Hamburg. Nach elf Jahren geht Thomas Ricken in den Ruhestand. Den Start in diese Zeit hatte er sich allerdings ein wenig anders vorgestellt.

Nach elf Jahren in der Geschäftsführung des Kinderkulturhauses Lohbrügge ging es für Thomas Ricken „sehr störrisch“ in den Ruhestand: Gut zwei Wochen lang wollte er „eine optimale Verlangsamung“ und mit Eselin Pauline durch Sachsen-Anhalt wandern.

„Aber schon am 15 Kilometer entfernten Bauernhof hatte das Tier Heimweh und fing laut an zu rufen“, erzählt der 64-Jährige grinsend – und hat selbst ein bisschen Heimweh: Für Donnerstag lädt er Sechs- bis Zehnjährige an den Lohbrügger Markt 5 zu einer Lesung ein: „Weihnachten vor 60 Jahren im Harz“ heißt die (zufällig biografische) Geschichte. Der Eintritt ist frei.

Sprachförderung und Leseclub im Kiku Lohbrügge

Die Idee, Kindern, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, die deutsche Sprache und Kultur näherzubringen – garniert mit kreativen Kunstelementen – entstand längst vor der Eröffnung des Kinderkulturhauses im September 2010.

Vier Jahre später wurde die Sprachförderung durch den Leseclub ergänzt. „Der ist heute echt Kult bei den Grundschülern. Und inzwischen buchstabiert hier keiner mehr FRT, wenn er oder sie das Wort Fahrrad schreiben will“, freut sich Thomas Ricken.

Heute werden auch Erwachsene unterrichtet

Dank großzügiger Unterstützung der Stiftung Mercator kamen zahlreiche Fortbildungen hinzu, sodass das Kiku-Team heute auch Erwachsene unterrichten kann – ein Schwerpunkt von Katja Meybohm, die ebenfalls fast zehn Jahre dabei ist und nun in die Geschäftsführung wechselt: „Wir haben die Sprach­bildung ausgebaut und können Lehrern, Künstlern und Erziehern verschiedene Methoden vermitteln, um Deutsch als Fremdsprache zu lehren“, sagt die 39-Jährige, die mit ihren beiden Söhnen (vier und sechs Jahre) auf St. Pauli lebt.

Im Januar will sie mit einem neuen Projekt starten, ein mehrsprachiges Storytelling: „Das haben wir im deutsch-türkischen Netzwerk gelernt. Es wäre toll, wenn wir dafür noch Ehrenamtliche gewinnen könnten, die Farsi, Dari oder Türkisch sprechen“, sagt die Soziologin und Erziehungswissenschaftlerin.

Kulturhaus ist auf Spenden angewiesen

Weiterhin in der Geschäftsführung bleibt Ortrud Schwirz, die vor allem froh darüber ist, „dass wir eine behördenübergreifende Förderung erhalten“. So werde Sprach­bildung in Schulen und „zunehmend auch in Kitas“ angeboten, zudem werde der Leseclub gestärkt: „Zuletzt gab es je 10.000 Euro von der Kulturbehörde und aus dem Quartierfonds“, so die Literatur- und Sprachwissenschaftlerin, die dennoch betont: „Wir sind immer noch auf Spenden angewiesen.“

Unterdessen hat Thomas Ricken das Rechnen lieben gelernt – „obwohl meine Mathelehrer damals Sadisten waren, mag ich heute die Unendlichkeit von Primzahlen“. Um Grundschülern mit Dyskalkulie zu helfen, will er im Frühjahr eine kleine lerntherapeutische Privatpraxis in Bergedorf eröffnen.