Hamburg. In dem besonderen, mindestens 240 Jahre alten Gebäude leben sechs Menschen in zwei Wohnungen. Was sie mit dem Haus vorhaben.

Der sogenannte Mohrmannhof mit Adresse Kirchwerder Elbdeich 110 ist ein besonderes altes Bauernhaus. „So ein Fachwerkhaus gibt es meines Wissens in den Vier- und Marschlanden nicht noch einmal“, sagt Thomas Suhm (63), der mit seiner gleichaltrigen Frau Andrea Cziesso im Erdgeschoss des mindestens 240 Jahre alten Gebäudes lebt. Die angrenzende Scheune ist zwei Meter niedriger als der zwölf Meter hohe, zweistöckige Wohnbereich. Und: In anderen alten Bauernhäusern finden sich einige wenige massive, tragende Holzbalken. Das Wohnhaus von Suhm und Cziesso ist wiederum auf viele kleinere, rundum verlaufende Balken gebaut und fachwerkmäßig verzimmert worden. Zum „Tag des offenen Denkmalsin Hamburg (6. bis 8. September) öffnet das Ehepaar erstmals sein Haus für Interessierte.

Suhm und Cziesso leben seit 1988 in dem Haus, erst als Pächter, seit 2009 als Eigentümer. „Vorher war es lange im Besitz der Familie Hitscher, von der wir es gekauft haben“, sagt Suhm, der sein Geld als Tischlermeister verdient. Welche Rolle der Namensgeber Mohrmann in der langen Geschichte des alten Hauses spielt, weiß der 63-Jährige nicht. Wohl aber, dass das Haus in den 1950er-Jahren bis Anfang der 70er-Jahre leer stand. „Damals lagerte der Vierländer Segelverein bloß in der Scheune seine Schiffe.“ Das Haus sei damals vom Bergedorfer Bauamt als unbewohnbar erklärt worden, weiß Andrea Cziesso: „Trotzdem zog eine Wohngemeinschaft ein, die von dem Verbot wohl nichts wusste. Sie renovierte und rettete das Haus., durfte auch darin wohnen bleiben.“ Einige Mitglieder der WG wohnten später als Familie in dem Haus. „Das waren unsere Vorgänger“, sagt die studierte Kostümbildnerin, die als Grafikerin, Fotokünstlerin und im Besucherservice der KZ-Gedenkstätte Neuengamme arbeitet.

Jahrhundertealter Mohrmannhof öffnet an zwei Tagen seine Türen für Besucher

Eigentlich handle es sich bei dem Haus lediglich um das frühere Wirtschaftsgebäude des Mohrmannhofes. Das wesentlich größere Hauptgebäude befand sich schräg gegenüber und brannte im Zweiten Weltkrieg ab. „Das Hufnerhaus war auch deutlich älter als das Wirtschaftsgebäude“, sagt Suhm, der das exakte Alter nicht kennt. Es wurde als Reetdachhaus auf einfache Weise neu aufgebaut. „In den 70er-Jahren war es dann wieder baufällig. Deshalb hat man es 1974 abgerissen und durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt.“

Mohrmannhof
Das frühere Wirtschaftsgebäude in den 1930er-Jahren mit kaputtem Reetdach. Es wurde noch im gleichen Jahrzehnt repariert. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Erstes Stockwerk und Dachgeschoss des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes waren früher jeweils ein großer Raum. „Vermutlich befanden sich in beiden Geschossen Kornspeicher“, sagt Suhm. Seit eineinhalb Jahren ist dort das Reich von Khira und Lars Koopmann und deren beiden Kindern. Das Ehepaar erwarb damals von Suhm und Cziesso den etwa 140 Quadratmeter großen Wohnbereich, bildet mit seinen Nachbarn im Erdgeschoss (100 Quadratmeter Wohnfläche) eine sogenannte Wohnungseigentumsgemeinschaft. „In einem Teil des Dachgeschosses befinden sich die Kinderzimmer, der andere ist noch im Rohbau-Zustand“, sagt Khira Koopmann. Die 39-Jährige arbeitet im Kulturzentrum Lola, ist dort für Kurse, Workshops und Bildungsprojekte verantwortlich. Unter anderem sollen Boden, Fenster und ein Bad eingebaut werden.

Ohne Eigenleistungen würde die aufwendige Sanierung mehrere Hunderttausend Euro kosten

Zu tun gibt es auch im Erdgeschoss noch viel: Derzeit wird Andrea Cziessos Zimmer kernsaniert. „Der Boden wird mit Glasschaumschotter isoliert, dann kommen Estrich und Holzdielen rauf“, sagt ihr Mann. Jedes Jahr knüpft sich das Paar einen anderen Raum vor. Angefangen haben sie vor zwei Jahren mit dem Nordgiebel des Dachgeschosses, 2023 war das gemeinsame Schlafzimmer an der Reihe – „natürlich alles in Absprache mit dem Denkmalschutzamt und nur unter Verwendung von Original-Werkstoffen“, betont der Tischlermeister, der viele Arbeiten selbst erledigt. „Sonst würde die Sanierung des Hauses mehrere Hunderttausend Euro kosten.“ Froh ist das Paar über eine Finanzspritze: „Die Stiftung Denkmalpflege Hamburg will uns mit 10.000 Euro unterstützen“, sagt die 63-Jährige.

Mohrmannhof
Khira Koopmann (39) vor dem Eingang zu ihrem Wohn- und Esszimmer im ersten Stockwerk. Im Flur finden sich noch alte Dielenbretter. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Zum „Tag des offenen Denkmals“ kann das Erdgeschoss des Mohrmannhofs am Sonnabend/Sonntag, 7./8. September, jeweils von 10 bis 18 Uhr besichtigt werden. Die Hausbewohner führen Besucher durch das Gebäude, beantworten gern Fragen. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. „Es haben sich bereits Nachbarn und Arbeitskollegen angekündigt“, sagt Khira Koopmann, die ihre Wohnung zwar nicht öffnen wird, aber ebenfalls gern Fragen beantwortet.

Mehr als 160 Denkmäler in ganz Hamburg geben Einblicke hinter sonst verschlossene Türen

In Hamburg werden mehr als 280 Veranstaltungen, darunter viele Führungen, angeboten. Mehr als 160 Denkmäler, viele davon zum ersten Mal dabei, geben Einblicke hinter Türen, die sonst verschlossen sind. Insgesamt 17 Häuser und Einrichtungen in Bergedorf und den Vier- und Marschlanden sind mit dabei. Und neben Stammteilnehmern wie der Bergedorfer Mühle oder der KZ-Gedenkstätte Neuengamme gibt es auch ein paar Neulinge, etwa das Hospiz am Deich mit Adresse Allermöher Deich 445 oder die ehemalige Feuerwehrremise am Billwerder Billdeich. 1873 gebaut, ist sie Hamburgs älteste erhaltene Feuerwehrremise.

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Mohrmannhof
Gruppenbild vor dem alten Haus (von links): Andrea Cziesso und ihr Mann Thomas Suhm (beide 63) sowie Kira Koopmann (39). © Thomas Heyen | Thomas Heyen

In Altengamme öffnen drei denkmalgeschützte Häuser, die alle dicht beieinander liegen, am 8. September ihre Türen: die Borghorster Mühle (Altengammer Elbdeich 4), das Fährhaus Altengamme (Altengammer Hauptdeich 120) und das Haus Anna Elbe (Altengammer Hauptdeich 82). Die Verantwortlichen haben ein kleines Programm zusammengestellt, bei dem es um die Geschichte der Häuser und die Familien, die einst darin lebten, aber auch um die heutige Nutzung der historischen Häuser geht. Das gesamte Programm findet sich unter www.denkmalstiftung.de/projekte/denkmaltag.