Hamburg. 110 Jahre gibt es den Handwerksbetrieb. Der Senior über Nachwuchs, seine Berufslaufbahn – und warum er die Wärmepumpe kritisch sieht.
- Fritz Schellhorn aus Bergedorf führt einen Handwerksbetrieb mit Tradition.
- Seit 110 Jahren gibt es die Firma, die damals sein Großvater gründete schon.
- In dieser Zeit machte man bereits so einiges mit. Aber vor Habecks neuem Wärmepumpen-Gesetz schüttelt man auch hier den Kopf
Vorsichtig balanciert Fritz Schellhorn das kleine Tablett zum Tisch, darauf stehen eine Zuckerdose und ein Kännchen. Das Kaffeeservice aus versilbertem Messingblech ist etwas Besonderes: Schellhorns Vater bestand damit 1936 seine Meisterprüfung. Ein Familienerbstück, auf das Fritz Schellhorn heute besonders stolz ist. Denn es zeigt: Der Bergedorfer Handwerksbetrieb hat eine lange Tradition.
Seit 110 Jahren gibt es das Unternehmen mit 75 Mitarbeitenden an der Dwarstwiet nun schon. Heute bietet Schellhorn jegliche Dienstleistungen der Gebäudetechnik an: von Badsanierungen über Arbeiten an Dach und Heizungen bis zur Sanitärtechnik. Das Gebäudeenergiegesetz und die Wärmepumpe sieht der Senior kritisch.
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Doch zurück zum Anfang: Im Jahr 1913 entstand der Betrieb – damals gründete Fritz Schellhorns Großvater Friedrich eine Klempnerei in Bergedorf. Wenige Jahre später begann der Erste Weltkrieg, und er wurde eingezogen. Sein Sohn kämpfte später im Zweiten Weltkrieg, verbrachte mehrere Jahre in russischer Gefangenschaft.
„Das waren schwierige Zeiten. Aber als der Geschäftsführer nicht da war, hielten damals die Frauen der Familie das Geschäft am Laufen“, sagt Fritz Schellhorn. Und das Durchhaltevermögen hat sich gelohnt – heute gilt Schellhorn in ganz Hamburg als renommierte Handwerksfirma.
Bergedorfer Handwerksbetrieb mit langer Tradition
Doch wie schafft es ein Familienbetrieb, die Tradition so viele Jahre zu wahren? Fritz Schellhorn übernahm den Betrieb 1984 von seinem Vater. Mittlerweile hat er die Geschäftsführung an seine beiden Söhne Oliver und Jan weitergegeben. Er kennt die verschiedenen Perspektiven in einem solchen Unternehmen. „Das Problem, warum es oft nicht weitergeht, ist der Senior“, sagt der 72-Jährige, „er muss sich von gewissen Dingen lösen, die Kinder machen lassen und für neue Ideen offen sein.“
Es sei schließlich wichtig, in moderne Geräte zu investieren, um effektiv zu arbeiten. „Auch wenn man es selbst anders gelernt hat“, sagt Schellhorn und deutet auf den riesigen Bildschirm mit Touchscreenoberfläche, der im Konferenzraum hängt.
Der Betrieb profitiert vor allem von Mund-zu-Mund-Propaganda
Doch auch wenn die Technik sich verändert hat: Ab und zu kann das Team noch sein „klassisches Klempnerhandwerk“ anwenden. Zum Beispiel, als die Firma vor einigen Jahren die Turmuhr der Kirche St. Petri und Pauli restaurierte. „Das Kupferblech fertigen wir in solchen Fällen von Hand – da spielt Tradition noch eine große Rolle“, so Schellhorn, der viele Jahre lang Bezirks- und Obermeister in der Hamburger Innung für Sanitärtechnik war.
Damit die Tradition des Unternehmens noch möglichst lange bestehen bleibt, ist der Ausbildungs-Nachwuchs schon auf dem Weg. Vom Fachkräftemangel bekomme er kaum etwas zu spüren, so Fritz Schellhorn. „Wir haben derzeit circa 20 Auszubildende, sechs wurden gerade von uns übernommen, und im August fangen wieder fünf neue an.“
Das sei einfach gute Mund-zu-Mund-Propaganda, so der Bergedorfer. Die jungen Menschen wüssten, dass sie in der Firma gut aufgehoben sind. „Wir führen regelmäßig Personalgespräche, in denen wir über Probleme und Sorgen sprechen. Das kann auch das Privatleben betreffen.“
Mit einem Käfer fuhr der Senior als junger Mann auf „kleine Walz“
Natürlich könne nicht für alles eine Lösung gefunden werden, aber: „Man hilft, wo man kann“, sagt Schellhorn. Generell sei der Zusammenhalt in der Firma wichtig: „Einmal im Jahr fahren wir alle zusammen zum Boßeln ins Altes Land.“
Wenn der Prokurist selbst an seine Zeit als junger Handwerker zurückdenkt, war für ihn das Jahr 1974 prägend: Zwar konnte der damals 24-Jährige nicht auf große Walz gehen, arbeitete dafür jedoch ein dreiviertel Jahr in zwei Betrieben in Stuttgart. „Ich weiß noch genau, wie ich mit meinem gelben Käfer in den Süden gefahren bin. Ganz ohne Plan.“
Durch die Innung habe sich jedoch schnell ein Job gefunden. Besonders fasziniert habe ihn dort ein bestimmtes Ereignis: „Der Handwerksbetrieb installierte damals für ein örtliches Fest eine Urinierrinne.“ Anstatt es anschließend zu verschrotten, nahm das Unternehmen jedoch das Blech, auf das tagelang uriniert worden war, wieder mit. „Das wurde dann bei einem Neubau für Teile der Regenrinne verwendet. Da habe ich mich doch über die extreme Sparsamkeit gewundert“, sagt er lachend.
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Fritz Schellhorn: Gesetz hat überhaupt keinen Praxisbezug
Generell sei es natürlich wichtig, auf Nachhaltigkeit zu achten. Gerade im Handwerk. Aktuell sei das Team mit den Folgen der Energiepolitik der Bundesregierung konfrontiert. Und Fritz Schellhorn hat eine klare Meinung: Mit der neuen Heizungsreform ist er mehr als unzufrieden.
Denn demnach dürfen ab 1. Januar 2024 Haushalte nur noch Gas- und Ölheizungen einbauen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden, etwa durch eine Wärmepumpe. Bisher konnte eine defekte Heizung gegen einen neuen Öl- oder Gasbrenner ausgetauscht werden.
„Diese Regelung hat überhaupt keinen Praxisbezug“, sagt Fritz Schellhorn verärgert. Er empfiehlt Betroffenen, die Übergangsfrist in diesem Jahr noch auszunutzen und kaputte Heizungen gegen eine moderne Gas- oder Ölbrennwertheizungen einzutauschen.
Bergedorfer Handwerksbetrieb: Wärmepumpen sind nicht die Lösung
„Wärmepumpen sind meist viel zu teuer, weil sie mit Strom betrieben werden.“ Der koste momentan aber sehr viel. In einigen, älteren Häusern sei es unmöglich, Wärmepumpen einzubauen. Es müsse zusätzlich eine weitere Wärmequelle eingebaut werden – das sei dann eine Hybridheizung. Das ziehe Folgen mit sich. „Das Haus muss für Wärmepumpen anständig isoliert sein. Wir sind also womöglich dazu gezwungen alles neu zu machen: das Dach, die Fassaden, die Fenster.“ Wer ab 2024 sein Dach sanieren lässt, muss außerdem verpflichtend eine Photovoltaik-Anlage darauf montieren.
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„Das sind enorme Kosten, die auf Hausbesitzer zukommen.“ Die Lieferung von Wärmepumpen stocke zudem extrem. „Es wird niemals möglich sein, die Heizungsreform so umzusetzen, wie die Bundesregierung es fordert.“
Besser wäre es laut Fritz Schellhorn gewesen, mit der Reform noch einige Jahre zu warten. Solange, bis die Wissenschaft erneuerbare Energien besser erforscht hat. Er denkt zum Beispiel an Wasserstoff: „Schon jetzt kann in die neuen Modelle der Gasheizungen Wasserstoff beigemischt werden.“ Das sei ebenfalls eine nachhaltigere, jedoch eher unbekannte Alternative, die laut Schellhorn „politisch nicht gewollt“ sei.