Moorfleet. 800 Kinder und Jugendliche tourten am Sonntag bei einer Großübung durch Hamburg. Welche kniffligen Aufgaben gelöst werden mussten.
Die Motorhaube des Citroën steht in Flammen. Der Innenraum des Kleinwagens ist bereits von dichtem Qualm ausgefüllt, als das Feuerwehrfahrzeug am Holzhafenufer eintrifft. Gruppenführer und Melder erkunden die Lage und geben der Mannschaft den Befehl zum Löschen. Schnell sind die Schläuche ausgerollt, Wasser spritzt auf das brennende Fahrzeug, als plötzlich ein aufgebrachter Mann auf die Einsatzstelle zuläuft.
„Horst, Horst“, ruft er immer wieder und macht die Retter darauf aufmerksam, dass sich sein Freund noch im brennenden Auto befindet. Die Kameraden bergen die leblose Person hinterm Steuer, versorgen sie abseits der Einsatzstelle und beruhigen auch den aufgebrachten Kumpel. Wenige Minuten später ist auch das Feuer gelöscht.
Jugendwehren proben bei er Großübung den Ernstfall
Glücklicherweise handelte es sich bei der leblosen Person nur um eine Strohpuppe, die Flammen wurden mittels Brennpaste entfacht und der „Qualm“ kam aus einer Nebelmaschine. Doch damit auch schon die Retter von morgen wissen, was in einem Ernstfall zu tun ist, gab es am Sonntag eine Großübung der Jugendfeuerwehr Hamburg.
Insgesamt nahmen mehr als 50 der insgesamt 66 Jugendfeuerwehren daran teil, darunter acht Wehren aus den Vier- und Marschlanden und Bergedorf: Neben der Jugendfeuerwehr Moorfleet, waren auch Kinder und Jugendliche aus Allermöhe-Billwerder, Curslack, Fünfhausen, Hohendeich, Kirchwerder-Nord sowie Boberg und Lohbrügge dabei. Auch Jugendfeuerwehren aus Düsseldorf und Dortmund waren für die Teilnahme in den Norden gereist. „So eine Großübung ist bundesweit schon etwas Besonderes“, sagt Jugendfeuerwehr-Sprecher Caspar Grabe.
54 verschiedene Stationen wurden im gesamten Stadtgebiet aufgebaut
Die Organisation der Großübung sei mit einem großen Aufwand verbunden: Etwa ein Dreivierteljahr lang sei die Übung vorbereitet worden, erläuterte Caspar Grabe. Zuletzt hatte es eine Übung dieser Größe im Jahr 2017 zum 50. Geburtstag der Jugendfeuerwehr Hamburg gegeben.
Etwa 800 Kinder und Jugendliche tourten in der Zeit von 9 bis 14 Uhr zu fünf bis sechs verschiedenen Stationen im Stadtgebiet. An insgesamt 54 Standorten wurden für die teilnehmenden Jugendfeuerwehren „Einsätze“ dargestellt, welche sie abarbeiten mussten. Dabei reichte das Spektrum von einem klassischen Brandeinsatz über technische Hilfeleistung bis hin zu Rettungsdienstaufgaben.
FF Moorfleet freut sich überweitere Kameradinnen und Kameraden
Die Kameradinnen und Kameraden der FF Moorfleet hatten sich die Station am Holzhafenufer ausgedacht und dafür einen ausgeschlachteten Schrottwagen präpariert. Dort begrüßten sie unter anderem die Jugendfeuerwehr Rissen. „Die Kinder sollen bei der Übung bewusst Stationen außerhalb ihres eigenen Einsatzgebietes anfahren“, weiß Moorfleets Wehrführer Marco Cholewa, der die Station mit drei Kameraden und Tochter Marieke betreute.
Insgesamt gehören vier Frauen und 18 Männer zur Moorfleeter Einsatzabteilung, die sich jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat von 19.30 bis 22 Uhr im Feuerwehrhaus an der Sandwisch 83 zum Übungsabend trifft. „Über weitere Leute, die sich berufen fühlen mitzumachen, würden wir uns freuen“, betont Marco Cholewa. Ebenso ist Nachwuchs immer gern gesehen: Gut 20 Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind derzeit Mitglied der Jugendwehr Moorfleet. Sie treffen sich jeden Donnerstag von 18 bis 20 Uhr im Feuerwehrhaus.
Kinder sollen möglichst früh an die Feuerwehr gebunden werden
„Es ist wichtig, die jungen Leute so früh wie möglich für die Feuerwehr zu begeistern“, weiß Jörg Neumann, der sich seit 28 Jahren in der FF Moorfleet engagiert. Denn je jünger die Mädchen und Jungen seien, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, sie lange an die Wehr zu binden, ist der Kamerad überzeugt. Laut der Jugendfeuerwehr Hamburg tritt etwa ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen im erwachsenen Alter in die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr über.
„Ohne sie würde es düster aussehen“, betont Jörg Neumann die Bedeutung der Nachwuchs-Retter. Allerdings werde der verfügbare Freizeitanteil bei Kindern und Jugendlichen durch den Ganztagsunterricht und das achtjährige Gymnasium immer geringer, stellt die Jugendfeuerwehr Hamburg fest. Das wirke sich auch auf die verfügbare Zeit für die Jugendfeuerwehren aus.
Kostensteigerung und Ganztagsschule als Herausforderung
Zudem machten sich allgemeine Kostensteigerungen auch in der Jugendfeuerwehr bemerkbar: So würden die Kosten für Ausfahren oder Wochenendfreizeiten stetig steigen, die Förderung aus dem Landesjugendplan sei dagegen noch auf mehrere Jahre gleichbleibend, moniert die Jugendfeuerwehr Hamburg.
- Geesthachter Feuerwehr schlägt Alarm für mehr Personal
- Feuerwehr Hamburg: Burn-out und Überlastung – wer löscht den Flächenbrand?
- Garage in Flammen - hochwertige Porsche in Hamburg verbrannt
Dennoch sei das Interesse an der Jugendfeuerwehr und insbesondere an der Minifeuerwehr ungebrochen: „Alle Minifeuerwehren haben aktuell einen Aufnahmestopp“, stellt die Jugendfeuerwehr Hamburg fest. Die ersten Minifeuerwehren sind vor zehn Jahren gegründet worden. Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren werden dabei spielerisch in ihrer Entwicklung gefordert und an die Gemeinschaft der Feuerwehr herangeführt.
Mittlerweile gibt es 16 Minifeuerwehren in ganz Hamburg, so auch bei der FF Hohendeich und in Boberg. Weitere Gruppen könnten in vielen Stadtteilen schnell gegründet werden, wenn sich ausreichend ehrenamtliche Mitstreiter finden, um dieses Engagement zu leisten, meint die Jugendfeuerwehr Hamburg.