole-in-one gelungen. „Vom ersten vor über 20 Jahren in den USA habe ich sogar noch eine Erinnerungsplakette mit einem Foto des Lochs. Die wird in Ehren gehalten“, erzählt er. „Mein Vater hingegen spielt seit 40 Jahren Golf und hat noch nie eins geschafft.“
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So unfair – und so schön – ist dieser Sport. „Wer einmal mit dem Golf-Virus infiziert ist, der kommt davon nicht mehr los“, ist Jugendwart Kompisch überzeugt. So will er weiter nicht nur an seiner Hole-in-one-Baustelle arbeiten, sondern auch daran, seinen Lieblingssport immer mehr Menschen nahe zu bringen. „Als ich 14 Jahre alt war, wollte ich unbedingt Golf spielen, aber damals war es im Wentorf-Reinbeker Golf-Club noch gar nicht erlaubt, dass ein Jugendlicher ohne seine Eltern Mitglied wird“, erinnert er sich. „Ich kam heulend nach Hause. Der damalige Club-Präsident hörte davon und hat sich für mich eingesetzt. Schließlich lag unter dem Weihnachtsbaum dann ein Golfschläger.“ So hatte auch diese Geschichte noch ihr Happy End.