Hamburg. Ruth und Hans Maier feiern am 12. Juli einen besonderen Hochzeitstag. Wie sich das Paar nach dem 2. Weltkrieg kennenlernte.
Als Ruth und Hans Maier den Bund der Ehe schlossen, da lag ein Teil von Hamburg noch in Trümmern: Im Juli 1952 waren erst sieben Jahre vergangen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem Ruth Maier um ihr Leben rennen musste und Hans Maier seinen Vater verlor. Glücklicherweise durfte das Paar seit seiner Hochzeit eine friedvolle Zeit erleben – auch in ihrer Ehe: „Es hat nie einen großen Streit oder Krise gegeben“, ist sich das Paar einig. Am 12. Juni feiern sie ihren 70. Hochzeitstag.
Warum ihr Leben in all den Jahren so harmonisch verlief, dafür haben Ruth und Hans Maier eine Erklärung: „Wir haben alles gemeinsam gemacht und dem anderen trotzdem seine Freiheiten gelassen“, sagt der 92-Jährige. So habe jeder das machen können und dürfen, was er möchte, ohne dass der andere gesagt hat, was zu tun ist.
Der Weg vom Kennenlernen bis zur Gnadenhochzeit
Geboren wurde Hans Maier in Geesthacht. Aufgewachsen ist er in Bergedorf an der Bahnstraße, die heute Reetwerder heißt. Ruth Maier wuchs in Hamm auf, einem Stadtteil, der im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs dem Erdboden gleich gemacht wurde. Die traumatischen Erfahrungen hätten bei der 92-Jährigen tiefe Spuren hinterlassen. Noch heute könne Hans Maier nicht das Zimmer verlassen und seine Frau dort alleine lassen, wenn eine Kerze brennt.
Aufeinander trafen die Eheleute an der Berufsschule, als beide ab 1949 eine Ausbildung im Buchhandel absolvierten, bevor Hans Maier im Anschluss noch Betriebswirtschaftslehre studierte. Auf der Suche nach dem Klassenraum, der in den Trümmern der Innenstadt gar nicht so leicht zu finden war, habe man sich kennengelernt. Das erste Mal beäugt habe man sich aber erst zwei Jahre später, kurz vor dem Abschluss. „Und von da an hat es noch mal drei Wochen gedauert, bis wir uns geduzt haben“, erzählen die Eheleute.
Im Jahr 1958 ist das Paar nach Bergedorf gezogen
Während einer gemeinsamen Radtour im Sommer 1951 lernten sie sich schließlich besser kennen und wurden im Jahr darauf ein Paar. Bis zur Hochzeit am 12. Juli 1952 dauerte es dann nicht mehr lang. Ein Jahr später kam Tochter Birgit auf die Welt. Damals lebte die junge Familie noch in der Nähe der Kellinghusenstraße gemeinsam mit Ruths Eltern in einer Wohnung. 1958 zogen sie dann schließlich nach Bergedorf, wo ein Jahr später auch Sohn Christoph zur Welt kam.
Als dann aber wiederum fünf Jahre später Ruths Eltern zunehmend alterten, suchte das Ehepaar Maier eine größere Wohnung, um die Eltern bei sich aufzunehmen. „Und die fanden wir in Neuengamme“, sagt Hans Maier. Rückblickend sei das ein großes Glück gewesen: „Neuengamme hat sich für uns als wahrer Segen herausgestellt“, sagt Hans Maier.
Denn schon in ihrer ersten Wohnung in Neuengamme, die am Kirchwerder Landweg und damit einige Kilometer weit entfernt von der Kirche lag, fanden sie schnell Anschluss an die Gemeinde. Und dieser enge Kontakt sollte ihr weiteres Leben lang Bestand haben.
Das christliche Alten- und Pflegeheim Talita Kum ist nun ihr Zuhause
Nach 21 Jahren am Kirchwerder Landweg zog das Ehepaar Maier in die Nähe der Kirche an die Feldstegel, wo sie 21 Jahre lebten. Vor 17 Jahren stand dann erneut ein Umzug an: Seitdem lebt das Paar in einer Zwei-Zimmer- Wohnung von Talita Kum. Den Bau des neuen Traktes des christlichen Alten- und Pflegeheims am Neuengammer Hausdeich hatte das Paar intensiv begleitet, seit 2005 sind sie Mitglied im Verein. „Hier haben wir ein wunderbares Zuhause gefunden.“
In der Kirchengemeinde St. Johannis war das Paar über Jahrzehnte in diversen Gremien engagiert: Ruth Maier setzte sich sehr für den Weltgebetstag der Frauen ein, Hans Maier war ab 1970 Kirchenvorsteher und später Gemeindeältester. Gemeinsam ließen sie sich zu Prädikanten ausbilden und übten dieses Amt 25 Jahre lang aus. Ebenso engagierten sie sich schon seit den 1980er Jahren für die Gedenkstättenarbeit zum KZ Neuengamme. Zu einer Zeit, als das, was unter den Nationalsozialisten in Neuengamme geschehen war, in Hamburg lieber totgeschwiegen wurde. Für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde bekam das Ehepaar Maier das St. Ansgarkreuz verliehen. „Das einem Ehepaar das gemeinsam verliehen wird, ist wohl einmalig“, sagt Hans Maier.
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In die Kirche kann das Paar sonntags wegen gesundheitlicher Probleme nicht nicht mehr gehen. Stattdessen besuche Pastorin Doris Spinger sie regelmäßig in ihrer Wohnung. Und so darf an ihrem besonderen Ehejubiläum eine Andacht keinesfalls fehlen. Dafür werden sie im Rollstuhl auch den Weg in die Kirche St. Johannis antreten. Zudem gibt es eine kleine Feier mit Freunden und Familie. Darunter auch ihre beiden Kinder sowie alle fünf Enkelkinder. „Einige Weggefährten waren schon bei unserer Hochzeit dabei“, sagt Hans Maier.
Ehejubiläen in Hamburg
13 Hamburger Ehepaare können in diesem Jahr ihr 75-jähriges Ehejubiläum (Kronjuwelenhochzeit) feiern. Das geht aus einer Sonderauswertung des Melderegisters hervor, die das Statistikamt Nord zu Beginn des Jahres durchgeführt hat. Weitere 111 Paare sind demnach seit 70 Jahren verheiratet. Die sogenannte eiserne Hochzeit (65 Ehejahre) begehen in diesem Jahr 635 Ehepaare. Diamantene Hochzeit nach 60 Ehejahren feiern dieses Jahr 1989 Hamburger Paare. Seit 50 Jahren (goldene Hochzeit) sind 2778 Paare verheiratet und seit 25 Jahren (silberne Hochzeit) verheiratet sind weitere 5049 Eheleute.