Hamburg. Die Studie „Prompt“ sucht Teilnehmer für eine medizinische Studie, um mithilfe von Spielen das Gehirn der Betroffenen auszutricksen.

Sie spüren die Länge, den Umfang und auch die Haltung des Arms, doch er ist nicht mehr da. Sogenannte Phantomschmerzen beklagen viele Menschen, denen ein Körperteil amputiert werden musste – oft nach einem Unfall. Und selbst die besten Prothesen helfen kaum, wenn das Gehirn nicht umschaltet und noch immer an einen gesunden Körper glaubt. „Auf einer Skala von 0 bis 10 ordnen die meisten Betroffenen den Phantomschmerz bei einer konstanten 8 ein, es muss wirklich schlimm sein“, sagt Dr. Meike Annika Wilke.

HAW-Studie will Linderung bei Phantomschmerzen schaffen

Die Professorin für Biotechnologie an der Lohbrügger Hochschule für Angewandte Wissenschaften ist nun mit 3D-Scans und weiteren bildgebenden Verfahren an dem 2,4 Millionen Euro teuren Forschungsprojekt „Prothesen und Orthesen zur Mobilen und spezifischen Phantom- und Deafferierungsschmerztherapie“, abgekürzt Prompt, beteiligt, um Linderung zu schaffen: „Prompt“ will durch den spielerischen Einsatz von Virtual Reality (VR) ermöglichen, dass der fehlende Arm wieder bewegt und gespürt werden kann.

Man kann sich das so vorstellen, dass die Prothese zwar eine Weintraube greifen kann. Wie viel Kraft jedoch die Hand ausübt und die Traube vielleicht zerdrückt, ist kaum fühlbar. Das sei wie ein Greifen mit dicken Winterhandschuhen: „Zwar lässt sich das Signal des Muskels abfangen, aber es gibt keine Rückkopplung vom Gehirn, der sensorische Kreislauf ist nicht ­geschlossen“, erklärt Wilke.

In den Spielen werden den Menschen fehlende Körperteile vorgegaukelt

Und genau hier soll Virtual Reality einspringen: Der Patient bekommt ein Brillensystem aufgesetzt, das mit einem Handy verbunden ist. „Dann gaukeln wir ihm in VR-Spielen vor, dass etwa beide Hände noch da und voll funktionstüchtig seien.

Er kann die Augen schließen und sich die greifende Hand vorstellen“, so Wilke und betont, dass leider nicht die Funktionalität wiedererlangt wird, aber der Phantomschmerz durch diese Illusion bekämpft wird: „Es geht darum, dass Motorik und Sensorik im trainierten Gehirn nicht mehr durcheinanderkommen.“

Das gilt übrigens ebenso für Menschen, deren Arm noch da, aber komplett gelähmt ist. Auch ihnen fehlt ein Feedback der Körperwahrnehmung. Das sei auch oft deprimierend.

Das Forschungsprojekt dauert drei Jahre

Für das dreijährige Forschungsprojekt, an dem drei Firmen beteiligt sind, die neue Orthesen und Prothesen mit eingebauten Mikrovibratoren bauen, werden jetzt Test-Patienten gesucht. Sie werden von der Ärztin Jennifer Ernst von der Universitätsmedizin Göttingen eingewiesen und viermal an der ­Universität Jena vermessen.

Anschließend können sie ihre individuelle Prothese mit nach Hause nehmen und den medizinischen Forschern ein Jahr lang berichten, ob die Phantomschmerzen weniger werden, sie hoffentlich zunehmend auf starke Medikamente verzichten können.

Das Projekt wird vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung gefördert und erlaubt es, dass zehn Menschen mit Schmerzen nach Unterarmamputationen oder Armlähmungen teilnehmen können. Wer Interesse an der ­Therapieforschung hat, meldet sich per Mail unter promptstudie@gmail.com.