Bergedorf. Nach gut zwei Jahren gibt die Firma ihr Geschäft auf. Margarete Höber-Läer sagt, was andere Standorte besser können als der Bezirk.

Es hat trotz positver Erwartungshaltung am Einkaufsstandort Bergedorf einfach nicht funktioniert: Nach etwas mehr als zwei Jahren schließt das Schuhhaus Höber schon wieder. Das traditionsreiche Fachgeschäft hinterlässt spätestens zum Jahresende 2024 im Sachsentor 75 direkt am östlichen Eingang der Fußgängerzone einen signifikanten Leerstand mit einer Ladenfläche von etwa 540 Quadratmetern Größe – mit möglicherweise viel weiter reichenden Folgen für den schwächelnden Einkaufsstandort Bergedorf.

Die Gründe für die Geschäftsaufgabe seien vielfältig, erklärt Margarete Höber-Läer auf Nachfrage unserer Redaktion. Da sind zunächst einmal die harten wirtschaftlichen Faktoren – und die lesen sich für die Höber-Chefin seit der Übernahme vom Vorgänger Schuhhaus Schüttfort, gleichzeitig Vermieter, im September 2022 einfach nicht gut. „Der Standort hat sich nicht positiv entwickelt, da haben wir uns deutlich mehr von versprochen und auch nicht so viel Leerstand erwartet. Wir hatten zu wenig Umsatz und zu wenig Frequenz in Bergedorf“, lautet Höber-Läers Analyse.

Einzelhandel Bergedorf: Schuhhaus Höber verlässt Fußgängerzone Sachsentor schon wieder

Die Aussichten seien ebenfalls wenig erbaulich. In Gesprächen mit benachbarten Geschäften hat die Unternehmerin häufiger gehört, dass auch über „Frequenzrückgänge“ geklagt wird. „Durch den langjährigen Leerstand der Karstadt-Häuser werden die Einkaufszonen im Sachsentor getrennt“, identifiziert Margarete Höber-Läer ein Grundübel des Sachsentors seit Frühjahr 2021.

Zudem stimme auch die Mischung auf der Mohnhof-Seite der Bergedorfer Einkaufsstraße nicht – und kann sich weiter zum Negativen hin verändern, fürchtet Geschäftsfrau Höber-Läer. Im Idealfall mache ein gutes Nebeneinander von möglichst vielen unterschiedlichen Modegeschäften die Attraktivität eines Einkaufsstandorts aus – und möglichst auch guten gastronomischen Angeboten. Doch genau das fehle rund um Höber: „Wenn man dann keine Mitbewerber um sich herum hat, dann ist es als einziger Textilanbieter fast sinnlos, ein Geschäft zu betreiben.“

Schuhhaus Höber: Winsen an der Luhe zeigt, wie Innenstadt funktioniert

Das sieht bei anderen Schuhhäusern von Höber anders aus. Insgesamt verfügt das 354 Jahre existente Familienunternehmen nunmehr in zehnter Generation über sieben rentable Filiale in Niedersachen, dreimal in Uelzen und je zweimal in Bad Bevensen und neuerdings auch seit dem 1. August 2024 in der Kleinstadt Winsen an der Luhe – was wiederum den Grundgedanken von Höber nach Expansion zeige. Letztgenannte Stadt sei ein Paradebeispiel, wie innerstädtische Entwicklung und das perfekte Einkaufserlebnis funktionieren können. Das Winsener Stadtmarketing macht aus Sicht von Höber-Läer offenbar vieles gut und richtig, es gebe Synergieeffekte mit anderen inhabergeführten Anbietern auf gebündeltem Raum in der Innenstadt, genug Sitz- und Verzehrgelegenheiten, Spielflächen für Kinder, sogar Wasserfontänen. „Eine Stadt voller Leben“, so Margarete Höber-Läer.

Und diese weitere Beobachtung von ihr könnte den hiesigen Geschäftstüchtigen besonders weh tun: „Wir haben in Winsen auch Kunden aus Bergedorf, die erzählen, dass sie dort genau das bekommen, was sie in ihrer Heimatstadt nicht vorfinden.“ Sowohl in Winsen als auch in Uelzen gebe es ein größeres Bekleidungsangebot als im vergleichbaren Bergedorf, lautet die bittere Erkenntnis von Margarete Höber-Läer.

Bei Mietminderung „aneinander vorbei geredet“?

Wie auch das Fehlen von ausreichend Parkplätzen. Der geplante Abbau von citynahen Parkhäusern sowie die hohen Gebühren für den verbleibenden knappen Parkraum seien keine guten Pläne der Stadtverantwortlichen: „Wenn man in Bergedorf shoppen möchte, wie soll man mit all den Sachen denn eigentlich zu seinem Auto kommen?“, fragt die Höber-Chefin.

Es soll nach ihren Angaben auch den Versuch gegeben haben, mit dem Vermieter und Vorgängerchef des Schuhhauses Schüttfort, Wido Schüttfort (Schüttfort GmbH und Co KG), über eine Minderung der Monatsmiete ins Gespräch zu kommen, „doch da haben wir vielleicht aneinander vorbei geredet“. Ein klärendes Treffen stehe an. Hinzu kämen hohe Energiekosten und die schwierige Suche nach Verkaufspersonal explizit im Bezirk Bergedorf. Apropos Personal: Wer aus der aktuellen Belegschaft zeitnah nicht in Rente gehe, werde weiterhin von Höber beschäftigt. Höber hatte seinerzeit von Schüttfort insgesamt sieben Mitarbeiter übernommen.

Zum Einzug im September 2022 hatte sich Margarete Höber-Läer eine Ausstiegsklausel in den Mietvertrag einbauen, eine Lehre der Corona-Krise und eine Absicherung, weil die Folgen des Karstadt-Leerstands noch nicht absehbar waren. Diese wurden nun vom Mieter gezogen, der Mietvertrag zum Jahresende 2024 gekündigt. Das Schuhhaus würde aber, sollte der bereits laufende Räumungsverkauf schneller über die Bühne gehen als gedacht, Bergedorf auch früher verlassen wollen.

Vermieter Schüttfort möchte sich nicht äußern

Wido Schüttfort möchte zu alldem, was seine Noch-Mieterin vorbringt, nichts sagen, weil das Mietverhältnis schließlich noch laufe. Zumindest aber gibt er eine Idee davon, wie er dem nun drohenden, sehr plakativen Leerstand am Eingang des Sachsentors entgegentreten möchte. „.Ich beschäftige mich mit dieser Frage permanent und überlege eine Lösung, die dem ganzen Sachsentor hilft.“ Als Beispiel für sein erfolgreiches Krisenmanagement nennt der Geschäftsmann die Vermietung der ehemaligen Bücherhallen-Fläche in der Fußgängerzone Alte Holstenstraße. Als Nachfolger konnte Kind Hörgeräte gefunden werden.

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Zwischen Höber und Schüttfort herrscht Einigkeit: Der Abbau von zentrumsnahen Parkplätzen sei ein Grundübel des kriselnden Sachsentors in Bergedorf. Wido Schüttfort hatte unter anderem die Umgestaltung eines Teils der Chrysanderstraße zur Fahrradstraße in diesem Kontext stets deutlich kritisiert.