Hamburg. Anke Döcke übergibt alle drei Filialen an Apotheker Firas Al-Bourini. Was die 54-Jährige und ihren Mann zu diesem Schritt bewogen hat.

Es bleiben nur noch knapp drei Wochen, dann wird ApothekerinAnke Döcke den Chefkittel in ihren drei Elbdeich Apotheken ablegen – und zwar für immer. Statt der 54-Jährigen wird Firas Al-Bourini ab Mai alle drei Filialen im Landgebiet übernehmen. „Wir sind sehr froh, dass wir einen Nachfolger gefunden haben, der so gut zu uns passt“, sagt Anke Döcke. Und doch realisiere sie noch nicht, dass sich ihr Leben schon bald erheblich verändern wird: „Ich spüre eine innere Anspannung, weil ich nicht weiß, wie es wirklich sein wird“, verrät die Apothekerin.

Gemeinsam mit ihrem Mann Thorsten, der seine Frau in den vergangenen Jahren stets unterstützte und die Geschicke im Büro leitete, habe sie vor etwa einem Jahr den Entschluss gefasst, die Apotheken abzugeben. Denn von den drei Kindern (23, 20, 14 Jahre alt) studieren bereits die beiden älteren Töchter, aber keine Pharmazie. „Und auch der Jüngste hat es nicht vor“, erklärt Thorsten Döcke. Also müsste man die Apotheken irgendwann sowieso abgeben, erklärt der 56-Jährige.

Geschäftsübergabe: Keines der drei Kinder wird die Apotheken übernehmen

In den vergangenen Jahren hätten sie viel investiert und geleistet, um ihre Apotheken in die Zukunft zu führen: Nachdem Anke Döcke im Jahr 2015 zunächst zwei Apotheken, damals beide noch mit Sitz am Süderquerweg, übernommen hatte, wurde zwei Jahre später am Heinrich-Stubbe-Weg neben dem Vierländer Markt eine weitere Filiale eröffnet.

2019 zog ihre einstige Stammfiliale Zollenspieker, in der sie vor der Übernahme des Chefpostens 17 Jahre als angestellte Apothekerin gearbeitet hatte, in den neu gebauten Geschäftsriegel am Spieker Markt um. Mittlerweile sind alle drei Apotheken unter der Dachmarke „Elbdeich Apotheken“ etabliert.

Weitere Investitionen wollte das Paar nicht vornehmen

Doch auch wenn das Paar stets mit der Zeit gegangen ist, beispielsweise zu Beginn der Corona-Pandemie bereits Desinfektionsmittelspender und Stellwände aus Plexiglas in der Apotheke aufgestellt hatte, bevor es in der Geschäftswelt zur Normalität wurde, würden jetzt oder in naher Zukunft noch viele weitere Themen anstehen, wie pharmazeutische Dienstleistungen, weitere Digitalisierungsschritte oder Impfungen.

Schutzmaßnahmen aus Südtirol, in den Apotheken von Familie Döcke im Landgebiet zu Beginn der Pandemie. Thorsten Döcke neben dem Hygienespender.
Schutzmaßnahmen aus Südtirol, in den Apotheken von Familie Döcke im Landgebiet zu Beginn der Pandemie. Thorsten Döcke neben dem Hygienespender. © BGZ/Diekmann | Lena Diekmann

Da habe sich das Paar gefragt, ob man damit wirklich noch anfangen wolle, wenn die eigenen Kinder die Apotheken sowieso nicht übernehmen werden. „Nein, das wollen wir nicht“, lautete schlussendlich die Antwort, zumal Thorsten Döcke im vergangenen Jahr auch gesundheitlich eingeschränkt war. Lieber jetzt den Schlussstrich ziehen, ist das Paar sich einig.

Schon mit 30 Jahren machte sich Firas Al-Bourini selbstständig

Dass es allerdings so schnell klappen würde mit der Geschäftsübergabe, damit hatten die Döckes nicht gerechnet. Doch als sie im vergangenen Sommer Firas Al-Bourini kennenlernten, sei schnell klar gewesen, „das ist der Richtige“, erzählt Anke Döcke, die vor dem 34-Jährigen „den Hut ziehe“.

Denn während viele junge Pharmazeuten heute das Risiko scheuen würden, eine öffentliche Apotheke zu übernehmen, wagte Firas Al-Bourini bereits vor fünf Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit. „Mit 30 entweder zu promovieren oder sich selbstständig zu machen, war immer mein Ziel“, sagt der Apotheker, der in der Südstadt von Hannover aufgewachsen ist und in Braunschweig Pharmazie studiert hat.

Neuer Inhaber besitzt bereits zwei Apotheken

Bislang war er Chef von zwei Apotheken – eine im Stadtteil Rothenburgsort und eine in Mölln. Da ein Apotheker neben seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken betreiben darf, wird er die Hamburger Filiale abgeben. Das „Stammhaus“ in Schleswig-Holstein bleibt in seinem Besitz, hinzu kommen die drei Elbdeich Apotheken.

Damit betreibt der 34-Jährige künftig alle drei verbliebenen Apotheken in den Vier- und Marschlanden und trotzt einem Negativtrend, der schon seit Jahren anhält: Laut der Apothekergenossenschaft Noweda zeigen Hochrechnungen, dass mittlerweile alle 27 Stunden eine Apotheke für immer schließt. So sei ihre Zahl in den vergangenen Jahren von rund 22.000 auf knapp über 18.000 gefallen.

Angebot und Service in den Filialen wird erweitert

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Elbdeich Apotheken werden übernommen, hinzu kommt das Team der Apotheke in Rothenburgsort, das künftig die Filialen im Landgebiet verstärken wird. Mit den Angestellten, die in Mölln tätig sind, wird das Team von Firas Al-Bourini bald aus 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehen. Er selbst möchte ab Mai wechselnd in allen Filialen im Landgebiet präsent sein, um sein Team und vor allem auch die Kundinnen und Kunden kennenzulernen. Für die soll sich – vom Chef mal abgesehen – nichts in den Apotheken verändern.

Vielmehr wird das Portfolio der Elbdeich Apotheken wachsen: Pharmazeutische Dienstleistungen wie die Verblisterung, bei der die verordneten Medikamente in der Apotheke nach Wochentagen und Tageszeiten portioniert und verpackt werden, werden künftig angeboten. Das soll es Patientinnen und Patienten und auch pflegenden Angehörigen erleichtern, auf einen Blick zu erkennen, wann welche Tabletten zu nehmen sind und ob an alle Einnahmen gedacht worden ist.

Zudem ist in Mölln ein Sanitätshaus an die Apotheke von Firas Al-Bourini angegliedert, worüber alles vom Toilettenstuhl über Pflegebett bis zum Rollstuhl bezogen werden kann. „Das Angebot werden wir auch in den Vier- und Marschlanden aufbauen“, sagt der Apotheker, der mit seiner Frau und der kleinen Tochter (1,5 Jahre) in Eppendorf wohnt.

Ehepaar Döcke zieht es an die Ostsee

Ob es auch künftig bei dem Wohnort in der Hamburger City bleibt, vermag der gebürtige Niedersachse nicht zu sagen. „Wenn man aus der Innenstadt über die Elbbrücken hier rausfährt, ist es ein Gefühl wie Urlaub. Es ist ländlich gemütlich, aber trotzdem zentral. Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass es schon das Gespräch mit meiner Frau gab, ob wir uns vielleicht hierher orientieren“, sagt Firas Al-Bourini.

Das Ehepaar Döcke zieht es hingegen noch weiter in den Norden: Thorsten Döcke, dessen Mutter auf Helgoland aufgewachsen ist, sei schon immer „meerorientiert“ gewesen, berichtet seine Frau. Und häufig, wenn sich das Paar eine Auszeit nahm, zog es sie an die Ostsee. So habe man bereits darüber philosophiert, auch dort das Rentendasein zu verbringen. „Es ist ein Projekt, das wir jetzt in Angriff nehmen werden“, sagt Anke Döcke, die allerdings noch nicht an den Ruhestand denkt. „Ich bin kein Typ, der nichts tun kann“, sagt die 54-Jährige.

Eine Idee, die ihr vorschwebt, ist, sich als Dozentin an der PTA-Schule in Lübeck zu bewerben. „Das wäre eine Möglichkeit, freiberuflich tätig zu sein. Möglicherweise passt das“, sagt sie. Doch bevor die Döckes Fünfhausen gen Ostsee verlassen, zieht es sie erstmal noch viel weiter in den Norden. Island lautet das Ziel einer Reise im Juli. „Das haben wir schon seit drei Jahren geplant und nun soll es endlich klappen“, sagt Thorsten Döcke.