Hamburg. Dr. Erik Hoeg, Wegbereiter der modernen Astronomie, war in der Sternwarte zu Gast. Er hatte ein wertvolles Geschenk dabei.

Die Unbekümmertheit des jungen Forschers blitzt noch immer in seinen Augen. Wenn Dr. Erik Hoeg über seine Jahre auf der Hamburger Sternwarte erzählt, ist es eine Reise zu den Anfängen der Computer-Technologie und buchstäblich eine, die rund um die Welt führt. Der heute 89-jährige Däne aus Kopenhagen gilt als Wegbereiter der modernen Astronomie, die ohne seine bahnbrechenden Erfindungen heute wohl kaum in der Lage wäre, mit Satelliten zu arbeiten – und so ganz nebenbei auch die Navigation unserer Autos oder Handys zu ermöglichen.

Angefangen hat das alles 1958, als ein junger Student mit dem Motorrad von Kopenhagen an die Hamburger Sternwarte in Bergedorf kam. Peter Hoeg hatte seinen Abschluss in Astronomie in der Tasche und war geradezu infiziert von der Idee, die damals entstehende Computer-Technologie für die Sternenbeobachtung zu nutzen. Sein Tutor Prof. Dr. Peter Naur (1928-2016), Astronom und Wegbereiter dieser Entwicklung, hatte dafür gesorgt, dass Hoeg nach Bergedorf ging, weil Sternwarten-Direktor Prof. Dr. Otto Heckmann (1901-1983) einen Ruf als Förderer neuer Ideen genoss.

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„Bergedorf war der Schlüssel meiner wissenschaftlichen Karriere“

„Peter sollte Recht behalten. Bergedorf war der Schlüssel meiner wissenschaftlichen Karriere. Und dank Otto Heckmann auch die Basis meines Einsatzes auf der anderen Seite der Erde, in Australien“, sagte Peter Hoeg jetzt bei einem Besuch auf der Sternwarte. Der noch immer weltweit gefragte Wissenschaftler hatte seinen Pkw vollgepackt mit Kartons voller Unterlagen aus einer Zeit in Perth, wo er von 1967 bis 1972 verantwortlich war für die von ihm entwickelte computerbasierte Vermessung des kompletten Sternenhimmels über der Südhalbkugel.

Das Observatorium im Südwesten Australiens war eine Art Zweigsternwarte des Bergedorfer Observatoriums. Otto Heckmann hatte den Ort ausgeguckt, um nach der erfolgreichen, aber von Bergedorf aus abgeschlossenen Erfassung der Sterne über der Nordhalbkugel, nun auch den Himmel auf der anderen Seite der Erde zu vermessen. Als Instrument wollte er den nun arbeitslos gewordenen Meridian-Kreis nach Australien verschiffen.

Auf dem Rückweg von der Göhrde hatte er den Job

„Das sollten nochmal fast 25.000 Sterne werden, aber nicht wieder Jahrzehnte dauern“, erinnert sich Erik Hoeg an einen Ausflug mit Heckmann Anfang der 1960er-Jahre in die Göhrde bei Lüneburg. „Wir waren mit seinem Auto dorthin gefahren. Allein das war schon beeindruckend.“ Unter dem Sternenhimmel plauderten sie über die gerade von Erik Hoeg entwickelte Methode zum automatischen Messen sämtlicher Himmelskörper und der Erfassung ihrer Licht-Intensität. Bis dahin mussten die Wissenschaftler alles schlichtweg fotografieren und anschließend auf den Foto-Platten von Hand vermessen.

„Auf dem Rückweg nach Bergedorf hatte ich den Job“, sagt Hoeg bis heute etwas ungläubig. „Ich sollte den Meridian-Kreis tatsächlich mit meiner ja noch nie angewandten Technik aufrüsten. Otto Heckmann besorgte das Geld und alle Genehmigungen für Australien.“ Aus geplanten zwei wurde zwar fünf Jahre, aber dann war auch der Himmel über der Südhalbkugel vermessen – exakt 24.900 Sterne, die nun für Positionsbestimmungen auf der Erde und den Blick in die Geschichte und Zukunft des Universums genutzt werden konnten.

In Kopenhagen treibt er die Satellitentechnologie voran

Hoeg kehrte zurück nach Bergedorf, wo mittlerweile aber die Astrophysiker die Regie übernommen hatten. Sein Plan, nun die astronomischen Geräte dieser Sternwarte auf Computersteuerung umzustellen, scheiterten am Geld und an der Bereitschaft, in Hamburg weiter auf die Astronomie zu setzen. Erik Hoeg ging zurück an die Kopenhagener Sternwarte in Brorfelde und setzte seine Forschungen dort fort. Seit den 1970er-Jahren treibt er von Kopenhagen aus die Entwicklung der Satelliten-Technologie voran..

Erik Hoegs weiterentwickelter Bergedorfer Meridian-Kreis blieb dagegen in Australien zurück und geriet trotz seiner bahnbrechenden Technik in Vergessenheit. Erst 1990 gelang es Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt, heute Vorsitzende des Freundeskreises der Hamburger Sternwarte, den Transport des Gerätes zurück nach Deutschland zu organisieren – und es so vermutlich vor der Schrottpresse zu bewahren. Bis heute liegt es im Magazin des Deutschen Museums in München.

Seine Unterlagen aus Perth wollte auch Kopenhagen haben

Seine alte Wirkungsstätte auf dem Gelände der Sternwarte ist zwar mittlerweile restauriert, aber leer. „Wenn Hamburg sein Observatorium auf dem Gojenberg in Bergedorf von der Unesco zum Weltkulturerbe erklären lassen will, könnte der Meridian-Kreis eine Schlüsselrolle einnehmen“, sagt Gudrun Wolfschmidt.

Und Erik Hoeg ergänzt: „Kein anderes Instrument der Astronomie hat eine so weltumspannende Geschichte und ist nebenbei auch noch der Prototyp der Anwendung der Computertechnologie in der Astronomie.“ Seine Unterlagen aus Perth habe er deshalb nun dem Archiv der Hamburger Sternwarte übergeben – und nicht der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen, die ebenfalls Interesse bekundet hatte.