Hamburg. Auf der Fläche am Bahndamm sollen 320 Wohnungen entstehen. Alles darf aber nicht bebaut werden – aus einem kuriosen Grund.
Liegt ein Flurstück gut 20 Jahre brach, kann sich viel entwickeln. Auch mitten in der Stadt. Das zeigt sich jetzt westlich der S-Bahnstation Allermöhe zwischen Walter-Rudolphi-Weg und Bahndamm. Auf dem 500 Meter langen und teils mehr als 50 Meter breiten Streifen hat sich viel Natur ausgebreitet – und wildes Parken.
Doch damit soll jetzt Schluss sein. Mit ihrer Stimmenmehrheit hat die Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Stadtentwicklungsausschuss endgültig grünes Licht gegeben für die Überplanung der Fläche. Umgesetzt wird ein Konzept, das die Büros Karres+Brands und Adept entworfen haben. Das sind die Entwickler des Zukunftsstadtteils Oberbillwerder, dessen Vorarbeiten hier gleich jenseits des Bahndamms wohl im kommenden Jahr beginnen. Sie schlagen hier fünf Wohnkomplexe mit zusammen 320 Wohnungen vor. So soll das erreicht werden, was in den Ursprungsplänen von Neuallermöhe-West ein Gewerberiegel erledigte: der Schutz des Stadtteils vor dem Lärm der Bahn.
Verkehr Hamburg: Weniger Parkplätze wegen S-Bahn der Zukunft
Doch heute hat hier die Natur ein gewichtiges Stück mitzureden. Denn aus Teilen des wuchernden Grüns sind längst zwei gesetzlich geschützte Biotope geworden, die nun vom Wohnungsbau ausgespart bleiben müssen. Und das wichtigste der beiden, die ausgedehnte Schilfröhrichtfläche ganz im Westen des Areals, darf nicht einmal vom bisher vorgesehenen Wanderweg durchzogen werden.
Rigoros anders gehen die Planer mit dem notdürftig hergerichteten wilden Parkplatz an der S-Bahnstation Allermöhe um. Auch wenn die mehr als 100 Stellplätze hier gut genutzt werden, soll er so schnell wie möglich verschwinden. Vermutlich schon 2023 wird die Bahn auf seiner Fläche ein elektrisches Gleichrichterwerk bauen, das nach ihren Angaben genau an dieser Stelle von entscheidender Bedeutung ist, um neben den Fernzügen vor allem die S-Bahn der Zukunft rollen zu lassen.
Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein benötigen weitere Abstellflächen
Gleich daneben will der Bezirk den Wunsch der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) realisieren. Weil sie Neuallermöhe mit immer mehr Buslinien erschließen, die teils hier an der S-Bahnstation enden, braucht es zusätzliche Abstellbereiche für die großen Wagen. Die werden wegen der Priorität für die Wünsche der Bahn allerdings in einiger Entfernung zum S-Bahnhof liegen. Der heutige Bus-Wartebereich in und hinter der Unterführung der Station wird aufgehoben, sobald die Arbeiten für Oberbillwerder beginnen. Dann soll hier nämlich die Fußgängerzone des Zukunftsstadtteils beginnen – und direkt mit dem Fleetplatz in Neuallermöhe-West verbunden werden.
Drei Tunnel unter der Bahn geplant
Das Thema Bahndamm-Durchstiche zwischen beiden Stadtteilen bleibt derweil ein Politikum. Auf Nachfrage von Jörg Froh (CDU) blieben die Stadtplaner vom Bezirksamt vage: „Alle drei neuen Tunnel sind angeschoben und werden im Bebauungsplan festgesetzt“, sagte Birte Grabow im Ausschuss. „Federführend bei den Gesprächen mit der Bahn ist aber die Verkehrsbehörde.“ Wie weit diese Verhandlungen sind, entziehe sich aber ihrer Kenntnis.
Geplant sind zwei Unterführungen für Fußgänger und Radfahrer sowie eine für Autos. Die soll in etwa gegenüber der Margit-Zinke-Straße in den Sophie-Schoop-Weg münden. So sehen es jedenfalls die Pläne des Bezirksamts vor. Offiziell grünes Licht von der Bahn gibt es dafür bisher nicht.